Dirigent Thomas Besand hat es geschafft, aus der Stadtkapelle ein nahezu professionelles Orchester zu formen. Beim Neujahrskonzert in Kulmbach meisterte das Ensemble enorme Herausforderungen mit Bravour. Und für Besand gab es einige Überraschungen.
Vom Traditionsmarsch bis zur großen Konzertouvertüre, von der Operette bis zum Musical, von der Polka bis zum Jazz-Standard: In das Neujahrskonzert der Stadtkapelle hat Dirigent Thomas Besand auch diesmal viel Entdeckenswertes hineingepackt. Und für Besand selbst war das Konzert ein ganz besonderes, denn es war sein 25. in Folge. Der 50-jährige Vollblutmusiker hat seit seinem Amtsantritt programmatisch Einiges auf den Weg gebracht. Doch damit nicht genug, er hat es geschafft, aus Kulmbachs erstaunlichstem Klangkörper ein nahezu professionelles Orchester zu formen.
Wer es nicht glauben wollte, konnte sich am Dienstagabend in der wie immer ausverkauften Dr.-Stammberger-Halle selbst ein Bild machen. Zweieinhalb Stunden lang gab es symphonische Blasmusik von höchster Qualität.
Nach Naila am vergangenen Donnerstag und Saalfeld am Sonntag gaben die rund 55 Musikerinnen und Musiker im Alter von 15 bis 85 Jahren zuhause in Kulmbach noch einmal alles. Das Programm sollte dabei auch eine Art Rückschau sein auf die Erfolgstitel der zurückliegenden zweieinhalb Jahrzehnte.
Gefühl für jedes Genre
Thomas Besands größtes Verdienst ist es sicherlich, dass er die Tradition des Klangkörpers über so viele Jahre zeitgemäß weitergeführt hat. Die Stadtkapelle besitzt trotz einer natürlichen Fluktuation ein ausgeprägtes Gefühl für jedes musikalische Genre. Im Kulturleben Kulmbachs ist die Stadtkapelle fest verwurzelt und nicht mehr wegzudenken. "Die Musiker der Stadtkapelle und ihr Dirigent Thomas Besand sind die besten Botschafter der Stadt", sagte denn auch Oberbürgermeister Henry Schramm in seiner launigen Gratulation. Er bescheinigte dem Ensemble nicht nur, älter als die Berliner Philharmoniker zu sein, auch stellte er Besand augenzwinkernd in eine Reihe mit Karajan oder Simon Rattle.
Echtes Streckenposten-Horn
Mehrere Komponisten zogen sich diesmal wie ein roter Faden durch das Programm: Johann Strauss der Jüngere, der "Walzerkönig" zu Beispiel, von dem die Stadtkapelle genauso wie beim allerersten Konzert vor 25 Jahren den Kaiserwalzer musizierte. Als weiteres Stück von Johann Strauss gab es die Schnellpolka "Vergnügungszug". Thomas Besand ließ es sich dabei nicht nehmen, bewusst in raschen Tempi zu musizieren, der Dirigent hatte auch ein echtes Messinghorn eines Eisenbahner-Streckenpostens aufgetan, mit dem er die Signale ausgab. Besand und seine Musiker haben das alles bestens im Griff, locker und leicht, aber zugleich auch prächtig und glanzvoll.
Zweiter großer Komponist war der tschechische Militärmusiker Julius Fucik. Seine Konzertouvertüre "Marinarella" wurde ebenfalls schon beim allerersten Neujahrskonzert der Stadtkapelle aufgeführt. Auch den großen italienischen "Florentiner Marsch", eine von Fuciks bekanntesten Kompositionen, hatte Besand ins Programm genommen. An exaktem Spiel kaum mehr zu überbieten, gestalteten Besand und seine Musiker die beiden hochkarätigen Kompositionen dynamisch sorgsam und raffiniert.
Dritter großer Musiker, dem die Stadtkapelle Reverenz erwies, ist der Entertainer Frank Sinatra. Aus seinem Song "The Lady is a tramp" von Richard Rodgers machte das Ensemble kurzerhand ein humorvoll swingendes Duett mit Elke Höhn und Thomas Besand, nicht nur am Dirigentenstab, sondern auch am Mikrofon. Gleich darauf folgte der Love-Song "I've got you under my skin" von Cole Porter, mit sonorer Stimme, text- und tonsicher vorgetragen.
Zu den Klassikern gehörte die Ouvertüre zur Operette "Orpheus in der Unterwelt" von Jacques Offenbach mit brillanten Soli und einem flotten Cancan zum Mitklatschen. Freilich auch etwas wehmütig, denn der Marsch erklang im Gedenken an die Opfer der Terroranschläge von Paris, der Stadt der Lebensfreude.
Brillant: "Teufelstanz"
Größte Herausforderung war sicherlich der Teufelstanz von Josef Hellmesberger mit seinen Takt- und Tempowechseln, die von allen Beteiligten bestens bewältigt wurden. Immer wieder hörenswert sind die kurzen und originellen Konzertstücke des US-Amerikaners Leroy Anderson. Diesmal gab es "Bugler´s Holiday" aus dem Jahr 1954, ein Solo für drei Trompeten von Leroy Anderson, wundervoll und witzig gespielt von Daniel Richter, Maximilian Schaller und Hans-Christian Leuschner.
Ihre erste Aufführung bei einem Neujahrskonzert der Stadtkapelle erlebte die Arie "Ich gehör' nur mir" aus dem Musical "Elisabeth" von Silvester Levay und Michael Kunze - kraftvoll und mit viel Pep gesungen von Elke Höhn.
Noch zwei Solisten hatte das Neujahrskonzert zu bieten: Udo Koch, der mit seiner Posaune in einwandfreiem Staccato die "Bayerische Polka", eine eigentlich als Zugabe gedachte populäre Miniatur des Magdeburgers Georg Lohmann, spielte. Und Wolfgang Diehm mit dem durch Bert Kaempfert bekannt gewordenem eindrucksvoll musizierten Trompetensolo "Wunderland bei Nacht" von Klaus-Günter Neumann.
Mit Dirigentennadel in Gold geehrt
Weil es ein Jubiläumskonzert war, blieben natürlich auch Ehrungen nicht aus. So erhielt Thomas Besand von der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände beziehungsweise vom Nordbayerischen Musikbund die Dirigentennadel in Gold mit Diamant. Von OB Schramm gab es neben einem Präsentkorb auch einige Utensilien, die der frischgebackene Hundebesitzer sicher gut gebrauchen kann, von Landrat Klaus Peter Söllner einen Scheck und von den Musikern ein von Franz Gerstbrein arrangiertes Medley der Lieblingsmärsche Besands.
Nicht zuletzt dank der liebevollen, kenntnisreichen und kurzweiligen Moderation von Karl-Heinrich Backert waren die zweieinhalb Stunden wieder einmal wie im Flug vergangen.