Kernstadt wird zur Baustelle

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Für die Industriebrache "Dietz-Bräu" zeichnet sich eine Lösung ab. Fotos: Gerda Völk
Für die Industriebrache "Dietz-Bräu" zeichnet sich eine Lösung ab.  Fotos: Gerda Völk
Die die Bachmauer in der Straße "Hutzelbrunnen" ist marode und gehört ebenfalls saniert. Foto: Gerda Völk
Die die Bachmauer in der Straße "Hutzelbrunnen" ist marode und gehört ebenfalls saniert.  Foto: Gerda Völk
 
Wenig bekannt, ist die Klingel unter den ohnehin schon tiefer gelegten Briefkasten. Sie ist ein Serviceangebot der Stadt für Menschen mit Handicap. Foto: Gerda Völ
Wenig bekannt, ist die Klingel unter den ohnehin schon tiefer gelegten Briefkasten. Sie ist ein Serviceangebot der Stadt für Menschen mit Handicap.  Foto: Gerda Völ
 

Bei der jüngsten Zusammenkunft standen die geplanten neuen Wasser- und Abwasserleitungen der Tagesordnung. Die Arbeiten in der Stadt Weismain müssen bis Ende 2021 abgeschlossen sein.

"Ich möchte sie darauf einstimmen, dass die Stadt Weismain eine riesige Baustelle werden wird". Was Bürgermeister Udo Dauer (CSU) bei der Bürgerversammlung am Freitagabend in der Grundschule mitteilte, hatte es in sich. Zu mindestens dürfte es mit dreieinhalb Stunden eine der längsten Bürgerversammlungen in der Geschichte Weismains gewesen sein.

Mit dem Bau der Kläranlage Anfang der 90er Jahre fing alles an. "Damals hat man zuerst an die Dörfer des Juras gedacht, wohlwissend, dass die Stadt noch ein halbwegs funktionierendes Abwassernetz hatte", führte Dauer aus. Ab 2003 gab es dann keine Fördermaßnahmen mehr für den Bau von Wasser- und Abwasserleitungen mehr. Inzwischen gibt es wieder eine Förderrichtlinie, in der aktuell die Kanalbauarbeiten in der Giechkröttendorfer Straße und im Hutzelbrunnen laufen. Für Kommunen, die unter die Härtefallklausel fallen, gibt es seit dem vergangenen Jahr eine weitere Fördermaßnahme, mit der sich die Chance eröffnet, das Stadtgebiet von Weismain mit neuen Wasser- und Abwasserleitungen zu versorgen. Die Herausforderung, vor der die Stadt jetzt steht, ist dass die Maßnahme zum 31. Dezember 2021 abgeschlossen und abgerechnet sein muss. Hinzu komme, dass die Firmen ausgelastet sind und oft keine Kapazitäten mehr frei haben. Wie Bürgermeister Dauer erläuterte, werde aktuell ein politischer Weg gesucht, die Fristen doch noch zu verlängern.

Zehn Kilometer Abwasserkanal

Erich Hahn vom Planungsbüro IBP aus Kulmbach ging auf die geplante Maßnahme näher ein. Geplant sind die Verlegung von rund zehn Kilometer Abwasserkanal und rund fünf Kilometer Wasserleitungen. Aktuell läuft eine Baugrunduntersuchung. Auch der Planer sieht die größte Herausforderung in der zeitlichen Umsetzung der Maßnahme. Eines kann Hahn aber schon heute sagen, die Kernstadt wird eine einzige Baustelle werden, und das mindestens bis 2021". Die Bauarbeiten sollen straßenweise erfolgen. "Allerdings wird es ohne Einschränkungen nicht gehen", erklärt der Bürgermeister. Das geplante Kostenvolumen beträgt rund 18,5 Millionen Euro, inklusive der Baunebenkosten.

Aufgrund ihrer finanziellen Lage kann Weismain mit einer 80 prozentigen Förderung rechnen. Was die Bauarbeiten letztendlich den Bürger kosten, konnte Dauer noch nicht sagen. Noch steht die Entscheidung des Stadtrats aus, wie der Anteil der Finanzierung über Beiträge und Gebühren berechnet wird. Die Förderung von 80 Prozent hatte man nicht bekommen, wenn die Umgehung nicht fertig werden würde.

