Stadtsteinacher Pfarrgemeinde rettet ihr Juwel

3 Min
Die wertvolle Strebel-Orgel in der Stadtsteinacher Pfarrkirche St. Michael muss dringend überholt werden. Das seltene Instrument stammt aus dem Jahr 1911, die vorherige Orgel war einem Kirchenbrand zum Opfer gefallen. Fotos: Jürgen Stapf/Peter Müller
Die wertvolle Strebel-Orgel in der Stadtsteinacher Pfarrkirche St. Michael muss dringend überholt werden. Das seltene Instrument stammt aus dem Jahr 1911, die vorherige Orgel war einem Kirchenbrand zum Opfer gefallen. Fotos: Jürgen Stapf/Peter Müller
Die zweite Pfeifen-Etage
Die zweite Pfeifen-Etage
 
Ausschnitt des Spieltisches: Während eines Gottesdienstes ist im vergangenen Jahr das zweite Manual komplett ausgefallen.
Ausschnitt des Spieltisches: Während eines Gottesdienstes ist im vergangenen Jahr das zweite Manual komplett ausgefallen.
 
An den Orgelpfeifen im Schwellwerk sind die Schmutzablagerungen gut zu erkennen. "Das tut richtig weh", so Organistin Helfricht.
An den Orgelpfeifen im Schwellwerk sind die Schmutzablagerungen gut zu erkennen. "Das tut richtig weh", so Organistin Helfricht.
 
Auch in der Windlade hat sich Schmutz angesammelt.
Auch in der Windlade hat sich Schmutz angesammelt.
 
Die Pfeifen für das 1. Manual
Die Pfeifen für das 1. Manual
 
Basspedale: Auch manche tiefen Töne klingen unsauber.
Basspedale: Auch manche tiefen Töne klingen unsauber.
 
Pedalpfeifen
Pedalpfeifen
 
Der Blasebalg
Der Blasebalg
 
Organist Jürgen Stapf
Organist Jürgen Stapf
 
Cornelia Helfricht demonstriert das Potenzial und die Klangfülle der Stadtsteinacher Strebel-Orgel. Foto: Peter Müller
Cornelia Helfricht demonstriert das Potenzial und die Klangfülle der Stadtsteinacher Strebel-Orgel. Foto: Peter Müller
 
Schmutz und ein gerissenes Kabel
Schmutz und ein gerissenes Kabel
 
 
 
 
Pedalpfeifen
Pedalpfeifen
 
So sieht das Gebälk des Orgelhauses aus.
So sieht das Gebälk des Orgelhauses aus.
 

Die wertvolle Strebel-Orgel in der Kirche St. Michael muss überholt werden. Mit fünf Finanzierungs-Bausteinen soll es ein Projekt aller Bürger werden.

Gerade hat Cornelia Helfricht an der Orgel in der Stadtsteinacher Kirche Platz genommen. Sie stimmt die "Symphony for Organ No. 5 - V. Toccata" an und demonstriert den wunderbaren Klang des Instruments. Als sie die Register für Trompete und Zimbel zieht, schleichen sich einige Misstöne ein. Die sind freilich nicht musikalischem Unvermögen geschuldet, denn die 1960 in Coburg geborene Organistin der Pfarrgemeinde St. Michael hat nicht nur Klavier, Gesang und Violoncello studiert, sondern kann auch auf eine 20-jährige internationale Bühnenkarriere als Mezzosopranistin zurückblicken. Der Grund für die schiefen Töne liegt darin, dass das Instrument teilweise defekt ist.

Ungeachtet mehrerer Vorschläge, die über hundert Jahre alte Orgel auszumustern und durch eine neue zu ersetzen, hat sich ein großer Personenkreis um Pfarrer Wolfgang Eßel und den Pfarrgemeinderat dazu entschlossen, das Instrument zu retten.


Heute eine Million Euro wert

Ein wichtiges Mitglied dieses Gremiums ist neben Cornelia Helfricht auch Jürgen Stapf aus Kupferberg, der ebenfalls als Organist tätig ist und die kulturhistorische Bedeutung der Orgel betont. Diese wurde 1911 von der Nürnberger "Orgelbauanstalt" Strebel für rund 170 000 Mark errichtet. Bei der heutigen Kaufkraft entspräche dies etwa 900 000 Euro. Um die Orgel durch ein vergleichbares Instrument zu ersetzen, wären wohl über eine Million Euro nötig. Da Johannes Strebel 1909 verstarb, ist die Orgel von St. Michael womöglich das letzte Instrument, das er selbst geplant hat.

