Im Leben kommt es für manchen knüppeldick. Nicht jeder Mensch schafft es, mit Schicksalsschlägen fertig zu werden. Zwei Menschen, die zwar funktionierten, aber seelisch und körperlich ausbrannten, sprechen über den Burnout - damit andere aus ihren Erfahrungen lernen können.
Bei Helga Ofzarek kam alles zusammen. Ihre Ehe brach auseinander. Die 46-Jährige übernahm die Erziehung ihrer drei Kinder. Sie ging weiter zur Arbeit, betreute ihre Mutter, die an Krebs litt und zum Pflegefall geworden war. 2012 starb die Mutter.
2013 diagnostizierten die Ärzte bei ihrer großen Tochter einen Tumor, der sie von der Hüfte abwärts lähmte. Für die 23-Jährige war ein lang dauernder Klinikaufenthalt in Würzburg unumgänglich.
Als bei Helga Ofzareks jüngerer Tochter eine Risikoschwangerschaft hinzu kam, musste sie im Klinikum Lichtenfels bleiben. Helga Ofzarek hatte nun nicht nur Besuche in zwei Kliniken zu absolvieren, sie musste neben ihrem Job in einer Bäckerei filiale zwei Haushalte führen.
Die Krebs-Operation bei der älteren Tochter verlief zunächst gut.
Die kranke junge Frau kam nach Hause, sie konnte an Krücken laufen, musste aber die Treppen hinauf getragen werden. Bei der Risiko-Schwangerschaft gab es Komplikationen. Das Baby kam zur Welt, doch Mutter und Kind brauchten viel Zuspruch und Zuwendung. Einige Monate später meldete sich der Krebs bei der älteren Tochter zurück - drei neue Tumore, schlimmer als vorher.
Der Spagat, die Patchwork-Familie zusammen mit ihrem Lebensgefährten Markus zu organisieren, forderte jedoch viel Kraft. "Ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, ich wollte aber auch meine Arbeit behalten", sagt sie. Doch Zeit zum gemeinsamen Ausgehen blieb den beiden nicht. Auch die neue Partnerschaft stand unter einer großen Anspannung. Irgendwann war das alles zu viel für Helga Ofzarek. Die Wellness- und Fitness-Trainerin konnte nicht mehr. Sie war körperlich und seelisch am Ende.
Auf der Rückfahrt aus Würzburg erlitt sie eine Nierenkolik, sie brach zusammen. Nun lag auch sie in der Klinik: "Mein Körper sagte: Schluss!"
Eigene Erlebnisse schildern "Burnout ist für mich nur der letzte Schuss", sagt sie. "Man hat auch eine Verpflichtung sich selbst gegenüber", fährt sie fort. Deshalb möchte sie in der Öffentlichkeit zu diesem Schicksal stehen, sich nicht zurückziehen. Sie möchte anderen Menschen helfen, nicht in diese Spirale zu geraten. Sie sei natürlich keine Medizinerin und könne nur ihren Erlebnishorizont beleuchten, sagt sie. Doch die Mechanismen, denen sie ausgeliefert war, seien bei anderen Menschen sicher ähnlich. Ihre Erlebnisse und Schlussfolgerungen möchte sie anderen mitteilen, damit diese sich wappnen können.
Was kann man tun? Zunächst einmal gelte es, die Abwärtsspirale zu durchbrechen, die darin bestehe, sich nur abzulenken, nicht über seine Situation nachzudenken und immer wieder zu funktionieren. Ballast abwerfen sei wichtig, sagt Helga Ofzarek. Wenn es nicht anders geht, müsse man beruflich eine Auszeit nehmen. Das persönliche soziale Netzwerk spiele zudem eine herausragende Rolle.
Wer derart überlastet sei wie sie es war, dürfe sich nicht scheuen, Aufgaben abzugeben, Arbeiten zu delegieren, fährt sie fort. "Eine höhere Verpflichtung sich selbst gegenüber einzugehen, ist wichtig - und nicht immer zu fragen: Was denkt die Öffentlichkeit?" Helga Ofzarek: "Ich muss nicht in die Karibik reisen, ich brauche keinen Mercedes - aber ich will leben.
Dazu gehöre einzusehen, dass man nicht perfekt sei: "Ich lasse nun auch mal einen Wäschekorb stehen und geh' stattdessen auf den Staffelberg."
Im Hier und Jetzt leben, ist ihr Motto. Sie hat sich vorgenommen, künftig aus jedem Tief verstärkt hervorzugehen und dem, was da kommen mag, positiv gegenüberzutreten. Das sind keine Worthülsen, sondern Erkenntnisse aus einer Lebensphase. "Meine Vergangenheit kann ich nicht ändern, in die Zukunft kann ich nicht schauen. Aber wenn wir lernen, im Hier und Jetzt zu leben, kann man sich selbst wahr begegnen." In ihrer Partnerschaft nimmt sie sich nun bewusst Zeit, gezielt auszugehen oder ganz bewusst gemeinsam zum Essen zu gehen.
Gestärkt aus der Krise Der Rattelsdorfer Pädagoge und Gesundheits-Coach Claus Schillig hat ebenfalls einen Burnout erlebt.
Zusammen mit Helga Ofzarek möchte der 58-Jährige aufklären über das Burnout-Syndrom und wie man eine Krise akzeptiert. Beim Info-Abend am Samstag möchten die beiden aufzeigen, wie man sich Handwerkszeug aneignet. Helga Ofzarek: "Für mich ist's wichtig, dass die Menschen gestärkt aus unserem Vortrag rausgehen."
Die zweite Krebsoperation, die Helga Ofzareks Tochter im Dezember über sich ergehen lassen musste, ist erfolgreich verlaufen. "Es ist wie's ist", sagt die Mutter, "dieses Jahr ist vorüber, das nächste wird besser."
Info-Abend Offene Runde Helga Ofzarek und Claus Schillig laden ein zu einem offenen Gesprächskreis. Dabei werden die beiden ihre eigenen Erfahrungen und Erlebnisse mit dem Burnout-Syndrom schildern. Der Eintritt ist kostenfrei
Ort und Zeit Beginn des Info-Abends ist am Samstag, 29. März, um 19 Uhr in "Schäfers Café" in der Staffelsteiner Bahnhofstraße.