Im Landkreis Lichtenfels gibt es deutlich mehr Straftaten als noch vor einem Jahr. Das ist die Kehrseite einer positiven Entwicklung: Mehr Party, mehr Festivals, mehr Handel. Willibert Lankes von der Polizei Lichtenfels erklärt die Zusammenhänge.
Der Landkreis Lichtenfels liegt ganz vorne. Auf dem Kriminalitätsatlas des Polizeipräsidiums Oberfranken sind über zwölf Prozent mehr Straftaten als im Vorjahr verzeichnet. Während die anderen Landkreise gleich bleiben oder sogar stark sinkende Zahlen haben, gibt es im Landkreis Lichtenfels über 3200 Straftaten im Jahr 2012.
Warum und in welchen Bereichen, kann der Dienststellenleiter der Polizeiinspektion Lichtenfels, Willibert Lankes, erklären. "Wir haben bei uns im Landkreis viele Discotheken und Event-Gastronomiebetriebe, mehr als in den anderen Kreisen. Dort haben wir einen rasanten Anstieg an Körperverletzungen", sagt Lankes. Die Prügeleien auf der Tanzfläche oder auf den Parkplätzen passieren meist nachts ab 24 Uhr bis in die frühen Morgenstunden. Und es ist meist Alkohol mit im Spiel. "Alkohol und Suchmittel sind wesentlich tatauslösend", sagt Lankes.
Grund sind meist Geld oder Frauen.
Auch wenn die sogenannten "Rohheitsdelikte" um fast 15 Prozent gestiegen sind, kann Lankes für die allermeisten Entwarnung geben: "Das passiert nur, wenn Sie mit zwei Promille Alkohol im Blut nachts um zwei Uhr auf der Tanzfläche sind."
Die Bands und Veranstaltungen sind attraktiv, daher kommen aus ganz Oberfranken und darüber hinaus junge Menschen zum Feiern in den Landkreis Lichtenfels. "Entscheidend für die Statistik ist der Tatort. Der liegt eben im Landkreis Lichtenfels, auch wenn Täter, Opfer und Zeugen aus Hollfeld, Kulmbach oder Ebern kommen", erklärt Lankes. Der Erfolg dieser Events zieht die Fallzahlen nach oben.
Friedliches Ragnarök Das gilt auch für die Festivals im Landkreis. Bei Ragnarök in Lichtenfels waren 5000 Besucher da. "Dafür gab es denkbar wenige Straftaten.
Aber absolut gesehen zählen sie in unserer Statistik natürlich." Andere Hardrock-Festivals treiben die Straftaten im Landkreis weiter nach oben. "In der Szene gehört Alkohol dazu wie die E-Gitarre auf der Bühne", weiß Lankes.
Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei Diebstählen. Der Grund ist hier der außerordentliche Erfolg von Handelsunternehmen. "Wir sind in Süddeutschland die größte Drehscheibe für Waren aller Art. Im Landkreis werden 64 Millionen Pakete täglich verpackt und verschickt", sagt Lankes.
Hochgerechnet seien dies alle drei Minuten ein ganzer Container voller Pakete. "Da entstehen natürlich Begehrlichkeiten." Lankes geht davon aus, dass diese Zahlen wieder sinken. Zum einen hat die Polizei einen ganzen Ring von Tätern aufgedeckt.
"Das hat eine abschreckende Wirkung." Zum anderen habe es seitens der Betriebe eine konsequente Strategie gegeben: Auch die kleinsten Delikte wurden angezeigt.
Viele Betriebe hat die Polizei auch beraten, um die Sicherheitskonzepte weiter zu entwickeln. "Alles zusammen genommen gehe ich davon aus, dass die Fallzahlen im laufenden Jahr dadurch wieder fallen", sagt Lankes.
Internetbetrug Anders ist dies bei Betrugsfällen, insbesondere im Internet. "Da unterscheiden wir uns nicht von anderen Landkreisen. Die Zahlen sind hoch und steigen stetig weiter", beobachtet Lankes. In Lichtenfels wurden 536 Fälle angezeigt, 60 mehr als ein Jahr zuvor. Brandstiftungen bereiten Lankes ebenfalls Sorgen. Sie stiegen von 2011 auf 2012 von zwei Fällen auf 15 Fälle. "Das müssen wir in den Griff bekommen", sagt Lankes.
Verstärkt wird auch die Polizei gerufen, wenn Pfleger, Erzieher oder Betreuer nicht mehr weiter wissen. "Das geschieht natürlich auch zum eigenen Schutz und der Absicherung des Personals." Bevor ein Heimbewohner in einem Handgemenge ein blaues Auge bekommt, wird also lieber die Polizei gerufen, um den Fall zu schlichten.
Faktor Bahnhof Noch einen "kriminologischen Faktor" für den Landkreis Lichtenfels nennt Lankes. Lichtenfels hat einen ICE-Halt und ist Umsteigebahnhof. Schwarzfahrer werden in Lichtenfels aus dem Zug geholt, und damit zählt die Straftat in Lankes Statistik, auch wenn der Schwarzfahrer beispielsweise in Saalfeld eingestiegen war. "Auch haben die Zugbegleiter in Lichtenfels oft länger Aufenthalt, den sie zum Regeln dieser Angelegenheiten nutzen", sagt Lankes.