"Es muss im Interesse der Stadt sein, so etwas am Eingang zur Innenstadt nicht abzureißen", so Kriest. Alter Backstein plus moderne, hochwertige Architektur - daraus könnte etwas Schönes entstehen. Sehr oft habe er zu hören bekommen, dass ein Totalabbruch abgelehnt wird.
Sorgen wegen Fledermäusen
"Mehr von der Optik erhalten" möchte Kerstin Fontana, "wenigstens die Backsteinfassade". Es gehe schließlich um ein Wahrzeichen Kulmbachs, sagt die junge Frau, die direkt nebenan wohnt. Außerdem fragt sie sich, was aus den streng geschützten Fledermäusen wird, die in dem Gemäuer leben und die sie fast täglich beobachtet.
Nach Angaben des Landratsamts ist ein Fledermausvorkommen zwar nicht offiziell registriert. Es sei aber sehr wahrscheinlich, dass dort Fledermäuse anzutreffen sind. Sollten diese durch den Abbruch gefährdet sein, so müsse bei der Höheren Naturschutzbehörde an der Regierung von Oberfranken eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung beantragt werden. Dann würden Auflagen zur Abrisszeit oder zu Ersatzhabitaten gemacht.
Vorbehalte gibt es ferner wegen der Neubaugestaltung ("einfallslos") und wegen der möglichen Verschärfung der Parkplatzsituation. Von Nachbarn werden Bedenken geltend gemacht, dass der Rehberghang unterhalb der Karl-Jung-Straße rutschen könnte - wie schon damals beim Bau des Parkhauses in der Basteigasse.
Augenlaser bei der Außenmauer
Probleme beim Abbruch erwartet Guido von Stephani, dessen Gebäude in der Pestalozzistraße 1 eine gemeinsame Außenmauer mit der alten Mälzerei hat. Es werde "eine riesen Staub- und Dreckbelästigung" geben. Es müsse aber gewährleistet sein, dass das Orthopädie- und Sanitätshaus ungehindert erreichbar ist und der Augenarzt operieren kann: "Der Laserraum ist direkt bei der Außenmauer."
Weiter betont Stephani, "dass der Hang gestützt werden muss". Grundsätzlich bezeichnet er es jedoch als Gewinn, wenn hier investiert wird: "Kulmbach erwacht aus dem Dornröschenschlaf."
Charme und Identität
Welchen Wert und welche Bedeutung hat ein altes Gemäuer aus rotem Backstein wie die Mälzerei Müller? Eine Frage, die ein Experte beantworten muss. Wir zitieren deshalb Professor Martin Schirmer, Architekt und Stadtplaner aus Würzburg. Er stellte dem Stadtrat im Februar seine Planung für den Uni-Campus vor und hielt ein starkes Plädoyer für die Erhaltung des Güterbahnhofs.
Seine Argumente können eins zu eins auch für die Mälzerei Müller (ursprünglich Neubau der Petzbräu, die vorher in der Buchbindergasse war) gelten - man muss nur den Namen austauschen: Das stadtbildprägende Gebäude steht ebenfalls für die Industrialisierung Kulmbachs im 19. Jahrhundert und Anfang des 20. Jahrhundert und für die damalige Gründerzeit. "Die Erinnerung an das, was einmal war, schafft Identität", sagte Schirmer. Auch das Gebäude in der Pestalozzistraße 3 könnte mit einer schicken neuen Nutzung - hier Studentenwohnheim - einen unübertrefflichen Charme ausstrahle, wie er mit einem Neubau nie zu erreichen ist.
Der Stadtrat hat das letzte Wort
Über das Riesenprojekt in der Pestalozzistraße 3, das das Gesicht eines ganzen Stadtviertels verändern wird, hat der Stadtrat öffentlich noch nicht beraten. Den Gang der Dinge erläutert auf Anfrage Stadtsprecher Simon Ries.
Das Vorhaben wurde im Februar 2018 als eines von mehreren Wohnbauprojekten vorgestellt und vom Stadtrat grundsätzlich als "weiterverfolgenswert" (Ries) eingestuft worden. Damals war aber nur von 60 Wohnungen die Rede - jetzt sollen es 160 werden.
Ein Signal für den Investor
Im Nachgang stellte der Investor eine Bauvoranfrage. Auf dessen Wunsch, so Ries, sei das Thema im Juni - also vor einem Jahr - nicht öffentlich behandelt worden. "Dies ist ein nicht unübliches Vorgehen", stellt der Stadtsprecher fest. Berechtigte Geheimhaltungsgründe gebe es unter anderem dann, "wenn - wie in diesem Fall - durch ein Öffentlichmachen der konkreten Planungen Auswirkungen auf die Grundstücksverhandlungen zu befürchten gewesen wären. Ohne eine Aussicht, auch bauen zu können, hätte der Investor das Grundstück aber wohl nicht für eine erhebliche Summe gekauft." Der Stadtrat habe den Vorbescheidsantrag einstimmig genehmigt, um ein Signal zu geben für eine Investition in der seit Jahrzehnten leerstehenden Brache. Sobald der Investor die noch fehlenden Unterlagen - unter anderem zu nachbarschutzrechtlichen Belangen - eingereicht hat, werde der Stadtrat öffentlich über die Baugenehmigung beraten und entscheiden. In der Sitzung am 6. Juni voraussichtlich aber noch nicht.
Bei allen Respekt für einen Investor, das er ein solches Gebäude/Gelände mit dem Wissen erwirbt, das das keine leichte Bauaufgabe wird, ist aber deutlich erkennbar, das es nur um "Gewinn machen" geht. Einen solch m.E. häßlichen Neubau hinzustellen ist ausschließlich der Gewinnoptimierung geschuldet. Ohne jegliche Rücksicht auf die Umgebung und ohne Bezug zur Umgebung. Dazu eine Masse an Wohneinheiten, welche wahrscheinlich auch ein Umdenken von anderen Investoren nach sich zieht. D.h. weitere kleinere Wohn-Objekte, die zu unserer Stadt passen, dürften sich erledigt haben. Für Studenten, die ein paar Jährchen in Kulmbach wohnen geht es um günstige Studentbuden, da spielt die Optik keine große Rolle. Für uns Kulmbacher sollte es aber auch um eine nachhaltige Gestaltung gehen. Wenn überhaupt noch möglich müsste hier die Stadtverwaltung in Verbindung mit dem Stadtrat alle Möglichkeiten nutzen, um den "Block" zumindest in gestalterischer Hinsicht zu verbessern. Aber nicht wie seinerzeit bei KDM einfach nur ein paar Pflanzkübel an die Fassade hängen, und schon ist alles erledigt. Den Erfolg konnte man jahrelang besichtigen.
Zu befürchten ist auch, das der unter Denkmalschutz stehende Turm mangels jahrzehntelanger Pflege (meterhohe Birken an den Fassaden, undichte Abdichtungen,..) wegen unverhälnismäßiger Kosten "(nicht rentabel)" aus der Liste genommen wird.
Außerdem gibt es der Altstadt zig viele Wohnungen die mit eventuellen kleinen Baumaßnahmen zu Studentenbuden herzurichten wären, das würde für eine Belebung der Innenstadt sorgen, dann wären die Eigentümer auch in der Lage ihre Gebäude insgesamt herzurichten, was wiederum das Stadtbild verbesseren dürfte.