Die Gründe für die bereits im Herbst/Winter 2015 aufgetretenen Mängel - Cornelia Helfricht erinnert sich daran, dass während eines Gottesdienstes das zweite Manual sogar komplett ausfiel und die Orgel ausgeschaltet werden musste -, liegen darin, dass die letzte Grundreinigung vor gut 30 Jahren erfolgte und seit dem Jahr 2000 - auch aus finanziellen Gründen - kein Wartungsvertrag mehr besteht. Zudem wurde das Instrument auch nach der Kirchenrenovierung 2005 nicht gesäubert.


Irreparable Schäden drohen

Nach Meinung von Sachverständigen dürften in naher Zukunft irreparable Schäden auftreten, wenn nicht bald Nägel mit Köpfen gemacht werden. Laut Jürgen Stapf ist daran gedacht, die Helmbrechtser Firma Karsten Hörl Orgelbau mit der Überholung zu beauftragen. Hörl sei der Einzige gewesen, der dazu geraten habe, das Instrument zu retten. Im schlimmsten Fall würden die Kosten dafür rund 50 000 Euro betragen. Ein Unsicherheitsfaktor seien die elektrischen Arbeiten, die aber unabdingbar seien, um die Orgel brandschutztechnisch auf den neuesten Stand zu bringen. Das müsse aber die darauf spezialisierte Firma Laukhuff aus Weikersheim erledigen, da wegen der speziellen Bauteile örtliche Handwerker leider nicht berücksichtigt werden könnten.

Jürgen Stapf hat einen Finanzierungsplan mit fünf Bausteinen ausgearbeitet:
Eigenleistungen - sie sind wegen der erforderlichen Sachkenntnisse nur in Form von Handlangerdiensten möglich;
 Eigenanteil: Pfeifen- und Registerpatenschaften, notfalls Aufnahme eines Darlehens;
 Benefizkonzerte: Sie sollen das klangliche Potenzial der Orgel demonstrieren und so die Besucher ermuntern, für die Restaurierung zu spenden (Das erste Konzert fand am vergangenen Sonntag statt);
 Win-Win-Aktionen: Stadtsteinacher Unternehmen werden Produkte vorgeschlagen, mit denen sie die Instandsetzung der Orgel fördern können;
 Zuwendungen von staatlichen, kirchlichen und privaten Stellen werden beantragt.

Aufträge sind bislang nicht erteilt", betont Jürgen Stapf zum letztgenannten Punkt und verweist darauf, das noch Detailgutachten fehlen. Ohne die wären feste Zusagen an Firmen förderschädlich. Als Zuschussgeber denkt Stapf an den Freistaat (eine Stelle zur Förderung von Orgelrestaurierungen ist bei der Regierung von Niederbayern angesiedelt), die Oberfrankenstiftung, den Landkreis und die Stadt sowie Vereine oder Privatpersonen. Die Entscheidung über die finanzielle Realisierbarkeit des Vorhabens wird bis August fallen, denn zum Osterfest 2017 soll das Instrument repariert sein. Dann wird auch Pfarrer Wolfgang Eßel, übrigens ein Studienkollege des Organisten, ein großer Stein vom Herzen gefallen sein. Jürgen Stapf: "Er musste gleich in seinem ersten Amtsjahr in Stadtsteinach den Ausfall der Orgel erleben. Er hat auch schon die Gründung eines Orgelbauvereins angeregt."


Viele Konzerte geplant

Cornelia Helfricht will die Restaurierung nicht als "unser Projekt" wahrgenommen wissen, "nur weil wir die Organisten sind", sondern als Projekt aller Stadtsteinacher, denen der Wert dieses Orgel-Juwels bewusst gemacht werden müsse. Für sie steht auch fest, dass Stadtsteinach nach der Instandsetzung des Instruments zu einem Schwerpunkt der Kirchenmusik und der Kirchenkonzerte werden soll. Ideen dafür hat die seit drei Jahren in Stadtsteinach beheimatete Opernsängerin schon genug. Und weitreichende Kontakte, die sie in ihrer Zeit als Profimusikerin knüpfen konnte.

Doch das wäre schon wieder eine eigene Geschichte...