Söders Pläne für 2024: Ankündigungen sorgen für "Fragezeichen und Unsicherheit"

6 Min

Für neue Milliarden-Vorhaben und -Versprechungen wie früher fehlt der Staatsregierung heute das Geld. Ministerpräsident Söder präsentiert auf der CSU-Klausur gleichwohl viele Ideen. Einige haben es in sich.

Rund 6000 neue Stellen im neuen Doppelhaushalt, mehr Bürokratieabbau, deutliche Einschnitte beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, mehr Deutsch in Grundschulen und ein "Bundeswehr-Gesetz" für Bayern: Dies und mehr hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf der Winterklausur der CSU-Landtagsfraktion im oberfränkischen Kloster Banz angekündigt. Zudem hat Fraktionschef Klaus Holetschek in Banz seinen Vorschlag eines verpflichtenden Gesellschaftsjahres bekräftigt. Das sind die zentralen Punkte im Überblick:

Ungeachtet seiner langfristigen Stellenabbaupläne hat Söder für den Doppelhaushalt 2024/25 noch einmal rund 6000 neue Stellen in Aussicht gestellt. Darunter sollen allein 4000 neue Lehrerstellen sein. Die Ankündigung folgt den Vereinbarungen im schwarz-orangen Koalitionsvertrag: Darin haben CSU und Freie Wähler für die gesamte Legislaturperiode bis 2028 allein 9000 neue Stellen im Schulbereich vereinbart, darunter 6000 neue Lehrerstellen. "Versprechen, die gemacht wurden, werden eingehalten", sagte Söder in Banz. Grundsätzlich gelte: Stellenaufbau wo nötig, und Stellenabbau wo möglich. Zuletzt hatte er bereits angekündigt, bis 2035 mindestens 5000 Stellen in der Verwaltung einzusparen. Das Kabinett will Ende Januar über den neuen Doppelhaushalt und die neuen Stellen beraten.

Winterklausur auf Kloster Banz: Diese Pläne hat Söder für 2024

Zum Abbau überbordender Bürokratie im Freistaat plant Söder weitere kräftige Schritte. Zunächst will er einen Runden Tisch einberufen, der ausloten soll, welche Vorschriften abgeschafft werden können. Binnen eines Jahres sollen allein zehn Prozent aller Verwaltungsvorschriften gestrichen werden. Zudem sollen Gesetze und Vorschriften umfassend entrümpelt werden, beispielsweise durch die Reduzierung von Statistikpflichten. Zudem bekräftigte Söder in Banz den Plan einer schärferen Paragrafenbremse: dass für ein neues Gesetz zwei andere gestrichen werden sollen. Alle Gesetze sollen künftig nach fünf Jahren erst einmal automatisch ablaufen - außer dann, wenn sie bis dahin nachweislich noch benötigt werden. Vereine und Ehrenamtliche sollen Feste und Veranstaltungen künftig nur noch einmal genehmigen lassen müssen und dann davon freigestellt werden.

Söder bekräftigte in Banz, dass man angesichts des Lehrermangels den Druck auf Lehrerinnen und Lehrer erhöhen will, weniger in Teilzeit zu arbeiten. Die Unterrichtsversorgung habe oberste Priorität. Als Konsequenz aus den schlechten Pisa-Ergebnissen soll an Bayerns Grundschulen künftig mehr Deutsch unterrichtet werden: eine Stunde zusätzlich pro Woche in jeder Klassenstufe. Das sei sinnvoll, "um die Schwächen an der Stelle einfach auszugleichen und zu verbessern", betonte er. Dafür soll anderes wegfallen - was, das ließ Söder offen. Er schlug aber vor, man müsse überlegen, ob es wirklich Englisch-Stunden in der dritten und vierten Klasse brauche - und wie viel Digitalisierung in den ersten Schuljahren wirklich nötig sei. Zudem bekräftigte Söder, dass die verpflichtenden Sprachtests vor der Einschulung wie geplant zum Beginn des nächsten Schuljahres 2024/25 eingeführt werden sollen.

Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) begrüßt die Ankündigung, an Grundschulen mehr Deutsch zu unterrichten, grundsätzlich. BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann mahnte aber klare Leitlinien zur Umsetzung an. "Wie so oft erzeugen solche stichpunktartigen Ankündigungen meist nur Fragezeichen und Unsicherheit", sagte sie am Mittwoch. Jetzt sei eine professionelle, wissenschaftlich fundierte und nachhaltige Umsetzung gefragt.

