Eine Zeitkapsel für Unterzettlitz

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Hubert Kolling mit dem druckfrischen vierten Band der Unterzettlitzer Dorfchronik. Foto: Matthias Einwag
Hubert Kolling mit dem druckfrischen vierten Band der Unterzettlitzer Dorfchronik. Foto: Matthias Einwag
Dieter Lorenz am Backofen während der Kirchweih Fotos: Hubert Kolling
Dieter Lorenz am Backofen während der Kirchweih Fotos: Hubert Kolling
 
Wallfahrer aus Unterpreppach ziehen durch Unterzettlitz
Wallfahrer aus Unterpreppach ziehen durch Unterzettlitz
 
Sarah Kolling als Mohr bei den Sternsingern an Dreikönig mit zwei anderen Sternsingern
Sarah Kolling als Mohr bei den Sternsingern an Dreikönig mit zwei anderen Sternsingern
 
Heinrich Leicht mit einer Schale Haxen bei der Kirchweih
Heinrich Leicht mit einer Schale Haxen bei der Kirchweih
 
Rechnung für je einen Kranz der Gemeinde und der Feuerwehr für den "gefallenen Beetz" vom 18. Oktober 1942
Rechnung für je einen Kranz der Gemeinde und der Feuerwehr für den "gefallenen Beetz" vom 18. Oktober 1942
 

Hubert Kolling legt den vierten Band der Unterzettlitzer Ortschronik vor. Darin befasst er sich mit Kirchenfesten und religiösem Brauchtum. Das Buch mit zahlreichen Dokumenten ist eine wichtige kulturhistorische Momentaufnahme.

Es ist eine facettenreiche Momentaufnahme eines fränkischen Dorfes geworden: Rund zweieinhalb Jahre hatte Hubert Kolling an dem Buch "Kirchenfeste und religiöse Bräuche in Unterzettlitz" gearbeitet. Herausgekommen ist ein stattlicher Hardcover-Band mit knapp 500 Seiten und über 500 Fotos.

"Mir geht es um eine möglichst breite Dokumentation", sagt der 53-Jährige über die Intention, dieses Buch zu verfassen. Als vierter Band der Ortschronik ist es erschienen - als Ergänzung zu Band 3, der zum 125-jährigen Bestehen der Ortskapelle erschienen ist.

Hubert Kolling hatte für dieses Buch einfach zu viele Fakten recherchiert, so dass er gemeinsam mit den Geschichtsfreunden Unterzettlitz beschloss, dieses Material in einem weiteren Buch zusammenzufassen.
Leiten ließ er sich bei der inhaltlichen Arbeit von einem Gedanken: "Es sollte über den Tag hinaus Bestand haben." Der promovierte Politikwissenschaftler und Historiker Hubert Kolling, der als Dozent beim Staffelsteiner Bildungszentrum (ehemals Zivildienstschule) arbeitet, machte diese Arbeit honorarfrei. "Es ist ein sehr ambitioniertes Hobby", sagt er.

Zeitzeugen befragt

Doch wie ging er beim Verfassen des Buches vor und auf welche Inhalte legte er Wert? Ganz grob umrissen geht es um das Dokumentieren kirchlicher Ereignisse von etwa 1930 bis heute. Bei der Recherche stützte er sich auf staatliche, kirchliche und kommunale Archive, sammelte Quittungen und Belege mit Bezug zu Unterzettlitz und zapfte Zeitzeugen an. Besonders ergiebig seien die Interviews mit vier älteren Unterzettlitzern gewesen. Margareta und Barbara Lorenz, Meta Dumsky sowie Georg Würstlein waren seine Gewährsleute, die unabhängig voneinander befragt wurden. "Deren Erinnerungen festzuhalten, finde ich wichtig", sagt Kolling.

Strukturiertes Vorgehen

Im ersten, umfangreichsten Teil des Buches unternimmt der Autor einen Spaziergang durch den Jahreskreis und stellt die religiös wichtigsten Tage vor. Seine Bewertungen basieren auf den Erinnerungen seiner vier Zeitzeugen. Die Raspelkinder in den Kartagen, die Osterbrunnen, Fronleichnam, das Binden von Kräuterbuschen, der Volkstrauertag, St. Martin und die Bedeutung der Barbarazweige sind Themen, die er aufgreift. Illustriert werden die Texte mit zahlreichen Fotos vom Feiertagsbrauchtum oder aus dem Vereinsleben.

Ein Kapitel hat Hubert Koling der Friedhofskultur und den Beerdigungen gewidmet, in einem weiteren werden Sterbebilder dokumentiert. Weil die Unterzettlitzer seit Beginn des 19. Jahrhunderts auf dem Staffelsteiner Friedhof beigesetzt werden, hat er deren sämtliche Gräber fotografiert und jeweils moderierend erläutert, in welchem Haus der Verstorbene einst wohnte. Beim Dokumentieren der Sterbebilder - das älteste ist aus dem Jahr 1907 - ging er ähnlich vor. Aufgenommen wurden nur Sterbebildchen von Menschen, die in Unterzettlitz geboren sind oder hier starben.

Quittungen und Nachrufe

Sozialen Ereignissen wie Geburt, Heirat oder Tod widmete der Autor ebenfalls ein Kapitel. Anhand von Zeitungsannoncen, Kranzrechnungen und Nachrufen umreißt er diese Thematik sehr anschaulich. "Ich bin ein großer Fan von Quittungen", sagt er, denn diese vergilbten Belege seien authentische Nachrichten aus vergangenen Tagen. "Es gibt dazu noch keine Literatur, weil noch niemand diese Sache erfasst hat."

Weil viele Wallfahrer auf dem Weg nach Vierzehnheiligen durch Unterzettlitz laufen, räumte Hubert Kolling den Pilgern Platz im Buch ein. Er fotografierte durchziehende Bittgänger und zeichnete auf, zu welchen Gnadenorten die Unterzettlitzer selbst ziehen.

Unter "Praktiziertes Christentum" geht er darauf ein, welche Hochzeiten in dem kleinen Ort stattfanden, dass eine Feldmarter neu aufgestellt wurde, wie sich der Pfarrgemeinderat St. Kilian in Bad Staffelstein zusammensetzt und welche Jugendliche über die Jahre hinweg Ministrantendienst leisteten.

Konfessionelles Miteinander

Wert legte Hubert Kolling darauf, in dem zu 80 Prozent von Katholiken bewohnten Dorf auf die Protestanten hinzuweisen, die sich seit der Nachkriegszeit allmählich hier ansiedelten. "Es ist ein gutes konfessionelles Miteinander", sagt er, weshalb er die drei Konfirmanden des Jahres 2013 bewusst in etwas größerer Form porträtierte. Als wichtig empfindet er es zudem, die Vorbereitungen zur 125-Jahr-Feier der Herz-Jesu-Kapelle 2012 mit Festreden und Prozession im Buch zu dokumentieren.
Entstanden ist so in ehrenamtlicher Arbeit ein wichtiger kulturhistorischer Beitrag für das Dorf, der über die Zeit hinaus Bedeutung haben dürfte. Das Buch ist nicht nur für Unterzettlitzer Bürger eine gewinnbringende Lektüre, sondern für all jene, die sich für Zeitgeschichte und Brauchtum interessieren.
Von den vier Bänden, die er bisher gemacht habe, sagt Hubert Kolling, sei dies sein liebster. Vielleicht auch deshalb, weil er sich die Freude gönnte, ein Foto mit seiner Tochter Sarah auf der Rückseite zu drucken: als Mohr bei den Drei Königen.