Handwerksberuf, nicht nur für "echte Kerle"

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Wochenlang arbeiteten Diana Kerner und ihre Mitschüler in der Meisterschule an diesem Gesims der Dresdner Frauenkirche.Monika Schütz
Wochenlang arbeiteten Diana Kerner und ihre Mitschüler in der Meisterschule an diesem Gesims der Dresdner Frauenkirche.Monika Schütz
Die Meisterin und ihr Meisterstück: Diana Kerner 2002privat
Die Meisterin und ihr Meisterstück: Diana Kerner 2002privat
 
Diana Kerners Meisterstück ist aus Seeberger Sandstein und 109 cm hoch. Die beginnenden Verwitterungserscheinungen verleihen ihm etwas Mystisches.Monika Schütz
Diana Kerners Meisterstück ist aus Seeberger Sandstein und 109 cm hoch. Die beginnenden Verwitterungserscheinungen verleihen ihm etwas Mystisches.Monika Schütz
 

Diana Kerner aus Bad Staffelstein ist eine von wenigen Steinmetz-Meisterinnen. Dabei findet sie, dass sich Frauen in diesem Metier sehr gut kreativ verwirklichen können.

Steinmetze gibt es einige in der Region, die wenigsten aber sind weiblich. Die Bad Staffelsteinerin Diana Kerner (41) ist eine von ihnen, und sie hat vor kurzem für ihr "keltisches Ornament" eine besondere Auszeichnung erhalten. Wir sprachen mit ihr über ihren Beruf.

Frau Kerner, wie ist eigentlich die richtige Bezeichnung für einen weiblichen Steinmetz? Steinmetzin? Frau Steinmetz?

Diana Kerner:(Sie lacht.) In der Tat heißt es entweder Steinmetzin oder Steinmetzgesellin.

Sie sind sogar Steinmetz- und Steinbildhauer-Meisterin: Was sind die Grundtugenden, die man für diesen Beruf mitbringen muss?

Man braucht schon handwerkliches Geschick und Kreativität. Dass man selbstständig arbeiten kann, ist ebenfalls sehr wichtig.

Warum gibt es nicht mehr Frauen in diesem Beruf?

Das kann ich nicht genau sagen. Ich denke aber, dass es mehr werden. Frauen haben ja eigentlich einen Vorteil gegenüber Männern: Sie können sich mehr kreativ verwirklichen.

Wie entstehen Ihre Entwürfe und wie gelangen sie zur Umsetzung?

Da gibt es zum einen meine eigenen Ideen: Ich zeichne meine Entwürfe im Büro auf, dann suche ich mir einen passenden Stein. Der wird zuerst sandgestrahlt. Dann kommen die Einmeißel-Arbeiten per Hand und zuletzt - zumindest bei den Grabsteinen -  die Tönungen. Man will die Schrift oder die Ornamente ja auch bei Regen noch erkennen können. Die Tönungen mache ich selbst, bei Strahlenkränzen vergolde ich auch.

Wie sieht es mit Auftragsarbeiten und Bestellungen aus?

Meist haben die Kunden schon eine Vorstellung von dem, was sie möchten, sei es aus einem der ausgelegten Kataloge oder wenn sie sich schon auf Friedhöfen oder in Ausstellungen umgesehen haben. Da mach' ich dann höchstens noch Vorschläge oder ein paar Anregungen, und wir besprechen die Arbeit gemeinsam.

Gleich drei Fragen in einer: Was war denn das bislang Aufwendigste, das Größte oder das Kurioseste Stück, das Sie angefertigt haben?

Das Aufwendigste, an dem ich mitarbeiten durfte, war das Größte zugleich: ein Projekt der Steinmetzmeisterschule Aschaffenburg. Unsere Klasse beteiligte sich 2001 am Wiederaufbau der berühmten Dresdner Frauenkirche. Dabei wurden insgesamt 13 Steine für ein Schmetterlingsgesims bearbeitet. Alle Schüler unserer Schule beteiligten sich, plus die Steinmetze aus der Aschaffenburger Umgebung.

Waren Sie da in Dresden vor Ort?

Nein. Das Gesims wurde bei uns in Aschaffenburg restauriert und ist erst nach der Fertigstellung von den Dombau-Steinmetzen wieder an die Frauenkirche angebracht worden. Es befindet sich an einem der vier Treppentürme der Kirche, in rund 20 Metern Höhe. Etwa zwei Wochen haben wir daran gearbeitet.