Künftig eine Stunde mehr Deutsch pro Woche in der Schule? Chefin des bayerischen Lehrerverbands ist skeptisch

"Ja, Deutsch sprechen zu können ist eine Kernkompetenz. Und prima, wenn nun auf diese Kernkompetenz fokussiert wird", sagte Fleischmann. "Aber wie genau eigentlich soll dies nun geschehen? Was genau soll denn dann wegfallen zugunsten des Deutsch-Unterrichts? Auf was können wir keinesfalls verzichten? Und wer entscheidet denn darüber?" Die Feststellung, dass Deutsch sprechen zu können das Allerwichtigste sei, sei "selbstverständlich wunderbar". Die genaue Umsetzung aber sei eben nicht mehr ganz so leicht. "Der BLLV ist dafür, eine profunde Diskussion zu führen, wie dieses gut gemeinte Ziel konkret an den Schulen vor Ort umgesetzt werden kann. Es braucht einen verlässlichen rechtlichen Rahmen. Es braucht klare Vorgaben."

Zudem müssten Lehrerinnen und Lehrer vor Ort flexibel agieren können. "Diese müssen dann in diesem festgelegten Rahmen flexibel, je nach vorhandenen Gegebenheiten vor Ort, entscheiden können, wie der Fokus auf diese Deutsch-Kompetenzen gesetzt werden kann", forderte sie.

Der BLLV sei gespannt, wie das Kultusministerium nun reagieren werde und welche Flexibilität die Lehrkräfte jetzt bekämen. "Oder entscheidet der Ministerpräsident nun auch noch persönlich, was an den Schulen gestrichen werden muss?", fragte Fleischmann.

Söder mit Vorstoß zu Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Zudem bekräftigte Söder, dass die verpflichtenden Sprachtests vor der Einschulung wie geplant eingeführt werden sollen. Die Vorarbeiten der beteiligten Ministerien liefen und gingen in die richtige Richtung. Ziel seien qualifizierte Sprachtests rechtzeitig vor einer denkbaren Einschulung, um dann zu entscheiden, betonte Söder: nämlich "ob es sinnvoll ist, dass ein Kind beispielsweise nochmal ein weiteres verpflichtendes Kindergartenjahr hat, um die Sprache zu lernen, um mit entsprechenden Deutschkenntnisse in die Schule zu kommen".

CSU und Freie Wähler hatten sich in ihrem neuen Koalitionsvertrag auf die Einführung der Sprachtests verständigt. Das Kabinett hatte dann eine Umsetzung bis zum Beginn des nächsten Schuljahres 2024/2025 in Aussicht gestellt. Angekündigt wurde bereits, dass es bei zu großen Sprachdefiziten - je nach Alter - entweder ein verpflichtendes Vorschuljahr geben soll oder aber den Besuch von Sprachunterricht.

In der Debatte um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks schlug Söder eine deutliche Straffung der Fernseh- und Hörfunkprogramme vor: Insgesamt sollten nach seinen Worten mindestens 20 Sender eingespart werden. Konkret sagt er etwa, mindestens 14 der derzeit 72 öffentlich-rechtlichen Hörfunkprogramme könnten wegfallen. Die Zahl der Klangkörper - dazu zählen etwa die Rundfunkorchester - könnte nach Worten Söders halbiert werden. Eine Erhöhung der Rundfunkgebühren für die Bürger lehnt die CSU ab. Unter anderem könne der Saarländische Rundfunk in den Südwestrundfunk (SWR) und Radio Bremen in den Norddeutschen Rundfunk (NDR) aufgenommen werden. "Wir glauben, dass diese beiden kleinen Sender integrierbar sind", sagte der bayerische Ministerpräsident.

Verschlag zu Straffung öffentlich-rechtlicher Rundfunks - Söder erntet Kritik

Vorschläge dieser Art hatte es in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder gegeben, sie waren aber unter anderem am Widerstand aus den betroffenen Bundesländern gescheitert.

