Günter Dippold, Vorsitzender des Geschichtsvereins Colloquium Historicum Wirsbergense, spricht über Erreichtes und Angepeiltes.
Die Geschichte der Region am Obermain interessiert viele Menschen. Die unterschiedlichsten Aspekte der fränkischen Geschichte aufzubereiten, hat sich der Geschichtsverein Colloquium Historicum Wirsbergense (CHW) zur Aufgabe gemacht. "Unser Kerngeschäft sind Vorträge, Führungen und Exkursionen", sagt Vorsitzender Günter Dippold. Das wird 2017 wieder so sein. Ganz wichtig sind ihm zudem Publikationen. Sein Ziel: "Jedem Mitglied jedes Jahr ein Buch."
Günter Dippold ist seit 1997 Vorsitzender des großen fränkischen Geschichtsvereins. Soeben hat er ein neues CHW-Buch herausgegeben: "Geschichte in Franken", Band 1. Geplant sei, von nun an jedes Jahr einen Band dieser Reihe folgen zu lassen. 120 Seiten stark sollen die Bände sein, in denen mehrere Autoren je ein Thema beleuchten. Nicht zu umfangreich, doch inhaltlich präzise: "Wir wollen den Leuten ja keinen Ziegelstein in den Briefkasten werfen."
Bunte Themenvielfalt
Im eben erschienenen ersten Band sind folgende Beiträge über das Scheßlitzer Spital St. Elisabeth (Klaus Rupprecht), Valentin Rathgeber und Amorbach (Erasmus Gaß), eine Denkschrift des Sonneberger Bürgermeisters Döbrich im 18. Jahrhundert (Thomas Schwämmlein), die Arbeitersiedlung Hornschuchhausen bei Mainleus (Martin Pöhner) und die Anfänger der oberfränkischen Polstermöbelindustrie (Günter Dippold) enthalten.
Im Luther-Jahr sei der Reformator auf jeden Fall ein Thema, denn in der Region am Obermain könnten die unterschiedlichen Auswirkungen der Reformation gut studiert werden. In fast jeder der 19 Bezirksgruppen des CHW finde sich ein Beitrag zu diesem Jubiläum. Günter Dippold weist jedoch darauf hin, dass das CHW im ländlichen Raum arbeite, in dem - anders als in größeren Städten - wenig geforscht werde. Um ein Thema zu erschließen, brauche der Verein jedoch "die Leute, die darüber gearbeitet haben". Abwechslung lautet die Parole: "Man muss vorsichtig sein, nicht zu stark auf ein Thema zu setzen."
Mitgliederzahl bliebt stabil
Bei einer stabilen Mitgliederzahl von derzeit rund 1710 stehe gleichwohl ein Generationenwechsel an der Spitze einiger Bezirksgruppen an. In Bad Staffelstein etwa gelte es die Nachfolge von Josef Motschmann - "eine Säule des Vereins" - zu regeln, der kürzlich gestorben ist.
Eine Stärke des CHW sei die Pluralität: "19 Leute machen das Programm, 19 Individuen, jeder hat andere Vorlieben, andere Kontakte, einen anderen Geschmack." Das schlägt sich alljährlich in den Jahresprogrammen nieder, die von einer Vielfalt gekennzeichnet sind. Günter Dippold: "Das gibt eine gewisse Buntheit."
Breites Spektrum der Themen
Diese 19 Zugänge zur Regionalgeschichte mit dezentraler Organisation bieten für viele Geschichtsinteressierte etwas. Von der Archäologie bis zur Zeitgeschichte reicht das Spektrum.
Doch wie sieht die Zukunft aus? Schon jetzt werde überlegt, sagt Günter Dippold, wie das 100-jährige Bestehen 2024 gefeiert werden kann. Das könnte zum Anlass genommen werden, "über sich selber mal gründlich nachzudenken", die CHW-Geschichte "von einem erhöhten Punkt aus" zu betrachten und zu vergleichen, welche Protagonisten sonst noch das Feld beackern. Und dann ist da die Frage: Welches Medium nutzen wir. Derzeit kommen für ihn nur Bücher in Frage. "Vor zehn Jahren hätten wir eine CD gemacht" - doch dieses Medium sei inzwischen überholt. Vor dem Hintergrund interaktiver Museen sei zu überlegen, ob andere Darstellungsformen oder Projekte geschultert werden könnten.
Keine Absage an digitale Welt
Trotz aller Offenheit neuen Medien gegenüber zeichne sich ab: "Das Traditionelle ist nicht schlecht. Die Wertigkeit der Bücher bleibt." Vieles andere sei zwar denkbar, überfordere aber die nebenamtlichen Kräfte, die das ausfüllen müssen. "Vorträge, Führungen und Exkursionen sind Kontraste zum Alltag", sagt Günter Dippold. Sie sollen auf jeden Fall auch nach 2024 im Mittelpunkt stehen, "auch wenn wir uns der digitalen Welt nicht versagen wollen".
Das CHW
CHW - das Kürzel steht für Colloquium Historicum Wirsbergense. Das bedeutet wörtlich übersetzt: Historisches Gespräch von Wirsberg, denn der Verein wurde 1924 dort als Gesprächskreis von zehn heimatgeschichtlich interessierten Honoratioren gegründet. Heute zählt das CHW über 1700 Mitglieder in ganz Franken, die in 19 Gruppen organisiert sind. Weitere Infos finden Sie unter
chw-franken.de im Internet.
Günter Dippold ist Historiker und Volkskundler. Seit 1994 ist er Bezirksheimatpfleger in Oberfranken und wurde 2004 zum Honorarprofessor für Volkskunde / Europäische Ethnologie der Universität Bamberg berufen. Er ist Verfasser und Herausgeber zahlreicher Monografien und Aufsätze zur fränkischen Landesgeschichte. Seit 1997 ist er Vorsitzender des CHW.