Der 42-jährige Kulmbacher Christian Ehrenberg möchte am Sonntag nach einer schöpferischen Pause erneut in den Aufsichtsrat beim Zweitligisten 1. FC Nürnberg gewählt werden.
Christian Ehrenberg geht es wieder besser. Gesundheitliche Probleme hatten den 42-jährigen Kulmbacher vor einem Jahr zum Rückzug aus dem Aufsichtsrat des 1. FC Nürnberg gezwungen. "Ich habe über Jahre die Warnsignale meines Körpers ignoriert", ärgert sich Ehrenberg über sich selbst. Irgendwann forderte der gestresste Körper seinen Tribut, machten sich Herz- und Kreislaufprobleme bemerkbar. Inzwischen ist der selbstständige Musik-Manager, der sein Büro in der Fischergasse hat, wieder auf dem Damm. "Ich habe viel Ausgleich für Geist und Körper geschaffen." Und relativ schnell sei wieder der Wunsch gekommen, in den FCN-Aufsichtsrat zurückzukehren. "Weil mir die Arbeit sehr viel Spaß bereitet hat", sagt der eingefleischte Club-Fan, der 1983 als Zehnjähriger erstmals im Nürnberger Stadion saß.
Am Sonntag bei der Jahreshauptversammlung des 1.
FC Nürnberg ist der Kulmbacher einer von zwölf Kandidaten für vier Sitze im Aufsichtsrat (siehe auch Seite 21).
BR: Christian Ehrenberg, was hat Sie bewegt, noch einmal zu kandidieren?
Ehrenberg: Ich habe gemerkt, dass mir etwas gefehlt hat. Außerdem liegt mir der 1. FC Nürnberg eben sehr am Herzen. Und meinen elf Mitkandidaten sicher auch. Denn es ist nicht selbstverständlich, sich in der jetzigen schwierigen Situation für so ein Amt zur Verfügung zu stellen. Ich habe jedenfalls die Aufsichtsräte im letzten Jahr nicht beneidet.
In Ihrem Büro hängt das Diplom der Schalke-Akademie für einen Studiengang in Sportmanagement. Was hat es damit auf sich?
Ich wollte schon immer mehr wissen über die Branche.
Bei dem Seminar, an dem auch ehemalige Profis wie David Degen oder Trainer wie Jens Keller teilgenommen haben, ging um alles, was für das Management einen Profisportverein wichtig ist. Das beginnt bei den Finanzen und ging über Stadionbewirtschaftung hin zu Vereinsethik.
Wenn Sie auf ihre erste Zeit im Aufsichtsrat zurückblicken - was würden Sie jetzt anders machen?
Ich würde vielleicht die gleichen Entscheidungen treffen, aber sicher öfter mal meinen Mund aufmachen. Ich kam ja damals als Fan in das Gremium und habe gemerkt, wie wichtig es ist, Netzwerke aufzubauen und sich möglichst viel fußballspezifisches Wissen anzueigne. Ich glaube, dass ich Dinge jetzt besser entscheiden könnte als damals und habe fast das Gefühl, etwas gutmachen zu müssen.
Welche Schuld trägt der Aufsichtsrat an der jetzigen Krise des Vereins?
Zu den guten Zeiten, als der Club Sechster geworden ist, hat niemand an die 2. Liga gedacht. Das war ein Fehler. Ich erinnere mich, dass ich als Neuling im Aufsichtsrat mal gefragt habe, ob es nicht gut wäre, einen Plan zu haben, wenn wir mal zwei Jahre in der 2. Liga spielen würden. Damals wurde ich als Schlechtredner schief angeschaut. Jetzt sind wir dahin gekommen, aber halt ohne Konzept.
War denn der Club noch kein etablierter Bundesliga-Verein?
Wir mussten uns in der 1. Liga immer nach der Decke strecken. Wenn man ständig überpacen muss, um mitzuhalten, verliert man den Blick, den Verein abseits der Realität weiterzuentwickeln.
Welche Möglichkeiten hat denn ein Aufsichtsrat überhaupt?
Das Gremium ist dafür da, sich auf die
langfristigen Strategien zu konzentrieren, im Hintergrund zu arbeiten. Zuletzt musste sich aber der Aufsichtsrat zwangsläufig zu oft ins Tagesgeschäft einmischen. Mit den neuen Vorstandsmitgliedern Michael Meeske und Andreas Bornemann ist der Aufsichtsrat aber auf einem guten Weg, wieder Ruhe zu finden.
Was erwarten Sie sich von der Jahreshauptversammlung?
Ich bin selbst auch auf die finanzielle Situation beim Club gespannt. Und ich hoffe, dass es nicht wieder zu so einer extrem chaotischen Versammlung kommt wie im Vorjahr.
Der komplette Umbruch der Mannschaft nach dem Abstieg - war das nicht ein Riesenfehler?
Es hat die sportliche Leitung damals auch überrascht, dass so viele Spieler gehen. Aber wenn ein Spieler ein Angebot aus der 1. Liga bekommt, ist es eben schwierig, ihn zu halten. Was aber nicht verboten war, mit einem Rekordetat eine gute Truppe zusammenzustellen.
Das Mindestziel wäre gewesen, einen entwicklungsfähigen Kader hinzustellen, der zumindest im nächsten Jahr die Chance hat, aufzusteigen. Das ist nicht geglückt.
Was kreiden Sie dem ehemaligen Vorstand um Martin Bader an?
Die Kaderzusammenstellung 2014 war eine klare Zielverfehlung. Heuer ist aber einiges besser gemacht worden. Ich schätze Martin Bader sehr, habe ein persönlich gutes Verhältnis zu ihm. Aber bei den Spielen in Karlsruhe (0:3) und beim Pokal-Aus in Duisburg 2014 neben mir auf der Tribüne zu sitzen, war für ihn sicher kein Vergnügen.
Wohin wollen Sie mit dem 1. FC Nürnberg kommen?
Vorbilder für mich sind der SC Freiburg oder der FSV Mainz. Die gehen realistisch mit ihren Möglichkeiten um und haben ein klares Konzept.
So hat Mainz kürzlich einen Zehn-Jahres-Deal mit Vermarkter Infront über 260 Millionen Euro abgeschlossen. Trotzdem stellt sich der Mainzer Präsident Strutz hin und sagt, wir sind kein etablierter Erstligist. Dieser Realismus ist das, was dem FCN fehlt.
Muss man den Club-Fans das Träumen verbieten?
Nein, aber wir müssen den Verein unabhängig von Ergebnissen wieder erlebbarer machen. Im Verein hat man zuviel Angst vor der Erwartungshaltung des Anhangs. Dabei stehen die echten Club-Fans auch hinter dem Verein, wenn er nicht erfolgreich, aber dafür ehrlich ist. Wir müssen den Club unabhängig von der Liga langfristig entwickeln, auf Kernelemente wie die Jugend setzen.
Ich finde gut, dass Michael Meeske gesagt hat, dass er den Verein wieder besser in der Region verankern will.
Und muss beim Club nicht wieder mehr fränkisch gesprochen und mehr auf Talente aus der eigenen Jugend gesetzt werden?
Natürlich sollte unser Anspruch sein, dass die besten fränkischen Fußballer beim Club spielen. Aber leider sind das in Zeiten der Globalisierung des Fußballgeschäfts wohl Träumereien.