Der Kordigast und dessen touristische Aufwertung bewegt die Gemüter in Altenkunstadt.
Das Bild vom "schlafenden Riesen" macht derzeit die Runde im Landkreis Lichtenfels. Gemeint ist damit der Kordigast, den der Landkreis mit Fördermitteln der EU aufwerten möchte. Die Kosten für den Unterhalt sollen die drei Kommunen Alten- und Burgkunstadt sowie Weismain tragen. In der Gemeinderatssitzung am Dienstabend, die auf ein großes Bürgerecho stieß, griff BürgermeisterRobert Hümmer (CSU) die Metapher auf. Die Chance, den schlafenden Riesen aufzuwecken, dürfe man sich nicht entgehen lassen, so der einhellige Tenor seitens der Kommunalpolitiker und der Bürger.
Allerdings müsse dies sanft geschehen. "Wir begrüßen sehr, dass bei uns Investitionen geplant sind. Diese Chance sollte auch genutzt werden. Wir appellieren daher an die Verantwortlichen, Investitionen im Einklang mit der Natur, nachhaltig und mit Zustimmung der Bevölkerung vorzunehmen.
Wir wollen keinen Naturfreizeitpark - sondern unseren Korches: Natur pur!", heißt es in einer Erklärung, die 94 Einwohner aus dem Altenkunstadter Ortsteil Pfaffendorf unterschrieben hatten. Gemeinderätin Stephanie Dittrich von den Bündnisgrünen hatte sie vorgelesen.
Aufwertung nicht um jeden Preis
Eine Aufwertung ja - aber nicht um jeden Preis. Darin waren sich alle einig. Ein absolutes "No Go" ist für viele die angedachte E-Quad-Bahn. "Der Kordigast darf nicht zum Rummelplatz verkommen. Mir ist unser Kordigast - so wie er derzeit ist - sehr viel wert. Die E-Quad-Bahn ist für mich eine ,Schnapsidee' und kommt überhaupt nicht in Frage", machte Ludwig Winkler von den Freien Bürgern der Ortsteile (FBO) unmissverständlich klar.
"Die E-Quad-Bahn braucht die Welt vermutlich nicht", reihte sich CSU-Fraktionsvorsitzende Melita Braun in den Chor der Neinsager mit ein.
Auch die Pfaffendorfer lehnen sie ab. "Bringt man mit einer E-Quad-Strecke den Kindern die Natur nahe? Sicherlich nicht", heißt es in dem Schreiben der Einwohner. Zudem verweisen sie auf die Anschaffungs- und Unterhaltskosten, die von der Gemeinde zu schultern wären. "Da gibt es dringendere Projekte, die endlich finanziert werden müssen", zitierte Dittrich aus der Erklärung der Bürger.
Etwas differenzierter sah die Angelegenheit Walter Limmer von der "Jungen Wähler Union" (JWU). Man müsse solche Themen ausdiskutieren. "Vielleicht gibt es ja jüngere Generationen, die eine solche Strecke wollen. Wer weiß?", gab er zu bedenken.
Mit dem geplanten Geschicklichkeitsparcours können sich die Pfaffendorfer ebenfalls nicht anfreunden: "Auf dem Kordigast gibt es das alles schon in der Natur und muss nicht erst künstlich, teuer und aufwendig in der Unterhaltung kreiert werden." Auch die Felsfreilegung halten die Bürger für keine gute Idee. Dass es früher eine Zeit gegeben habe, in der der Kordigast fast nicht bewaldet gewesen sei, streiten sie nicht ab. "Aber da gab es auch noch viel Weidewirtschaft. Jedes Dorf hatte ein Schäferhaus, einen Schäfer und genügend Weidetiere", verlas Dittrich. Inzwischen hätten sich die Zeiten geändert.
Die Pfaffendorfer wünschen sich vielmehr einen Aussichtsturm auf dem großen Kordigast: "Einmal investiert garantiert ein Aussichtsturm für viele Jahre eine freie Sicht um 360 Grad", argumentieren die Bürger.
Selbstverständlich ist ihnen bewusst, dass ein solcher Turm zunächst eine hohe Investition darstelle. Aber verglichen mit den immer wieder notwendigen Felsenfreilegungen wäre ein solcher Bau nachhaltiger. Der Turm wäre von weitem sichtbar und würde auch von Ferne die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, so die Unterzeichner des Schreibens.
Dass die Bevölkerung erst aus der Presse von der geplanten Aufwertung des Kordigastes erfahren haben - das stieß den Pfaffendorfern, aber auch so manchem Gemeinderat sauer auf: "Eine ordentliche Bürgerbeteiligung stelle ich mir anders vor. Dass hier ein großer Informationsbedarf besteht, zeigt der rege Besuch heute", kritisierte Winkler. Er dachte dabei vor allem an die zwei Gastwirtschaften ("Zur steinernen Hochzeit" auf Weismainer und "Waldfrieden" auf Altenkunstadter Gebiet) auf dem Kordigast und die Rechtlergemeinschaft Pfaffendorf.
Winkler wies darauf hin, dass die "Rechtler" Besitzer der Waldflächen rund um den Kordigast seien. Der Gemeinde gehöre zwar Grund und Boden, aber die Nutzung liege immer noch bei den Rechtlern. "Sie wurden von Geschäftsführer Manfred Rauh vom Landschaftspflegeverband nicht in die großzügige Planung mit einbezogen", ärgerte sich Winkler. Ganz in diesem Sinne fordern die Pfaffendorfer, die Gründung einer Projektgruppe, in der alle Kommunen, Grundstückseigentümer und Anlieger von Beginn an mit einbezogen werden. Zudem plädieren sie für die Abhaltung eines Bürgergespräches.
Bürgermeister Robert Hümmer (CSU) erinnerte daran, dass in dieser Angelegenheit nichts in Stein gemeißelt sei und man noch keine Beschlüsse gefasst habe. "Ich glaube nicht, dass aus dem Kordigast ein Rummelplatz wird", sagte das Gemeindeoberhaupt.
"Und dass der Weg zwischen den beiden Gasthäusern auf dem Kordigast für den allgemeinen Verkehr gesperrt bleiben sollte, darin sind wir uns denke ich einig", wandte er sich an Winkler, der diesen Punkt angesprochen hatte. Er griff auch noch einen anderen Aspekt auf: die Finanzierung des Vorhabens. "Wer wird sich in welcher Höhe an den künftigen Unterhaltskosten beteiligen?", fragte er in die Runde und rechnete vor: "Pauschal kann hier mit fünf bis zehn Prozent der Investitionssumme gerechnet werden. Das sind bei den angedachten 400 000 Euro zwischen 20 und 40 000 Euro, die auf die drei Kommunen entsprechend aufgeteilt werden müssten. Nur wenn dauerhaft der Unterhalt gesichert ist, kann auch diese Investition getätigt werden.
Schild auf der A 70 gewünscht
Jan Riedel (FBO) schlug vor, auf der A 70 ein braunes Hinweisschild mit der Aufschrift "Kleinziegenfelder
Tal/Kordigast/Burgkunstadt" aufzustellen. Hümmer versicherte, in dieser Angelegenheit bei den zuständigen Stellen nachzuhaken.
Einstimmig wurde beschlossen, eine Projektgruppe aus Vertretern des Landkreises und der drei Kommunen zu gründen, in der auch die Bürger mitwirken sollen.