Detlef Obieray ist an einem Jahrhundertprojekt in den Schweizer Alpen beteiligt. Dass bald auf zwei 57 Kilometer langen Gleisstrecken unter dem Gotthard-Massiv Hochgeschwindigkeitszüge durchrasen werden, ist maßgeblich sein Werk.
Er sagt: "Unterbruch", wenn er Unterbrechung meint. Er geht zur "Sitzig" und nicht zur Sitzung. Und als eingefleischter "Automobilist" fährt er nicht mit dem "Velo", wie die Eidgenossen das Fahrrad nennen, von seiner Wohnung in Luzern ins Büro. Völlig spurlos sind die sechs Jahre in der Schweiz an dem Franken Detlef Obieray nicht vorübergegangen. Ein bisschen Schwyzer Dütsch hat sich der Untersteinacher abgeschaut.
Die goldene Schwelle Aber er wird der Alpenrepublik, wenn er in zwei Jahren vielleicht wieder geht, auch etwas Besonderes hinterlassen. Obieray (56) ist maßgeblich am Bau des Gotthard-Basistunnels beteiligt. "Wir sind alle stolz, dass wir an dem Jahrhundertprojekt mitwirken können. Es dient dem Alpenschutz, und der CO 2 -Ausstoß wird deutlich reduziert", sagt der fränkische Projektleiter. Sein Bereich: der Einbau der Spezialgleisanlagen, der mit der goldenen Schwelle jetzt abgeschlossen worden ist.
Es ist sein Job, dass in eineinhalb Jahren Hochgeschwindigkeitszüge mit 250 km/h sicher und komfortabel durch den Weltrekordtunnel rasen können: 57 Kilometer in zwei Röhren zwischen Erstfeld und Bodio. Dann verkürzt sich die Fahrzeit von Zürich nach Mailand um eine Stunde.
100 Ordner Werkvertrag Der Tunnelbau beginnt bereits 1998. Die Mineure fressen sich durch den Berg. Ab 2008 kommen die Bahntechniker dazu. Ein Firmenkonsortium gründet die ARGE Transtec Gotthard, "und ich war einer der ersten Mitarbeiter", sagt Obieray. Um den 100 Ordner umfassenden Werkvertrag zu erfüllen, "haben wir eine Organisation von mittelständischer Größe aufgebaut, die es vorher noch nicht gegeben hat".
In den ersten beiden Jahren - bis 2010 - wird nur geplant: Exakte technische und logistische Vorbereitung lautet das Zauberwort, damit die Baustelle der Superlative wie am Schnürchen laufen kann. "Wir haben Spe zialmaschinen entwickelt, die genau auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten sind", erklärt der 56-Jährige, der am MGF-Gymnasium in Kulmbach sein Abitur gemacht hat.
Betonzug entwickelt Es geht um die Verarbeitung von Beton, da Hochgeschwindigkeitszüge keinen Schotteruntergrund, sondern eine feste Fahrbahn brauchen. Man benötigt ein Betonmischwerk auf Rädern, das in den Tunnel reinfahren kann, spezielle Betoneinbau- und Gleisbaumaschinen. Die Hochleistungsschienen werden in Beton eingegossen und verschweißt. "Ein durchgän giges Schienenband, da ruckelt nichts", so Obieray.
Im Tunnel wird 40 Monate lang Tag und Nacht gearbeitet. Insgesamt ein hocheffizienter und fast industrialisierter Arbeitsprozess. Dabei kommt es auf höchste Präzision an. "Wir arbeiten hier im Gleisbau wie im Schweizer Uhrwerk im Milli meterbereich", versichert der Diplom-Ingenieur, der an der Bundeswehr-Universität München-Neubiberg Elektrotechnik studiert und auch schon in Holland und in China gearbeitet hat.
Ein Knochenjob Beim Gotthard-Projekt gehören zu seinem Team 20 Ingenieure und 105 Handwerker und Monteure. Sie machen bei Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit einen Knochenjob. "Da habe ich hohen Respekt", betont der Untersteinacher, der mit seiner Familie im Raum Nürnberg wohnt.
Die Arbeit der Tunnel- und Gleisbauer stellt eine technische und logistische Meisterleistung dar, wie Fachleute aus aller Welt bestätigen. Da zieht der oberste Repräsentant des Bauherrn, Alp-Transit-Vorstand Renzo Simoni, den Helm: "Chapeau!"
Bis zur Inbetriebnahme des längsten Eisenbahntunnels der Welt - Gesamtkosten 10 Milliarden Euro - müssen der Franke und seine Mannschaft noch 30 Kilometer Schottergleis bauen, um die beiden Portalzonen ans bestehende Schienennetz anzubinden. Und was kommt dann? Obieray weiß es noch nicht. "Aber für Leute mit so einem Spezialwissen gehen die Projekte nicht aus."
Zwei Videos aus dem Gotthard-Basistunnel Auf der Internetseite www.bbrail.de/de/presse/videoportal.html sind zwei Videos - "Einbau Feste Fahrbahn im Gotthard Basistunnel" und "Mission Millimeter"- zu sehen, in denen die Arbeit von Obieray und seine Mannschaft ausführlich dargestellt wird.