Staatsanwaltschaft entlastet Kulmbachs Oberbürgermeister Schramm

4 Min

Bisher war der Inhalt der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft in Sachen Ermittlungen gegen Henry Schramm nicht bekannt. Inzwischen liegt uns das Schriftstück vor. Es zeigt, dass die Ermittler mehr angeschaut hatten als bisher bekannt.

Sechs Seiten umfasst die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Bayreuth vom Rosenmontag. In einer Pressemitteilung hatte die Behörde zusammenfassend ihre Gründe dargestellt - und war dabei aus Gründen des Persönlichkeitsrechts nicht auf Details eingegangen. Inzwischen liegt unserer Redaktion die Verfügung vor - und zeigt, dass die meisten Vorwürfe von der Staatsanwaltschaft angeschaut worden waren.

Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Grundstückskauf in der Blaich

Untersucht wurden hier die Vorwürfe der Untreue und der Vorteilsannahme (Anzeige Hans Werther). Die Ermittlungen, so die Staatsanwaltschaft, hätten keinen Nachweis für die Beschuldigungen erbracht. Aus dem notariellen Kaufvertrag vom 10. April 2018 ergebe sich, dass die Städtebau die Anwesen Blaicher Straße 4 und Albert-Schweitzer-Straße 5 an den Kulmbacher Unternehmer für insgesamt 90.000 Euro verkauft habe. Der Sachverständige habe einen Wert von 87.000 Euro (50.000 und 37.000 Euro) ermittelt. Der von der Staatsanwaltschaft beauftragte Gutachter habe einen Wert von 89.000 Euro ermittelt (52.000 und 37.000 Euro). Die Staatsanwaltschaft schließt: "Der Verkauf vom 10.04.2018 (...) erfolgte somit zum Verkehrs-/Marktpreis." Und weiter: "Das (...) weiterverkaufte Grundstück Albert-Schweitzer-Straße 5 (...) wurde mit 37.000 Euro ebenfalls zum aktuellen Marktwert vom Beschuldigten erworben". Somit seien weder Stadt noch Städtebau ein Schaden entstanden, Schramm habe auch keinen persönlichen Vorteil erworben - und ein Gefälligkeitsgutachten scheide ebenfalls aus.

Vorwurf der Geldwäsche

Untersucht wurde hier der Vorwurf der Geldwäsche (Anzeige "Dagobert Duck"), da Henry Schramm das Grundstück bar bezahlt hatte. Laut einer Umsatzanzeige der Bank Schramms habe dieser das Geld am Tag des Notartermins abgehoben. Über eine Bafin-Auskunft (Bafin ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) konnte die Staatsanwaltschaft feststellen, dass das Konto, von dem die Abhebung stattfand, Henry Schramm alleine zugeordnet ist. Die Staatsanwaltschaft: "Anhaltspunkte, dass die 37.000 Euro aus einer Straftat stammen könnten, liegen nicht vor."

Vorwürfe im Zusammenhang mit weiteren Grundstückskäufen/Grundstücken

Untersucht wurde hier der Vorwurf, der Stadt/Städtebau sei durch einen Billig- bzw. Unterwertverkauf des Anwesens Jean-Paul-Straße 7 ein Schaden entstanden. Wie die Staatsanwaltschaft mitteilt, hat die C.P.A. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft , die seit 2007 damit betraut ist, den Jahresabschluss der Städtebau zu prüfen, sich zu den Vorwürfen geäußert und bestätigt, dass im Rahmen der Jahresabschlussprüfung unter anderem auch die Rechtmäßigkeit der Grundstücksgeschäfte geprüft werde. Hierzu würden auch die Gutachten und die Notarverträge angefordert. Der Städtebau sei in jedem Jahr - auch 2018 - der uneingeschränkte Bestätigungsvermerk erteilt worden. Auch das Rechnungsprüfungsamt der Stadt Kulmbach, für das die Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit im Vordergrund stehe, habe zu keiner Zeit in seinen Berichten an den Aufsichtsrat Beanstandungen und Bedenken zu den Grundstücksgeschäften geäußert.

Zur weiteren Prüfung hat die Staatsanwaltschaft Grundbuch und Grundbuchakten herangezogen. Daraus ergibt sich, dass der notarielle Verkauf des Grundstücks Jean-Paul-Straße 7 (Wohnhaus, Hofraum, Garten zu 862 Quadratmetern) an die Ehefrau Schramms zu einem Kaufpreis von 145.000 Euro am 30.10.2013 erfolgte. Am gleichen Tag erfolgte der Weiterverkauf an Henry Schramm. Schramm habe erklärt, dass er aus rechtlichen Gründen (Paragraf 181 BGB, der Insichgeschäfte verbietet - also Geschäfte, bei denen man in unterschiedlichen Rollen gleichzeitig Käufer und Verkäufer ist) den Kauf nicht habe durchführen können, dass er aber aus Transparanzgründen den Weiterverkauf an sich selbst habe beurkunden lassen. Die Staatsanwaltschaft dazu: "Hinreichende Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten des Beschuldigten durch den Kauf des Grundstücks über seine Ehefrau haben sich nicht ergeben."

