Untersteinacher Wasserversorgung am Scheideweg

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Die Gemeinde Untersteinach steht vor der Entscheidung über die Zukunft der Wasserversorgung im Hauptort. Foto: Symbolbild Marian Hamacher
Die Gemeinde Untersteinach steht vor der Entscheidung über die Zukunft der Wasserversorgung im Hauptort. Foto: Symbolbild Marian Hamacher

Die Untersteinacher Räte müssen nach der Vorstellung der Wasserstudie eine schwere Entscheidung treffen.

Bürgermeister Volker Schmiechen sprach nach der Gemeinderatssitzung am Dienstagabend von einer "schweren Nachtlektüre". In der Tat: Das, was Diplomingenieur Sven Müller vom Büro Baurconsult in Haßfurt zuvor in einem knapp einstündigen Vortrag erläutert hatte, dürfte das Gremium heuer noch oft beschäftigen. Es geht um die Zukunft der Wasserversorgung für den Hauptort, wobei die Kardinalfrage lautet: Behält die Gemeinde den Brunnen Pressecklein und damit ihre Eigenständigkeit oder lässt sie sich das kühle Nass ausschließlich von der Fernwasserversorgung Oberfranken liefern.


Versammlung geplant

Fest steht: In jedem Fall ist ein Millionen teurer Sanierungsaufwand erforderlich. Fest steht aber auch: Vor einer endgültigen Entscheidung werden die Einwohner um ihre Meinung gefragt. Bürgermeister Volker Schmiechen (SPD): "Wir halten eine Bürgerversammlung in der Schule oder in der Turnhalle. Das Thema dürfte wohl jeden Hausbesitzer interessieren."

Neu ist die Frage, wie die künftige Wasserversorgung aussehen soll, freilich nicht. Bereits im April 2015 hatte der Gemeinderat das Ingenieurbüro Baurconsult beauftragt, die Wasserstudie zu erstellen. Diplomingenieur Müller erläuterte zunächst den Status quo. Demnach ist der Brunnen Pressecklein im Osten Untersteinachs das Hauptstandbein der Versorgung, bedarfsweise wird über den Abgabeschacht beim Nettomarkt zusätzlich FWO-Wasser ins Netz eingespeist. Aufgrund der Topografie ist der Hauptort in eine Tiefzone und eine Hochzone unterteilt, für die jeweils ein Hochbehälter zur Verfügung steht. Die Stahlbeton-Konstruktionen stammen aus den 50er- und 60-er Jahren und haben ein Fassungsvermögen von 400 (Tiefzone) beziehungsweise 150 Kubikmeter.


70 000 m 3 "verschwinden"

Der Brunnen wurde 1962 gebaut und ist 87 Meter tief. Die Fördermenge beträgt rund 125 000 Kubikmeter pro Jahr, von der FWO bezieht die Gemeinde etwa 15 000 Kubikmeter. Die verkaufte Wassermenge beläuft sich allerdings nur auf rund 70 000 Kubikmeter. Die krasse Differenz begründete Diplomingenieur Müller mit "Rohrbrüchen und falsch zählenden Wasserzählern".


Auch Wasserdruck zu gering

Daraus und aus der Tatsache, dass der Wasserdruck mit 1,5 bar zu gering ist, ergibt sich Handlungsbedarf. Für die Zukunft geht das Büro dabei nur von einer benötigten Wassermenge von rund 80 000 Kubikmetern aus und kalkuliert die Verluste mit nur noch 10 000 Kubikmetern.

Bei der Vorstellung der Alternativen kristallisierte sich schnell heraus, dass die Variante 1(siehe Infobox) wegen der hohen Kosten nicht weiterverfolgt wird und die Entscheidung zwischen den Varianten 2 und 3 fallen wird.
Die Variante 2 sieht laut Sven Müller eine komplette Versorgung durch die FWO vor. Die Tiefzone würde dann vom Netto-Markt aus versorgt, von Hummendorf aus verliefe die Leitung zur Hochzone. Hochbehälter, Pumpwerke und Brunnen Pressecklein würden außer Betrieb genommen.

Bei der dritten Variante bliebe der Brunnen weiterhin das Hauptstandbein, auch am FWO-Abgabeschacht beim Netto-Markt änderte sich nichts. Für die Hochzone kämen aber der Bau eines neuen Hochbehälters auf 390 Metern Höhe mit einem Fassungsvermögen von 700 Kubikmetern und ein Drucksteigerungspumpwerk hinzu. Zur bedarfsweisen Mischung mit FWO-Wasser müsste der Brunnenschacht saniert werden.

