Egersdörfer Schimpfkanonaden nonstop im Lichtenfelser Stadtschloss

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Schlagersänger Udo Jürgens gibt im weißen Bademantel am Klavier eine Zugabe. Matthias Egersdörfer hingegen streichelte am Ende seines Lichtenfelser Auftritts im buntgestreiften Exemplar die weißen und schwarzen Tasten. Foto: Stephan Stöckel
Schlagersänger Udo Jürgens gibt im weißen Bademantel am Klavier eine Zugabe. Matthias Egersdörfer hingegen streichelte am Ende seines Lichtenfelser Auftritts im buntgestreiften Exemplar die weißen und schwarzen Tasten.  Foto: Stephan Stöckel

Fluchen, brüllen, nörgeln: Matthias Egersdörfer präsentierte im Lichtenfelser Stadtschloss sein Universum von skurrilen Einfällen. Da servierte er dem verdutzten Publikum schon mal Karpfen mit Klöß'.

Am liebsten hätte sich ein Teil des Publikums im Lichtenfelser Stadtschloss vom Anfang bis zum Ende verbal abwatschen lassen vom ewig grantelnden Franken, der in einer Tour brüllte, fluchte und nörgelte. Doch Matthias Egersdörfer wollte sein Ding durchziehen, schließlich heißt sein neues Programm ja auch: "Vom Ding her". Und so wiegelte er gleich zu Beginn in breitestem Fränkisch ab: "Es wird ka Mitmachtheater, des sog ich ihna gleich."
Wenn es ihm die Zuhörer seiner Meinung nach zu bunt trieben - fotografierten, unmotiviert klatschten, sich unterhielten oder, wie der Journalist in der ersten Reihe, eifrig mitschrieben - dann konnte er schon einmal austeilen: mit dem schwäbischen Gruß zum Beispiel, dem berühmten Götz-Zitat. Doch davon ließ sich das Publikum nicht aus dem Lachen bringen.
Denn schließlich wimmelte es in seinem Universum von skurrilen Einfällen, die er temporeich ausbreitete.
Den Stein ins Rollen gebracht hatte eine Tasse Kaffee. Für viele Menschen ist sie der morgendliche Muntermacher, für Egersdörfer der Anlasser für einen neuen Tag: "Wenn ich den Kaffee net hab', dann springt die Karre net an." Doch an jenem Morgen ist der Kaffee verdorben. Mit fatalen Folgen: Der Kabarettist aus Fürth, der demnächst auch im Franken-Tatort zu sehen sein wird, kam in seinen Gedankensprüngen vom Hundertsten ins Tausendste, hatte dabei die irrwitzigsten Einfälle. Der Zuhörer saß erstaunt da und fragte sich: "Was kommt wohl als Nächstes?"
In seiner Welt, in der nichts unmöglich scheint, schwimmt ein Karpfen, nämlich er selbst, im Kupferkessel neben ein paar Knödel. "Karpfen mit Klöß" - eine kulinarische Zusammenstellung, bei der es so manchen graust. Für Egersdörfer war sie der Anlass, mal wieder nach Herzenslust aus der Haut zu fahren und der Zuhörer runzelte mit der Stirn: "Wie kann man sich nur so echauffieren?"

"Wegen der Hausordnung"

Der Komiker erzählte von einer guten Hausfrau, die bei der Hausordnung das Leid ihrer Mitbewohner in ihrer Seele aufgesammelt hatte. Und daran elendig zu Grunde ging. Was wohl als Todesursache auf ihrem Grabstein stand? "Wegen der Hausordnung" und der halbe Saal kringelte sich vor Lachen.
Literarisch beflissen war Egersdörfer auch noch. Immer wieder wurde Thomas Bernhard, des einstige enfant terrible der österreichischen Literatur, zum Gegenstand seiner satirischen Ausführungen, ehe er sich über Uta Danella, die grande dame der deutschen Unterhaltungsliteratur lustig machte. "Heiße Liebe mit dritten Zähnen - die Leidenschaft im Rollator", spottete er. Dabei überschritt er die Grenzen der political correctness: Ihre Bücher wurden kurzerhand den Flammen übergeben. Man fühlte sich erinnert an die Bücherverbrennung der Nationalsozialisten. Egersdörfer war derb, lotete Grenzen und den guten Geschmack aus - für einige wenige war das Zuviel des Guten. In der Halbzeitpause traten Sie den Nachhauseweg ab.
Das Gros hatte seine Freude an dem Wüterich, der ein viehisches Brüllen schon mal in ein höhnisches Gelächter auslaufen ließ. Der meisterhaft mit der Schadenfreude zu jonglieren vermochte, über die viele so herzhaft lachen können. Der dem Zuhörer obendrein auch noch einen Spiegel vorhielt: Denn dank Egersdörfers Schimpfkur fasste sich so mancher an die eigene Nase: "Haben wir uns nicht alle schon einmal über Kleinigkeiten aufgeregt?" Auch einem Egersdörfer geht einmal die Puste aus. Meinte man zunächst, als er sein Jackett - ganz in Udo-Jürgens-Manier - gegen einen Bademantel austauschte, der allerdings nicht in schneeweiß, sondern buntgestreift daherkam. Es dauerte nicht lange, da stach ihn erneut der Hafer, der aus einem melancholischen Pianisten noch einmal einen wüsten Polterer machte.
Dann wurde aus der grimmigen eine grinsende Miene, die dem begeisterten Publikum einen Ratschlag mit auf den Weg gab, den dieses mit Sicherheit befolgen wird: "Erhalten Sie sich ihren Hang zum leicht seltsamen Humor!"