Zwei Kulmbacher regieren das Kirchenvolk

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"Da darf man schon sehr stolz sein", sagt Dekan Jürgen Zinck (rechts) und gratuliert Christina Flauder und Pfarrer Wolfgang Oertel (links) zu ihrer Wahl in die EKD-Synode, das oberste Gremium der Evangelischen Kirche in Deutschland. Foto: Stephan Tiroch
"Da darf man schon sehr stolz sein", sagt Dekan Jürgen Zinck (rechts) und gratuliert Christina Flauder und Pfarrer Wolfgang Oertel (links) zu ihrer Wahl in die EKD-Synode, das oberste Gremium der Evangelischen Kirche in Deutschland. Foto: Stephan Tiroch

Mit Christina Flauder aus Kulmbach und dem Untersteinacher Pfarrer Wolfgang Oertel ist das Dekanat Kulmbach in der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland doppelt vertreten. Beide haben Pläne, was sie im Kirchenparlament bewegen wollen.

Nein, reich werden kann man hier nicht. Obwohl sie das Kirchenvolk mit etwa 23 Mil lionen evangelischen Christen regieren, bekommen sie keine Diäten oder Aufwandsentschädigung wie die Bundestagsabgeordneten. Im Gegenteil, außer Spritgeld und Übernachtung in einer bescheidenen Pension wird nichts bezahlt. Dennoch ist es für Christina Flauder aus Kulmbach und den Untersteinacher Pfarrer Wolfgang Oertel eine große Ehre, im Spitzengremium der Evangelischen Kirche in Deutschland vertreten zu sein. "Da darf man schon sehr stolz sein", meint Dekan Jürgen Zinck, "immerhin repräsentiert die EKD-Synode unsere Kirche in Deutschland."

Die Landeskirche in Bayern entsendet neun Delegierte in die EKD-Synode mit ihren 126 Mitgliedern - zwei davon kommen aus dem Landkreis Kulmbach.
"Da ist unser Dekanat hervorragend vertreten", sagt Zinck, "wir haben einen direkten Draht in die höchsten Leitungsorgane."

Die beiden Kirchenparlamentarierer, die bei den zwei Sitzungen im nächsten Jahr in Würzburg und Bremen auf Kanzlerin Angela Merkel oder ihren Vizekanzler Sigmar Gabriel treffen können, sind vor kurzem bei der Tagung der Landessynode in Regensburg gemeinsam gewählt worden. Dabei könnten sie unterschiedlicher nicht sein.

"Das alte Schlachtross"

Da Christina Flauder (50), gerade mal 1,55 Meter groß, aber ein Profi in Kirchenämtern: Die SPD-Stadträtin nennt sich selbst "das alte Schlachtross" und nimmt darauf Bezug, dass sie zum vierten Mal in der Landessynode vertreten ist und aus den Jahren 2003 bis 2009 bereits über EKD-Erfahrung verfügt.

Dort der Newcomer, der sich mit seinen 1,98 Meter in anderen Höhen bewegt ("Auf die geistige und emotionale Größe kommt es an") und voll durchgestartet ist, was die Kirchenpolitik angeht. Neu in die Landessynode gewählt, rechnet er sich zunächst keine Chance aus, als man ihn als EKD-Kandidaten ins Spiel bringt. "Aber ich habe die Stichwahl mit Zwei-Drittel-Mehrheit gewonnen", freut sich der 47-Jährige.

Noch besser hat seine Kulmbacher Kollegin abgeschnitten: Sie fährt gar das beste Stimmenergebnis in Regensburg ein.

Derart mit dem Vertrauen ihrer Landeskirche ausgestattet, reicht es den zwei EKD-Synodalen aber nicht, jährlich eine oder zwei Städtereisen in Deutschland zu unternehmen. Sie wollen etwas bewegen im Kirchenparlament.

Bei den Menschen sein

Angesprochen auf ihre Pläne, erklärt Flauder: "Mir geht es drum, wie wir uns als Kirche in den nächsten Jahren positionieren. Wir müssen hinschauen, wo die Gemeinden Probleme haben. Der Mensch muss im Mittelpunkt unseres christlichen Handelns stehen." Sie will dazu beitragen, die Kirche zukunftsfähig zu machen. "Nicht, dass wir mit unserem Dampfer mal an die Wand fahren", sagt sie und weist darauf hin, dass heuer fast 20.000 Menschen in Bayern der Landeskirche den Rücken gekehrt haben.

Zudem stehen medizinethische Fragen wie Sterbehilfe oder Hospizarbeit auf Flauders Agenda. "Ich möchte mich um die Mühseligen und Beladenen kümmern."

Plädoyer für Transparenz

Klare Vorstellungen von seiner EKD-Arbeit hat auch der Untersteinacher Pfarrer. Transparenz steht da ganz oben. "Die Ortsgemeinden müssen verstehen, was die Kirchenleitung beschließt", fordert er und kennt einen konkreten Fall, als es nicht so gewesen ist. So sei bei der Kirchenbasis die Orientierungshilfe zu einem veränderten Familienbild - Stichwort: gleichgeschlechtliche Partnerschaften oder Patchwork - vielfach nicht richtig angekommen.

Es sei ihm, so Oertel, ein wichtiges Anliegen, "wie man die Menschen in dieser schnelllebigen und medial verseuchten Zeit erreichen und was für Hilfestellungen die Kirche geben kann". Er will den missionarischen Gedanken in den Vordergrund rücken und schauen, ob die Kirche zum Beispiel Geld ausgibt für Jugendarbeit oder ob angesichts des drohenden Pfarrermangels Strukturen geschaffen werden, um künftig Seelsorge zu organisieren.

Die zwei Kulmbacher Synodalen haben die Messlatte ihrer Ansprüche an sich selbst und an ihre Kirche nicht gerade niedrig gehängt. Wer dabei erfolgreich sein will, braucht Rückhalt. Von Dekan Zinck kommt der erforderliche Zuspruch.

"Will nicht flüchten"

Und auch die Familien sind mit im Boot. "Mein Lebensgefährte hat mich bestärkt", sagt Christina Flauder. Die Kirchenarbeit - auch im geschäftsführenden Landessynodalausschuss, der sich alle vier Wochen trifft - sei "Teil Deines Lebens". Zuspruch bekommt ebenfalls der Untersteinacher Pfarrer von seiner Frau und seinen drei Töchtern. "Papa, das macht Dir doch Spaß, haben meine Mädchen zu mir gesagt", erzählt Wolfgang Oertel. "Nicht, dass der Eindruck entsteht, dass ich flüchten will..."



Die EKD-Synode

Spitzengremium Die Synode ist das kirchenleitende und gesetzgebende Gremium der Evangelischen Kirchen in Deutschland. Die 126 Mitglieder werden von den Landessynoden der 20 selbstständigen lutherischen, unierten und reformierten Kirchen Deutschlands für sechs Jahre gewählt. Die bayerische Landeskirche entsendet neun Synodale.

Treffen Die konstituierende Sitzung der 12. EKD-Synode mit Wahl des Präsidiums ist im Mai in Würzburg, die zweite Sitzung im Oktober in Bremen.

Höhepunkt Die Legislaturperiode ist geprägt vom Reformationsjubiläum im Jahr 2017: Da wird der 500. Jahrestag der Veröffentlichung von Luthers Thesen in Wittenberg gefeiert.