Nachdem Flüsse und Bäche über Jahrzehte hinweg begradigt und befestigt wurden, folgt nun die Rolle rückwärts. Bis zum Jahr 2027 haben die Kommunen Zeit, sie in einen ökologisch wertvollen Zustand zu versetzen. Manfred Rauh vom Landschaftspflegeverband hilft dabei.
Der Biberbach hat Hochwasser. Nach dem vergangenen Regenguss ist die Wassermasse angeschwollen, jetzt sieht man das Nadelöhr besonders gut. "Unter dieser Brücke muss das Wasser durch eine Betonröhre. Davor staut sich das Wasser auf und gräbt sich immer tiefer in den Boden", sagt Manfred Rauh, Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbandes.
Kommt das Wasser auf der anderen Seite wieder heraus, schießt es kerzengerade am Rand einer Wiese entlang. "Das Wasser nimmt das mit, was wir für ein gesundes Gewässer eigentlich bräuchten", sagt Rauh.
Schwellen und Schleifen Mit wenigen Worten und Handgriffen könnte da Abhilfe geschaffen werden. Die Uferbefestigungen müssen rausgerissen werden, damit der Bach wieder anfangen kann, zu mäandern - Schleifen zu bilden, damit das Wasser langsamer fließt.
An zwei, drei Stellen kämen Schwellen aus Steinen in den Bach, damit das Wasser gebremst wird. Die Wiese am Bach gehört inzwischen dem Landkreis. Dort könnte ein Bagger in zwei, drei Tagen große Schleifen graben, damit der Biberbach länger wird, das Wasser Lebensbereiche schafft, die früher einmal da waren und von Menschenhand vernichtet wurden. Das kostet viel Planung und Abstimmung - aber am Ende gar nicht so viel Geld. "Mit 25 000 Euro Baukosten kann man schon eine Menge bewegen", sagt Rauh.
Fünf Jahre gesundes Wasser "Die Libelle zum Beispiel braucht zwei Lebensräume, die intakt sein müssen: einen im Wasser und einen an Land", sagt Rauh, der solche Bedingungen gerne wieder herstellen möchte. Zonen mit flachem Wasser, in denen sich Schwebeteilchen absetzen können, Larven sich entwickeln und die Vielfalt wieder größer werden kann.
Die Larven der Libellen leben beispielsweise fünf Jahre im Wasser, bevor sie sich in die Lüfte schwingen. Das Wasser muss also wenigstens fünf Jahre in gutem Zustand sein, bis die Libellen an den Bächen schwirren.
In Bayern gibt es rund 60 000 Kilometer Bäche. In der Amtssprache sind dies "Gewässer dritter Ordnung", für die die Kommunen zuständig sind. Dazu zählen manchmal auch Entwässerungsgräben. Walter Näher, Landschaftsplaner im Wasserwirtschaftsamt, hat im Gewässerentwicklungsplan der Gemeinde Michelau insgesamt 18 Kilometer solcher Bäche aufgelistet. Im Landkreis haben neben Michelau auch Burgkunstadt und Ebensfeld einen solchen Entwicklungsplan. Darin stehen Vorschläge, was getan werden könnte, um die Situation eines Gewässers zu verbessern. Deshalb hat sich am Biberbach etwas getan.
Anlass ist die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union, die in nationales Recht umgesetzt wurde. Die Gemeinden haben jetzt bis 2027 Zeit, ihre Gewässer in Ordnung zu bringen. Das bedeutet, dass das Wasser sauber sein soll - also in chemisch gutem Zustand. Ebenso muss die Menge ausreichend sein und in einem ökologisch gutem Zustand. Das ist der Punkt, an dem bayernweit die Landschaftspflegeverbände um Hilfe gebeten werden.
Kleine Maßnahmen können große Wirkung haben. Rauh nennt das "Strahlungseffekt". Zu besichtigen ist das auch am Biberbach ein paar Kilometer weiter nach dem Neuenseer Weiher. Hinter der Mainfeldhalle hat die Gemeinde mit Rauhs Hilfe einen halben Hektar geschaffen, der im Falle eines Hochwassers die Wassermassen aufnehmen und dann langsam wieder abgeben kann.
Brücke für Bachbett Wie zum Beweis, dass die Lebensräume wieder entstehen, hebt Rauh eine kleine Raupe vom Weg auf. "Das ist ein Leuchtkäfer, die entwickeln sich hier gut", sagt er. Er steht wieder auf einer Brücke, aber auf einer, die dem Biberbach besser tut. "Das komplette Bachbett wird hier durchgeführt", sagt Rauh. Danach geht es in künstlich angelegten Schleifen bis zur Gemeindeverbindungsstraße Michelau-Schwürbitz. Wenn diese Brücke demnächst erneuert werden soll, hofft Rauh, dass dann der Biberbach in ökologisch gutem Zustand bis in den Main fließt. Die Gemeinde kann dann in ihrem Entwicklungsplan einen Haken machen. Der Bach der dritten Ordnung hat es gesund und ökologisch bis in den Main geschafft.