In der Debatte erkannte Rüdiger Hohlweg (CSU) die Variante 2 als diejenige Lösung, die die die wenigsten baulichen Maßnahmen nach sich ziehen würde. Allerdings sei dann jeder Kubikmeter Wasser an die FWO zu bezahlen. "Und was wird das Wasser wohl in 30 Jahren kosten?"

Alfred Vießmann (UBG) sprach sich gegen die Fremdversorgung aus: "Wir haben eine Quelle, die 2006 generalsaniert wurde, und wir sollten diese so lang wie möglich nutzen." Er legte Wert auf die Beibehaltung der Eigenständigkeit und wies darauf hin, dass die Gemeinde um die Sanierung des Ortsnetzes ohnehin nicht herumkommen werde.

Heinz Burges (SPD) wies darauf hin, dass der Hochbehälter Tiefzone vor fünf Jahren saniert wurde und von seiner Ausstattung her "so schlecht nicht" sei. Er erinnerte auch seine Amtszeit als Bürgermeister und stellte grundsätzlich fest: "Es war immer unser Bemühen, die für den Bürger günstigste Lösung zu verwirklichen."

Bürgermeister Schmiechen favorisierte in seiner ersten Einschätzung die FWO-Lösung und begründete dies mit dem baulichen Aufwand für die Variante 3: "Wir blasen 600 000 Euro plus Mehrwertsteuer für einen neuen Hochbehälter raus, der auch irgendwann wieder zur Sanierung ansteht. Das ist richtig viel Geld." Natürlich, so Schmiechen, tue es ihm um den Brunnen Pressecklein leid, aber es müssten auch die Wasserqualität berücksichtigt werden und der wesentlich geringere Wartungsaufwand für die Gemeindearbeiter. Der Wasserpreis müsse in Verhandlungen mit der FWO geklärt werden.


Auf Bürger kommen Kosten zu

"Es ist eine Grundsatzentscheidung: Machen wir uns komplett abhängig oder setzen wir auf die eigene Versorgung mit allen Konsequenzen", sagte Hans-Peter Röhrlein, der auch die Kostenfrage für die Bürger in den Raum stellte. Dass diese in irgendeiner Form zur Kasse gebeten werden, machte Verwaltungsleiter Martin Betz deutlich: "Wenn es eine Förderung gibt, wird diese in Abzug gebracht. Die nicht gedeckten Kosten sind auf die Bürger umzulegen - entweder über Gebühren oder über Verbesserungsbeiträge."

Das Bild von der "schweren Nachtlektüre" unterstrich Diplomingenieur Müller: "Es ist klar, dass es keine leichte Entscheidung wird. Aber die kann ich Ihnen nicht abnehmen."


Die drei Varianten und ihre Kosten

Variante 1
• Außerbetriebnahme der Hochbehälter Tiefzone und Hochzone, des Pumpwerks und des Überhebepumpwerks sowie des Abgabeschachts Untersteinach (FWO)

• Bestandsaufnahme Brunnen Pressecklein mit eventuell anschließender Sanierung

• Leitungsverlegung DN 200 vom Abgabeschacht Hummendorf zur Hochzone Melm

• Neubau des Hochbehälters Tiefzone mit 500 m 3 auf 390 Meter NN

• Neue Brunnenbohrung (Schüttung ca. 3 - 4 Liter/s)

• Sanierung des Brunnens Pressecklein

• Kosten: 2 980 000 Euro

Variante 2

• Außerbetriebnahme der Hochbehälter Tiefzone und Hochzone, des Pumpwerks und des Überhebepumpwerk sowie des Brunnens Pressecklein

• Verlegung einer Leitung mit dem Durchmesser DN 200 vom Abgabeschacht Hummendorf bis zur Hochzone Melm

• Kosten: 1 340 000 Euro


Variante 3
• Außerbetriebnahme der Hochbehälter Tiefzone und Hochzone sowie des Pumpwerks und des Überhebepumpwerks

• Bestandsaufnahme Brunnen Pressecklein mit eventuell anschließender Sanierung
• Neubau des Hochbehälters Tiefzone mit 700 Kubikmeter auf 390 Meter NN) mit Drucksteigerungspumpwerk Hochzonen

• Sanierung des Brunnens Pressecklein zur bedarfsweisen Mischung mit FWO-Trinkwasser (Abgabeschacht Untersteinach

• Kosten: 1 920 000 Euro

Bei sämtlichen Varianten kommen für die Sanierung des Ortsnetzes inklusive aller Nebenkosten rund 1,9 Millionen Euro hinzu - ein Betrag, der sich natürlich auf mehrere Jahre verteilen wird.