In diesem Haus wird Nachbarschaftshilfe geleistet

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Die Quartiersmanagerinnen Katja Brade (links) und Nadja Motschmann haben ihr Büro im Erdgeschoß des Doppelhauses "In der Heimat wohnen". Sie sind Ansprechpartnerinnen für Senioren und Menschen mit Behinderung, wenn diese Hilfestellung für ihr selbstbestimmtes tägliches Leben benötigen. Foto: Rosi Jörig/promedia
Die Quartiersmanagerinnen Katja Brade (links) und Nadja Motschmann haben ihr Büro im Erdgeschoß des Doppelhauses "In der Heimat wohnen". Sie sind Ansprechpartnerinnen für Senioren und Menschen mit Behinderung, wenn diese Hilfestellung für ihr selbstbestimmtes tägliches Leben benötigen. Foto: Rosi Jörig/promedia

Die Staffelsteiner Anlage "In der Heimat wohnen" verwirklicht heute schon, was morgen für viele von uns wichtig sein wird.

Wie werden wir im Alter wohnen? Eine Frage, die sich jeder stellen sollte angesichts einer alternden Gesellschaft. In Bad Staffelstein gibt es bereits eine Anlage, die wegweisend ist: "In der Heimat wohnen" heißt das Modell, das im Mai 2016 in der Viktor-von-Scheffel-Straße/Am Kreuzberg seiner Bestimmung übergeben wurde.

In den beiden über Eck gebauten Häusern leben junge und alte Leute zusammen, Menschen mit Behinderung und Familien. Zudem sind in dem Haus vier Obdachlosenunterkünfte vorhanden, deren Belegung durch die Stadtverwaltung erfolgt.

Die Besonderheit: Die beiden Quartiersmanagerinnen Katja Brade und Nadja Motschmann sind zusammen 30 Stunden in der Woche als Ansprechpartnerinnen für die Bewohner da - aber auch für alle anderen Staffelsteiner Bürger, die Hilfe benötigen. In ihre "unabhängige Teilhabeberatung" kann jeder kommen, das ist angewandte Inklusion. Betriebsträger ist der Caritasverband der Erzdiözese Bamberg, gefördert wird das Wohnmodell durch die Deutsche Fernsehlotterie.

Bei dieser Anlage handelt es sich nicht um betreutes Wohnen, stellt Katja Brade klar. Die Menschen wohnen hier selbstbestimmt. Die Quartiersmanagerinnen helfen in erster Linie jenen Senioren oder Menschen mit Behinderung, die Unterstützung im Alltagsleben brauchen, etwa beim Ausfüllen von Antragsformularen oder wenn Behördengänge zu erledigen sind. Darüber hinaus bietet das Quartiersmanagement mobile Sprechstunden in den Staffelsteiner Stadtteilen an.

Wie kann die Hilfe aussehen?

Die Beratung sieht zum Beispiel so aus: Ein Senior bittet die Quartiermanagerinnen darum, seine häusliche Situation anzusehen. Die Hilfestellung kann dann darin bestehen, ihm eine Haushaltshilfe zu vermitteln oder die räumliche Situation seiner Wohnung zu überprüfen: Passt es dort noch für das Lebensalter und den Gesundheitszustand des Seniors, lässt sich baulich etwas an der Wohnung verändern, müssen vielleicht staatliche Zuschüsse beantragt werden? Katja Brade: "Es ist immer unser Ziel, die Menschen zu unterstützen, dass sie so lange wie möglich zu Hause, in den eigenen vier Wänden, bleiben können."

Dabei geben die beiden Quartiersmanagerinnen zum einen selbst professionelle Hilfe, zum andern generieren sie das gegenseitige Unterstützen, die Nachbarschaftshilfe. Deshalb gibt es in der Wohnanlage eine Pinnwand, auf der Freizeitaktivitäten offeriert werden, damit sich die Menschen begegnen und sich kennenlernen können. "Wer sich kennt, ist eher bereit, dem anderen zu helfen", sagt Katja Brade.

Gerade in Zeiten von Corona ist diese gegenseitige Rücksichtnahme ein großer Vorteil, denn man kann sich kleine Einkaufsgänge abnehmen, so dass nicht jeder für jede Kleinigkeit raus muss. "Was jetzt durch die Coronakrise bei der Bevölkerung aufploppt, nämlich für eine lebendige Nachbarschaft zu sorgen, war vorher schon eines unserer Hauptziele", fährt die Heilerziehungspflegerin fort.

Akteure arbeiten zusammen

Zum Konzept dieses zukunftsträchtigen Wohnmodells gehört es, dass ältere oder behinderte Menschen so lange wie möglich selbstbestimmt zu Hause leben können. Sie werden jederzeit versorgt durch eine aufmerksame Nachbarschaft, wobei die Akteure eng vernetzt zusammenwirken. Leider werde momentan die Weiterentwicklung dieser Vernetzung der Akteure durch die Coronakrise ausgebremst. Ein Termin in dieser Woche, bei dem sich alle sozialen Akteure an einem runden Tisch treffen sollten, um Schnittstellen zu bilden, musste von den koordinierenden Quartiersmanagerinnen leider verschoben werden.

Die Frage, ob wir in Deutschland künftig mehr solche Wohnmodelle brauchen, bejaht Katja Brade eindeutig: "Wöchentlich melden sich bei uns Interessenten. Der Bedarf ist echt riesig. Keine Wohnung steht leer. Wir haben eine lange Warteliste der Interessierten." Unter jenen, die sich Auskünfte über das Wohnmodell holen, sind alleinstehende Senioren ebenso wie Ehepaare und Familien mit Kindern, die eine Eigentumswohnung erwerben möchten. Dieser bunte Mix sei durchaus gewollt, sagt Katja Brade. Kommunen und Länder müssten künftig mehr den Blick darauf richten, solche Wohnanlagen zu fördern. Dabei sei es wichtig, sich frühzeitig zu überlegen, wo und wie man im Alter einmal wohnen möchte.

"Warten Sie nicht, bis Sie 70 sind", fasst die Quartiersmanagerin zusammen. Dabei ist es aber nie zu spät, eine Entscheidung zu treffen. Katja Brade erzählt von einem Paar in den Achtzigern, das bei ihr anfragte: "Wir wollten uns mal informieren, was wir im Alter machen sollen."

Zahlen und Kontakt

Wohnanlage In dem Doppelhaus "In der Heimat wohnen" befinden sich 12 Eigentums- und 15 Mietwohnungen sowie eine Wohngemeinschaft für demenzkranke Senioren, eine städtische Wohnung, das Quartiersmanagement und der Nachbarschaftstreff. Die Eigentumswohnungen haben zwei oder drei Zimmer; sie sind zwischen 62 und 99 Quadratmeter groß. Die Mietwohnungen haben ein bis drei Zimmer in einer Größe zwischen 30 und 82 Quadratmetern.

Kontakt Die Termine und viel Wissenswertes über das Wohnmodell und das Quartiersmanagement erfahren Sie über die Webseite in-der-heimat-wohnen.de