In der Regel verhalte ich mich als Autofahrer so wie man es tun sollte: rücksichtsvoll, defensiv, freundlich, zuvorkommend. Natürlich nervt auch mich manchmal der Schleicher, der konstant seine 65 Sachen fährt, egal ob in der Ortschaft oder außerhalb.
Natürlich rege auch ich mich hin und wieder auf, wenn der Großprotz seinen geländetauglichen Van partout nicht in die Parklücke kriegt und den ganzen Verkehr blockiert. Und natürlich kocht es auch in mir hoch, wenn mir jemand die Vorfahrt nimmt und mich zu einer Vollbremsung zwingt. Aber, wie gesagt, in der Regel lässt mich das kalt.
Und so könnte ich tagtäglich verzweifeln, wenn ich auf dem Weg zur Arbeit (oder noch schlimmer, nach Hause!) an der Großbaustelle bei Melkendorf im Ampelstau stehe. Ich tue es aber nicht. Ich nehm's gelassen und schaue mir seelenruhig die entgegen kommenden Autofahrer an, die endlich Grün haben und durch die Baustelle brettern. Das ist megaspannend.
Da gibt es die jungen Typen in den meist dunklen und tie fergelegten Kisten, die irgendwie verkrümmt irgendwo zwischen den Vordersitzen hocken und am Lenkrad vorbei auf die Straße kucken. Muss höllisch wehtun.
Und dann sind da die (tut mir leid!) meist weiblichen Fahrzeuglenker, die offenbar ihrem Freund per Handy mitteilen müssen, dass sie in zwei Minuten zu Hause sind. Manchmal sehe ich die Ellenbogen-aus-dem-Fenster-Strecker oder die Hut-auf-Kopf-Träger, hin und wieder die Kleine-Kinder-unangeschnallt-auf-dem Rücksitz-toben-Lasser. Da ist eine vierminütige Rot-Phase rum wie nichts. Probieren Sie's mal aus. Sie werden staunen.