Deutlich mehr Diskussionsbedarf ergab sich in der Straße Hutzelbrunnen. Dort ist die Bachmauer marode, auch an den Anlieger-Brücken und der Brücke über die Weismain zeigt sich deutlicher Handlungsbedarf. Einschließlich der Kosten für den Straßenbau und die Erstellung eines Fußgängersteges ergeben sich Kosten für einen Vollausbau in Höhe von 5,76 Millionen Euro. Auch hier kann die Stadt auf eine Förderrate von 80 Prozent setzen. Einige Anwohner befürchten, dass der ganze Verkehr durch den Hutzelbrunnen rauschen wird.

Sind erst einmal alle Kanalbauarbeiten abgeschlossen, möchte die Stadt laut Dauer an ihrem Erscheinungsbild arbeiten. Dazu wird Florian Nagler, Architekturprofessor an der Technischen Universität München, gemeinsam mit etwa 50 Studierenden Konzepte erarbeiten, wie man die Gebäude städtebaulich entwickeln kann. "Auf dieser Grundlage wollen wir nach den Wasser- und Abwassermaßnahmen vorgehen", so der Bürgermeister.

Auch für die Zukunft hat sich die Stadt einiges vorgenommen. Darunter die Erschließung im Bereich "Burgleite". Die Stadt habe viele Anfragen von Leuten, die in Weismain bauen wollen. Allerdings sei nicht vorgesehen "ins Blaue" hinein zu erschließen, sondern je nach Bedarf. Für heuer ist auch der barrierefreie Umbau des Rathauses geplant und die Generalsanierung der Sporthalle an der Grundschule in Weismain sowie die Fortführung weiterer Dorferneuerungsmaßnahmen.

Auch für die Industriebrache "Dietz-Bräu" zeichnet sich eine Lösung ab. Die Stadt will sich des Gebäudes annehmen, und hofft, dass der Abriss nicht teurer kommt als das Grundstück wert ist. "Wir hoffen auf ein Nullsummenspiel", so Dauer.

Weismain setzt auch weiterhin auf Sparsamkeit. Dies macht sich auch bei der Verschuldung bemerkbar. So sank die Pro-Kopf-Verschuldung von 4040 Euro zum Jahresende 2018 auf 3750 Euro. Trotz hoher Investitionen ging damit im Zwölf-Jahres-Vergleich die Verschuldung bei relativ gleichbleibenden Bevölkerungszahl kontinuierlich zurück und beträgt jetzt 18 058 711 Euro.

Positives hatte Dauer auch auf der Einnahmenseite zu berichten. Mit 1,88 Millionen Euro schlägt die Gewerbesteuer zu Buche, gefolgt von der Einkommenssteuer-/Umsatzsteuerbeteiligung mit 2,64 Millionen Euro und den Schlüsselzuweisungen von 1,27 Millionen Euro. An Zuweisungen für laufende Zwecke erhält Weismain 1,16 Millionen Euro, aus Benutzungsgebühren nimmt die Stadt 1,62 Millionen Euro ein. Auf der Ausgabenseite stehen die Personalausgaben mit 2,31 Millionen Euro, die Verwaltungs- und Betriebskosten mit 1,23 Millionen Euro, die Zuschüsse an Kindertagesstätten und Schulen mit 1,76 Millionen Euro und die Kreisumlage mit 1,83 Millionen Euro.

Eine Bürgerin sprach die schwierige Parkplatzsituation vor dem Rathaus an und die Erreichbarkeit der Rathaustür für Menschen mit Handicap. Ein Problem, das Bürgermeister Dauer nur allzu bekannt ist. "Das Ganze steht und fällt mit der Kontrolle durch die Polizei, sonst wird es nämlich nichts", sagte er. Bezüglich der Erreichbarkeit des Rathauses für Menschen mit Handicap macht Dauer auf den Klingelknopf links neben dem Eingangstor (beim Briefkasten) aufmerksam. Bei Bedarf kommt dann ein Mitarbeiter der Stadt und hilft weiter. Allerdings habe in der Vergangenheit von Service der Stadt noch niemand Gebrauch gemacht.