Schauspiel-Talente gesucht: Die Naturbühne wirbt um junge Männer. Zum Beispiel für Francesca Canola und Sabrina Schmitt, die (Theater-) Partner brauchen.
"Wenn jemand zu uns kommt, ist das meistens keine Eintagsfliege." Siegfried Küspert, Vorsitzender der Trebgaster Naturbühne, spricht hier aus Erfahrung. Eine, auf die das in vollem Umfang zutrifft, ist Francesca Canola. Obwohl erst 18 Jahre alt, spielt sie bereits seit15 Jahren am Wehlitzer Berg mit. Die Erklärung liefert ihre Mutter Diana: "Ich bin seit 1998 hier oben, und meine Tochter war von Anfang an dabei. In der Pause ist sie immer auf der Bühne rumgehüpft und hat gesagt: Ich will jetzt auch mal."
2015 beim Volksstück "Die kalte Sophie und die drei Eisheiligen in der Rolle der Magd Lena, verkörpert Francesca in diesem Jahr in "Liebe und Blechschaden" die Tochter eines Professors, die aussteigen will. Als Tramperin unterwegs, kann sie sich nicht entscheiden, in welche Richtung es gehen soll - Rom oder Berlin. So weit, so gut, könnte man meinen. Aber Francesca hat noch keine rechte Freude an gerade beginnenden Proben.
Ihr fehlt noch der Partner, der sie in diesem Stück "kriegen" soll.
Sabrina Schmitt (19) durfte mit ihrer Mutter immer die Kinderstücke anschauen. Davon war sie immer so fasziniert, dass sie seitdem nervte: "Da will ich auch mal mitspielen." Vor fünf Jahren war es dann soweit. "Als ich zum ersten Mal auf der Bühne stand, hatte ich richtiges Herzrasen", erinnert sie sich. "Trotzdem war es für mich die wahre Freude." Und sie fügt gleich hinzu. "Selbst wenn ich tagsüber noch so viel Stress oder Ärger habe: Sobald ich an der Naturbühne ankomme, vergesse ich alles, was vorher war. Da bin ich in einer anderen Welt. Und wenn man einmal dabei ist, kommt man einfach nicht mehr los davon." Aber: Sabrina geht es genauso wie Francesca.
In der vergangenen Saison als Myrrhine noch eine der griechischen Frauen, die in der klassischen Komödie "Lysistrata" gegen ihre Krieg führenden Männer in den Liebesstreik getreten sind, mimt sie heuer in "Miss Marple - Mord im Pfarrhaus" das nicht ganz einfach zu handelndes Mädchen Virginia. Auch ihr fehlt noch der junge Neffe eines Pfarrers, der sie am Ende einer spannenden Geschichte in den Arm nehmen darf.
Deshalb richtet Naturbühnen-Chef Siegfried Küspert einen dringenden Aufruf nicht nur an alle jungen Männer im Alter von etwa 18 bis 25 Jahren, auch ein Vikar für das Pfarrhaus (Altersspanne 40 bis 60) wird noch gesucht: "Meldet Euch bei uns, wenn ihr meint, etwas Lust am Theaterspielen zu haben. Außer einer klaren Aussprache sind keine Vorkenntnisse erforderlich. Wir sind alle Amateure und spielen Theater aus Spaß an der Freud." Vom Zeitaufwand sollte man sich nicht abschrecken lassen.
Der ist bei weitem nicht so immens, wie man gelegentlich glaubt, versichert Küspert. Der entscheidende Zeitaufwand ist die eine Woche vor der Premiere. Dann folgt der normale Spielplan. Jeweils 16 Vorstellungen sind das vom 10. Juni bis 13. August bei "Liebe und Blechschaden", und 20.05. bis 11.08 bei "Miss Marple". Man muss ja nicht jeden Tag am Wehlitzer Berg verbringen. "Und wenn es einmal zeitlich etwas zwickt, gibt es immer eine Möglichkeit des Ausgleichs. Wir sind zwar vier Ensembles, aber ein familiärer Haufen."
"Dass in der Theaterszene Männer in der Minderheit sind, ist kein Trebgaster, sondern ein generelles Problem. Männer wollen (können, möchten) sich nicht so gerne darstellen als Frauen", weiß der Vorsitzende.
"Derzeit sind bei uns zwei Drittel Frauen und ein Drittel Männer aktiv." Allerdings: Über die 63 Jahre gesehen, in denen in
Trebgast Theater gespielt wird, halten sich die in dieser Zeit eingesetzten 682 Schauspielerinnen und Schauspieler die Waage.