Die SPD-geführte saarländische Landesregierung kritisierte Söders Vorschlag. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur teilte Staatssekretär Thorsten Bischoff, der für Medienpolitik zuständig ist, mit, die Landesregierung stehe "klar zur Eigenständigkeit des SR". Bischoff betonte: "Und wir haben unsere Hausaufgaben längst gemacht, die Herr Söder noch vor sich hat: Wir haben durch eine Reform des Mediengesetzes eine Gehaltsobergrenze für Intendant und Direktoren eingeführt, moderne Leitungsstrukturen geschaffen und die Gremien verschlankt." Effizienz und Effektivität von Sendeanstalten seien keine Frage der Größe oder des Sendegebiets. "Bei der Anzahl der Kooperationen mit anderen Sendern oder den niedrigen Produktionskosten pro Sendeminute können sich andere ein Vorbild an der Kostenstruktur des SR nehmen", hieß es weiter.

Ferner tritt Söder für eine deutliche Reduzierung der Zahl der Spartenkanäle im Fernsehen ein. So stelle sich etwa die Frage, ob 3sat und Arte zu einem internationalen Gemeinschaftsprojekt ausgebaut werden könnten oder ob Tagesschau24 und andere Infokanäle miteinander verknüpft werden könnten. Einzelne Beiträge würden zum Teil auf mehreren Programmen ausgestrahlt.

Mehr Information, weniger Unterhaltung: Forderung nach Reformation des öffentich-rechtlichen Rundfunks

Insgesamt wolle er mehr Information und weniger Unterhaltung. "Wir würden gerne einen Informationsanteil von 60 Prozent festschreiben", sagte Söder. Dafür könne die eine oder andere Quizsendung wegfallen, die der CSU-Politiker nicht für den Kernauftrag der öffentlich-rechtlichen Sender hält. Ziel sei es, die Kernaufgaben zu erhalten, aber "Unnötiges" zu entschlacken.

Vor Söder hatte bereits dem CDU-Bundesvorstand seine Vorschläge für eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bekannt gemacht. Darin wird eine Gebührenerhöhung nicht grundsätzlich abgelehnt, sollte sie dringend notwendig sein. Die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) soll voraussichtlich im Februar eine Gebührenhöhe ab dem Jahr 2025 vorschlagen. Im Gespräch ist der Vorschlag einer Erhöhung um 58 Cent pro Monat auf 18,94 Euro. Auch die CDU sprach sich für die Zusammenlegung von Sparten- und Themensendern aus.

ENERGIE: Söder will beim Ausbau erneuerbarer Energien aufs Tempo drücken, etwa beim Bau neuer Windräder in den Staatsforsten. Und grundsätzlich, so betonte er, sei die CSU für den Netzausbau und "pro Stromleitungen". Zudem erwägt und prüft der Freistaat laut Söder eine eigene Beteiligung beim Ausbau neuer Gas- und Wasserstoffnetze.

Holetschek legt Vorschlag für verpflichtendes Gesellschaftsjahr vor

Bayern soll außerdem ein eigenes "Bundeswehr-Gesetz" bekommen. Darin soll beispielsweise eine engere Kooperation von Hochschulen mit der Bundeswehr geregelt werden, bei Sicherheitsthemen sogar eine Kooperationspflicht. Zudem soll im Baurecht eine Art "Vorfahrt" für Bundeswehr-Maßnahmen gelten. Grundsätzlich solle die Verteidigungsfähigkeit Teil der Landesplanung sein, sagte Söder.

CSU-Fraktionschef Holetschek legte auf der Klausur seinen Vorschlag für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr vor: Männer und Frauen gleichermaßen sollen mindestens sechs bis sieben Monate am Stück bei der Bundeswehr, in Vereinen oder sozialen Einrichtungen ableisten, oder auch im Rahmen eines "Lebenszeitkontos". Söder nannte dies am Mittwoch eine "spannende Idee". Die Wiedereinführung der Wehrpflicht sei aber "für den Moment und für die Erhöhung der Verteidigungsfähigkeit" der leichtere Weg.

Im Bereich der Medizin will die CSU will laut Holetschek einen neuen Prozess für die Krankenhausplanung anstoßen: Die stationäre und ambulante Versorgung und der Bereich Pflege sollen in Regionen gemeinsam geplant werden.

Vorschaubild: © Daniel Vogl (dpa)