Was früher modern war, ist heute höchstens nostalgisch. Was heute hip ist, wird morgen angestaubt sein. So war es immer - wenngleich manche Trends von einst das Zeug haben, Kult zu werden. Betrachten wir uns Hochzeitsfotos im Wandel der Zeit.
Ein Paar in Hochzeitskleidern und Gummistiefeln geht schnurstracks auf die Uferböschung zu. Vorsichtig klettert der Mann im Smoking über das glitschige Gras in den See. Als er Fuß gefasst hat, reicht er der Braut die Hände und holt sie salopp zu sich ins Wasser herab. Da stehen sie nun - fertig fürs Foto-Shooting.
Szenen wie diese sind für die Staffelsteiner Fotografinnen Rosi Jörig und Heidi Aigner-Klob etwas Selbstverständliches geworden. Vor 30 Jahren, als die beiden ihr Handwerk lernten, war das anders. "Früher hat man vor Ort geheiratet, heute reist man durch ganz Europa", beschreibt Heidi Aigner-Klob den Trend. In ihrem Fotostudio "promedia" in Bad Staffelstein hatten die beiden Fotografinnen in jüngster Zeit schon Paare aus Schottland oder Belgien. "Die googeln im Internet nach einem Schloss in Bayern - und kommen dann zum Beispiel auf Hohenstein", erklärt Heidi Aigner-Klob, "und bei uns lassen sie sich dann fotografieren".
Modisch an Kinohelden orientiert "Hochzeiten waren zu allen Zeiten ein Erlebnis", sagt Rosi Jörig. 1910 heirateten die Paare in Schwarz, die Braut mit weißem Schleier. Um 1950 war das Brautkleid längst wieder weiß. Vor rund 30 Jahren, als sie lernte, stand das Paar in klassischer Pose nebeneinander: Mode und Frisuren orientierte sich am Chic amerikanischer Kinofilme - "Dirty dancing" war gerade der Kassenschlager.
"Früher, vor 25 Jahren, gab's Reportagen in der Kirche und Standfotos, das war's", fährt Rosi Jörig fort. Heute wollen die Paare den ganzen Tag begleitet werden: "Vom Anziehen über die Kirche und das Standesamt bis zum Zusammensein mit Freunden und Verwandten."
Der Zufall trage heute zum Gelingen der Feier mehr bei als früher, als vieles streng geplant wurde. "Kein Gast ist beliebter auf der Hochzeitsfeier als die Spontaneität", sagt sie. "Zwischen Fotograf und Brautpaar muss es prickeln", das sei früher und heute gleich. Der Fotograf müsse Wesentliches herausstellen. Einst stand das Paar nur nebeneinander, heute werde darauf geachtet, dass die Charakteristika von Braut und Bräutigam herausgearbeitet werden. Und viele Freunde seien dabei, die alle irgendwie mit aufs Bild sollen. "Es gibt viele Fotografen, aber nur wenige mit dem Blick für den wesentlichen Augenblick", sagt Rosi Jörig.
"Trash the dress" "Die Hochzeit muss heute Erlebnischarakter haben, die Bilder sollen außergewöhnliche Situationen darstellen", umschreibt sie den Zeitgeist. "Trash the dress" heiße dieses Genre. Um kultige Bilder zu bekommen, machen Paare heute fast alles. Sie steigen mit Gummistiefeln in einen See, schwingen sich auf Lokomotiven und klettern in Baggerschaufeln. Oder man mietet einen Ami-Schlitten, wirft sich in Rockabilly-Klamotten und macht auf Fünfziger-Jahre. Hauptsache, die Location ist ungewöhnlich. Ein Trash-Kleid haben die Fotografinnen im Studio stets parat, damit das echte Brautkleid beim Shooting nicht ramponiert wird.
Nicht alle Bilder werden Was die Fotografen dann daraus machen, hängt von ihrem Fingerspitzengefühl ab. Die Ausarbeitung in Farbe oder Schwarzweiß wird am PC mit digitalen Programmen vorgenommen. Dabei sind zahllose Varianten möglich. Früher seien bei einem Shooting vielleicht zehn Bilder gemacht worden, heute seien es Hunderte, sagen die Fotografinnen. Einst gab's Abzüge, heute bleibe vieles digital auf dem Handy. Weil oft Paare die Bilder nicht mehr vom Fotostudio vergrößern lassen, gingen Eltern und Verwandte leer aus.
Natürlich wünsche nicht jedes Paar einen Steinbruch oder Bahnhof als Kulisse. Viele möchten noch immer ganz normale Doppelporträts haben.
Dass immer mal wieder etwas schiefgehen kann beim Hochzeits-Fotoshooting, liegt auf der Hand: Auf dem Weg nach Banz flog einmal das Brautbukett von der Motorhaube, ein andermal kam der Pfarrer zu spät, bei einem Fototermin platzte der Reißverschluss des Brautkleides auf. Und wenn Braut oder Bräutigam sich kurz vor der Hochzeit gar einen Arm oder ein Bein brechen, muss sowieso improvisiert werden: "Man kann alles planen, nur das nicht", sagt Rosi Jörig, "aber Gipsarme kann man auf dem Foto zum Glück verstecken."
Beim manchem wird's Routine "Einer heiratete drei Mal bei uns, mit drei verschiedenen Frauen", erinnert sich Rosi Jörig. Heidi Aigner-Klob ergänzt: "Ja, der kannte sich beim dritten Fototermin schon aus und sagte: Mach' mer's wie immer?!"
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