Vom Schultheater zu einer der renommiertesten Bühnen der Region
Vielleicht können Florian Heise (19) und Paul Konrad (18) für den einen oder anderen, der sich jetzt angesprochen fühlt, noch eine Entscheidungshilfe sein. Die beiden Kulmbacher Gymnasiasten fanden 2015 über das Schultheater den Weg an die Naturbühne und hatten in "Lysistrata" als griechische Soldaten ihre ersten Rollen. Im Vergleich mit den beiden Mädels sind die Jungs - zeitlich gesehen- zwar noch richtige Greenhorns.
Aber sie sind ebenfalls vom Theatervirus befallen und haben ihre erste Saison mit Bravour absolviert.
"Wir sind ohne irgendwelche Erwartungen gekommen, wurden gleich freundlich aufgenommen und fühlten uns sofort hier wohl", erklären beide übereinstimmend. "Wir waren positiv überrascht von der professionellen Ausrichtung des Theaters und einer der renommiertesten Bühnen in der Region. Wir haben Leute mit Erfahrung getroffen und kennen gelernt."
"Es ist eine einmalige Gelegenheit für alle, die entweder einmal Theaterluft schnuppern wollen oder schon einmal auf einer Laienbühne standen", ermutigt Florian, der familiär schon etwas vorbelastet ist: Sein Großvater Siegfried Heise stand bereits 1964 gleich in zwei Stücken auf der Naturbühne: Als König Basilius von Polen in "Das Leben ist ein Traum" und als Gerichtsdiener in "Don Gil von den grünen Hosen". Und sein Vater Uwe kümmerte sich jahrelang um die
Technik. Florian blickt schon etwas in die Zukunft: "Durch das Schultheater und die Naturbühne habe ich eine unheimlich große Leidenschaft für das Theater entwickelt. Ich könnte mir vorstellen, nach dem Abitur auch etwas in diesem Bereich zu studieren oder zu arbeiten." Paul: "Obwohl ich keine wirklich große Rolle hatte: Es hat sich auf jeden Fall gelohnt."
Und sie hatten so viel Spaß, dass sie auch dieses Jahr wieder dabei sind: Florian als junger Student in "Geschichten aus dem Wiener Wald" und Paul als Birk Borkasohn im Kinderstück. Das ist umso bemerkenswerter, als beide heuer ihr Abitur machen. Sie sind sich schon wieder einig: "Theater ist unser Hobby. Daran haben wir Spaß. Für uns ist das Entspannung und Erholung nach der Schule." Für Siegfried Küspert ist das ein gutes Beispiel dafür, dass man neben der Vorbereitung auf das Abitur auch noch Theater spielen kann.
"Ich habe größte Hochachtung vor den beiden Jungs. Wir wissen alle, dass Schule und Beruf immer Vorrang haben."
In einem weiteren Punkt stimmen alle vier jugendlichen Darstellerinnen und Darsteller überein: In der Methode, ihren Text zu lernen. Während manche dazu Ruhe brauchen und sich in ein stilles Kämmerchen zurückziehen, andere dagegen vier Wochen in den Urlaub fliegen und mit gelerntem Text zurückkommen, bevorzugen sie das "learning by doing", sie lernen am besten bei den Proben. "Vor allem bei Dialogen ist es immer gut, mit jemandem zu üben", ist Paul überzeugt. "Es ist ja so: Man muss nicht unbedingt den Text kennen, sondern den Inhalt, den man vermitteln möchte. Das ist nicht einfach stupides auswendig lernen, sondern total interessant, sich in jemand anderen hinein zu versetzen.
Dadurch bemerkt man auch mal andere Denkweisen und erweitert so seinen Horizont."
Florian ergänzt: "Das ist viel mehr als Text lernen. Man muss sich in gewisser Weise mit dem Charakter des zu Mimenden auseinandersetzen, wie er denkt und fühlt." Zustimmung erhalten beide von Sabrina: "Man kann nicht einfach seinen Text runterrasseln. Man muss auch wissen: Welche Person spiele ich in diesem Moment und wie ist die Person, die mir gegenübersteht, mit der ich spreche." Denjenigen, die deswegen Bammel vor dem Theater haben, weil sie Text lernen müssen, nimmt Paul diese Angst: Der Text kommt von selbst, wenn man sich mit der Rolle auseinandersetzt und wenn man spielt."
Wer Interesse hat und sich jetzt angesprochen fühlt, wendet sich an Vorsitzenden Siegfried Küspert (Telefon 09227/5910, Fax 09227/909036, E-Mail
vorstand@naturbuehne-trebgast.de).