Verheugen rechnet mit Merkel ab

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Kritisierte die Flüchtlingspolitik von Angelan Merkel aufs Heftigste: Günther Verheugen.
Kritisierte die Flüchtlingspolitik von Angelan Merkel aufs Heftigste: Günther Verheugen.
-Robert Hartmann (rechts) erhielt von Günter Verheugen die höchste SPD-Auszeichnung, Ehefrau Meta Hartmann von der Kreisvorsitzenden Inge Aures einen Blumenstrauß. Mit im Bild: Mandatsträger und die Vorstandschaft des Kreisverbandes. Fotos: Stephan Herbert Fuchs
-Robert Hartmann (rechts) erhielt von Günter Verheugen die höchste SPD-Auszeichnung, Ehefrau Meta Hartmann von der Kreisvorsitzenden Inge Aures einen Blumenstrauß. Mit im Bild: Mandatsträger und die Vorstandschaft des Kreisverbandes. Fotos: Stephan Herbert Fuchs
 

Der frühere EU-Kommissar und Bundestagsabgeordnete kritisierte die Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin als planlos und kopflos.

Von einer Zeitenwende spricht Günter Verheugen mit Blick auf die aktuelle Flüchtlingssituation. Der frühere Vizepräsident der Europäischen Union und langjährige Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Kulmbach war am Dienstagabend prominenter Gast beim SPD-Kreisverband. Nach seinem Ausscheiden aus der Bundespolitik war er als EU-Kommissar zunächst für Wirtschaftsfragen, später für die EU-Erweiterung zuständig. Nach seinem Rückzug aus der Europapolitik ist Verheugen Honorarprofessor an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder.
Noch immer hat Günter Verheugen viel zu sagen, und weil das so ist, waren nicht nur die offiziellen Delegierten zur Konferenz des Kulmbacher SPD-Kreisverbandes gekommen, sondern auch viele Interessierte, so dass der Platz lange nicht ausreichte. Ungewöhnlich scharf kritisiert er Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Ihre Politik in der Flüchtlingsfrage kanzelt Verheugen als planlos und kopflos ab. Spontanen zustimmenden Beifall erhält er dafür nicht.
"Das Regierungshandeln erscheint zunehmend opportunistisch", sagt Verheugen. Mehrfach schon habe sich Merkel über Regeln hinweg gesetzt und deutsches wie europäisches Recht missachtet. "Da wird Politik aus dem Bauch heraus gemacht", wirft er Merkel vor. Merkels Politik sei gut gemeint gewesen, aber auch eine Einladung an alle, sich auf den Weg nach Deutschland zu machen. "Das ist keine verantwortungsvolle Politik", sagt er beispielsweise, oder auch: "Was im Augenblick bei Frau Merkel gilt, ist durchwursteln, ohne klares Ziel, ohne Plan".
Aber auch am bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer und CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer entzündet sich die Kritik von Verheugen. Was beide so von sich geben, das spreche die dumpfen Gefühle der Mehrheit an. Seehofer wisse ganz genau, dass Bayern die Grenzen nicht dicht machen könne, aber er erwecke den Eindruck.
Ebenso sei der Vorschlag, Transitzonen einzuführen, nicht nur weltfremd sondern boshaft. "Hier entsteht ein Gaza-Streifen an den Rändern Deutschlands." Kein Nachbarland würde die abgeschobenen Flüchtlinge aufnehmen, so dass sie Menschen auf Jahre hinaus in diesen Zonen leben müssten. Außerdem könnten die Transitzonen nur funktionieren, wenn Deutschland an seiner 4000 Kilometer langen Außengrenze Mauern und Zäunen errichtet. Verheugen: "Transitzonen können nicht funktionieren, sie sind ein schwerwiegender Verstoß gegen europäisches Recht und sind politisch wie praktisch unmöglich." Sie gäben den Menschen lediglich das Gefühl, dass etwas getan werde.


Menschenfeindlich und rassistisch

Zuvor hatte der Unterbezirksvorsitzende Simon Moritz vom hervorragenden Umgang mit der Flüchtlingssituation im Landkreis Kulmbach gesprochen und dabei die großartige Arbeit der vielen ehrenamtlichen Helfer gewürdigt. Was die sogenannte Pegida-Bewegung oder die AfD angeht, sagte Moritz, dass deren Verhalten weit über die bürgerliche Kritik hinausgeht. Pegida und AfD nannte Moritz menschenfeindlich, nationalistisch und rassistisch.
Eine ungewöhnliche Ehrung wurde bei der Versammlung Robert Hartmann zuteil, der in wenigen Tagen seinen 90. Geburtstag feiert. Hartmann war unter anderem von 1966 bis 2008 Stadtrat, von 1978 bis 2002 Mitglied des Kreistages. Mit der goldenen Willi-Brandt-Medaille erhielt er aus den Händen von Günther Verheugen die höchste Auszeichnung der SPD.
Bei den Neuwahlen wurde die amtierende Kreisvorsitzende Inge Aures mit 45 von 47 möglichen Stimmen in ihrem Amt bestätigt. Stellvertreter bleiben der Trebgaster Bürgermeister Werner Diersch (45 Stimmen) und der Mainleuser Bürgermeister-Kandidat Jürgen Karg (47 Stimmen). Als Kassiererin wurde Elfriede Schmidt mit 46 Stimmen und als Schatzmeister Simon Moritz mit 47 Stimmen bestätigt.