Wie hat sich der Beruf Steinmetz gewandelt: Gibt es Erleichterungen durch die moderne Technik oder ist Handarbeit nach wie vor das Wichtigste?

Die moderne Technik kann unterstützen und viele Arbeiten erleichtern. Sie ermöglicht es, die Arbeitszeit zu verkürzen. Dennoch ist Handarbeit, vor allem beim Bearbeiten von Grabinschriften und Ornamenten, unerlässlich. Die werden nach wie vor hauptsächlich mit der Hand gearbeitet, wobei es auch hier Erleichterungen gibt durch den Einsatz von Druckluft-Hämmern oder Sandstrahlgebläsen.

Gibt es so etwas wie eine Lieblingstägigkeit im Rahmen ihres Berufes? Oder gibt es etwas, das Sie gar nicht gerne tun?

Da wir in unserer Firma viele verschiedene Bereiche haben, kann man das, denke ich, nicht an einer bestimmten Tätigkeit festmachen. Besonders gerne mache ich tatsächlich die Bearbeitung von Ornamenten: Rosenmotive und Ähren gefallen mir besonders gut. Was ich ungern tue? (grinst verlegen) Nein, da fällt mir nichts ein. Ich gehe jeden Tag gerne auf die Arbeit!

Was war bislang Ihr Lieblingsstück, das Sie erstellten?

Mein Lieblingsstück, das ich bearbeiten durfte, ist ein Familienwappen aus rotem Mainsandstein. Ein wunderschönes Relief. Es befindet sich auf dem Privatgrundstück der Familie Angermüller in Creidlitz bei Coburg. Die Familie betreibt einen Pferdepensionsbetrieb. Das Wappen war bereits aus Holz gefertigt. Zum 60. Geburtstag des Vaters war der Wunsch entstanden, es auch aus Stein zu arbeiten, um es an der Außenwand der Stallung anzubringen. Ein Schmied hat dafür extra ein Metallgestell angefertigt, und es wurde daran aufgehängt.

Wo oder an was würden Sie gerne einmal mitarbeiten?

Sagen wir es so, ich bin gerne in meiner Werkstatt, in meiner Schriftbude. (Sie lacht.)

Schriftbude?

Das war die alte Bezeichnung von früher, als an dieser Stelle in den 1960-er-Jahren noch eine Scheune statt der Werkstatt stand. Die Grabinschriften stammten früher sozusagen aus der Scheune. Die Scheune ist weg, der Name ist geblieben.

Sie sind Steinmetzmeisterin und Bildhauermeisterin. 2002 haben Sie ihr Meisterstück angefertigt: ein keltisches Ornament. Was darf man sich darunter vorstellen?

Als Meisterstück habe ich ein Grabmal in Kreuzform mit keltischen Ornamenten entworfen und in der Steinmetzschule Aschaffenburg angefertigt. In Bayern gibt es nur zwei Meisterschulen für Steinmetze: in Wunsiedel und in Aschaffenburg. Staatliche Fachschulen für Steinmetz-Arbeiten, also die normale Berufsschule, gibt es mehrere. Inspiriert haben mich die Keltenkreuze der britischen Inseln. Die ursprünglichen Kreuze befinden sich nicht auf Grabstätten, sondern markieren ein besonderes Gebiet oder heiliges Land. Es waren auch Treffpunkte, an denen rundherum Feiern abgehalten wurden. Leider hatte ich bis jetzt noch keine Gelegenheit, so eine Stätte zu besuchen. Im Oktober 2020 führte die Meisterschule Aschaffenburg einen Wettbewerb durch, um aus den 252 Meisterstücken der letzten 20 Jahre die 20 Besten auszumachen. Meine Arbeit erreichte den neunten Platz, was mich schon ein bisschen stolz machte. In diesem Zuge habe ich auch eine Urkunde überreicht bekommen.

Waren Sie da die einzige weibliche Schülerin beziehungsweise Gesellin?

In meinem Schuljahrgang 2001/02 waren wir insgesamt 13 Schüler, hiervon drei Frauen.

Haben Sie ihren Meisterbrief zuhause oder im Betrieb?

Mein Meisterbrief befindet sich im Kundenbesprechungsraum unserer Firma.

Wie gehören Sie zur Steinmetzfirma Kerner?

Ich bin Gesellschafterin und die Tochter vom Chef, Michael Kerner.