Er sieht die hässliche Seite der Silvesterknallerei: Marian Maier, Doktor der plastischen Chirurgie am Klinikum, hat es mit den Opfern von Böllern zu tun.
Silberfäden und Goldglitter am Himmel erfreuen viele Menschen in der Silvesternacht. Doch nicht immer geht beim Böllern alles glatt - auch weil der eine oder andere es mit der Knallerei übertreibt. Die medizinischen Folgen von Leichtsinn und Unachtsamkeit bekommt dann Marian Maier "auf den Tisch": verbrannte Gliedmaßen, abgerissene Finger. Der Chirurg am Klinikum rettet, was zu retten ist. Herr Maier, Sie sind Handchirurg und Plastischer Chirurg am Klinikum Kulmbach und stehen in Rufbereitschaft parat für den Fall, dass in der Silvesternacht im wahrsten Wortsinn etwas nach hinten losgegangen ist. Welche Patienten kommen da zu Ihnen?
Ich behandle Verbrennungen am ganzen Körper, also auch solche, die durch Feuerwerkskörper verursacht worden sind, und im Speziellen Explosionsverletzungen an der Hand. Wobei ich einleitend sagen muss: Der häufigste Auslöser für unsere Einsätze in der letzten Nacht des Jahres ist nicht der Kracher, sondern sind die dünnen Sektgläser, die beim Spülen zerbrechen und schwere Schnittwunden mit Gefäß- und Nervenverletzungen an den Fingern zur Folge haben können. Verletzungen durch Feuerwerkskörper entstehen nicht in jedem Jahr im gleichen Umfang, aber doch immer wieder. Wir behandeln dann entweder Verletzungen durch Böller, die in der Hand detoniert sind, oder aber Verbrennungen durch Raketen, die unter die Kleidung geraten.
Gab es auch drastische Fälle?
Da gab es einige, ja. Besonders tragisch, auch für mich persönlich, wird es immer dann, wenn Kinder betroffen sind. Da kommt es im Eifer des Gefechts tatsächlich manchmal vor, dass Kinder von Erwachsenen einen Knaller in die Hand gedrückt bekommen, ohne dass sie wissen, was sie damit tun sollen - und im nächsten Moment kann eine kindliche Hand verstümmelt sein. Ich erinnere mich an den Fall eines Vierjährigen, dem war durch einen Kracher die Hand förmlich in Stücke gerissen worden.
Stößt man da auch als plastischer Chirurg an seine Grenzen?
Wir versuchen prinzipiell zu retten, was zu retten ist, und das gelingt uns zum Glück auch meistens. Aber wenn die Zerstörungen von Muskeln, Gewebe, Nerven und Knochen zu groß sind, dann kann man nicht immer alles rekonstruieren. Diese Schäden bleiben ein Leben lang, mit allen Beeinträchtigungen beim Greifen, Tragen etc. Wir versuchen, so viel wie möglich an Funktionalität zu erhalten. Dafür wurden auch schon Zehen, etwa als Daumenersatz, an die betroffene Hand transplantiert.
So einen Eingriff freilich machen wir nicht in der Silvesternacht, denn eine solche Rekonstruktion muss gut vorbereitet werden. Schon ganz normale Böller aus dem Supermarkt können, falsch angewendet, zu weitreichenden und irreparablen Schäden führen wie der Zerstörung der Hand, dem Verlust des Augenlichts oder des Gehörs durch ein Knalltrauma.