Untersucht wurde auch der Kauf des Grundstücks Herbert-Hofmann-Straße 19 (Gebäude und Freifläche zu 363 Quadratmetern) und Nähe Herbert-Hofmann-Straße (Gebäude und Freifläche zu 543 Quadratmetern) durch Schramm am 22. August 2019. Genehmigt wurde der Kaufvertrag durch Bürgermeister Ralf Hartnack (WGK) - zu den Bedingungen, die der Stadtrat für das Baugebiet Forstlahm festgelegt hatte. Die Staatsanwaltschaft dazu: "Der Tatbestand der Untreue zum Nachteil der Stadt Kulmbach ist daher mangels Schadenseintritt ersichtlich nicht gegeben."

Die Staatsanwaltschaft prüfte auch die Umstände, unter denen Schramm in den Besitz weiterer Grundstücke kam (unter anderem Basteigasse, wo ihm ein Penthouse samt Terrasse und Garagenstellplatz gehören). In allen Fällen verneint die Staatsanwaltschaft Anhaltspunkte, die auf den Straftatbestand der Untreue hindeuten könnten.

Letztlich gibt die Staatswaltschaft in der Einstellungsverfügung auch eine Bewertung zu einem Sachverhalt ab, der in der öffentlichen Diskussion bisher keine Rolle gespielt hat. Dabei geht es darum, dass die Stadt Kulmbach einem Stadtsteinacher Bauunternehmer im Spiegel ein Grundstück trotz der auf dem Grundstück liegenden Belastungen über dem Bodenrichtwert abgekauft hat. Die Staatsanwaltschaft: "(Hier) ist ein strafrechtlich relevantes Verhalten des Beschuldigten nicht erkennbar."

Weitere Vorwürfe hinsichtlich Untreuehandlungen zum Nachteil der Stadt Kulmbach

Sanierung der Fassade Webergasse 13

In einer der Strafanzeige wurde dem Oberbürgermeister in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der Städtebau zur Last gelegt, dass die Fassade des Hauses Webergasse 13 saniert worden sei. Das Gebäude gehört dem Geschäftsführer der Städtebau, Simon Ries. Weil ein Nachbargebäude abgerissen wurde, das die Städtebau im Zuge der Sanierung des Eku-Platzes und des Baus eines Kreisels erworben hatte, sei es zu Beschädigungen an der Fassade gekommen. Es sei gängige Praxis, dass dies der Verursacher in Ordnung bringe.

Vorwurf Pflege des Privatgrundstücks Schramms durch den Bauhof

Der Leiter des Bauhofs der Stadt , der seit Oktober 2010 dort tätig ist, hat dies der Staatsanwaltschaft gegenüber zurückgewiesen. Er habe bestätigt, dass kein Bauhofmitarbeiter während der Dienstzeit Pflegearbeiten auf dem Grundstück des Beschuldigten durchgeführt habe.

Vorwurf Erledigung privater Bankgeschäfte und Steuererklärungen für die gesamte Familie Schramm

Schramm hatte der Staatsanwaltschaft gegenüber geltend gemacht, er habe dafür eine Steuerkanzlei. Der städtische Mitarbeiter habe seinerseits angegeben, dass er steuerliche Tätigkeiten gar nicht ausführen könne, weil er keine Kenntnis von der Materie habe. Er lege lediglich die ihm von Schramm ausgehändigten Unterlagen in Akten ab. In Ausnahmefällen tätige er nach Dienstschluss aus reiner Gefälligkeit für den Oberbürgermeister eine private Überweisung.

Vorwurf Nutzung privater Gutscheine und Privatessen auf Kosten der Stadt

Hier schreibt die Staatsanwaltschaft: "Soweit dem Beschuldigten in der vorgenannten Anzeige pauschal zur Last gelegt wird, er habe unendlich viele Privatgutscheine und verschiedene Privat-Essen auf dienstliche Essen bei der Stadt Kulmbach abgerechnet, fehlen diesbezüglich konkrete tatsächliche Anhaltspunkte, mit denen ein strafrechtlicher Verdacht und die Durchführung von Ermittlungen begründet werden könnten. Von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wird daher abgesehen."