Am Fuß des Frankenwalds sollen sieben 200-Meter-Windräder gebaut werden. Ob's dafür eine Genehmigung gibt, wollen die Landratsämter Kulmbach und Kronach bis zum Jahresende entscheiden. Eine Bestandsaufnahme.
Verhältnisse wie im Küpser Ortsteil Hain (Landkreis Kronach) gibt es in Rugendorf nicht. Dort ist die Bevölkerung dermaßen zerstritten, dass sogar die Dorf kerwa abgesagt worden ist. Der Grund: Bei Hain sollen fünf Windräder gebaut werden, fünf 200 Meter hohe Anlagen. Hier, in Rugendorf und seinen Ortsteilen, herrscht weitgehend Ruhe. Gleichwohl sind im Hintergrund - ohne Öffentlichkeit - weit reichende Planungen im Gang.
Auch am Fuße des Frankenwalds sollen sieben Wind energieanlagen entstehen - vier im Bereich zwischen Eisenwind und Wötzelsdorf sowie drei auf der Fichtichhöhe zwischen Esbach und Feldbuch. Deren Bau hat die Windstrom Rugendorf GmbH & Co KG beantragt. Dahinter steht das Forchheimer Unternehmen Naturstrom AG, das von den Grundstückseigen tümern die Flächen pachtet.
Zwei Landratsämter zuständig
Die Bauanträge liegen bei den Landratsämtern Kulmbach und Kronach, die ein aufwendiges Genehmigungsverfahren durchzuführen haben. Kulmbach ist zuständig für die drei Windräder auf der Fichtichhöhe (Stadtgebiet Kulmbach) und die Anlage bei Eisenwind (Gemeindegebiet Rugendorf), Kronach für die drei Rotoren im Bereich Rugendorf-Wötzelsdorf (Marktrodach, Kronach und Weißenbrunn).
Entschieden ist beim Windpark Rugendorf zwar noch nichts, aber die Verfahren sind weit gediehen. "Die vollständigen Unterlagen zur Einleitung des Genehmigungsverfahrens lagen Ende Januar vor", betont Hans-Dieter Vießmann, stellvertretender Abteilungsleiter für Bauwesen und Umwelt am Landratsamt Kulmbach.
Wieder der Schwarzstorch
Eine Verzögerung ist eingetreten, weil Naturschutz-Aspekte genauer geprüft werden mussten. "Mit den Nachkartierungen im Sommer ist ein neutrales Gutachterbüro beauftragt worden", versichert er. Die Ergebnisse sollen nächste Woche vorliegen. Im Wesentlichen geht es - wie bei den geplanten Windparks auf der Kirchleuser Platte - um den Schwarzstorch und andere geschützte Vogelarten.
"Zum jetzigen Zeitpunkt kann man noch keine Aussage über die Genehmigungsfähigkeit der Anlagen treffen. Wir müssen das Naturschutzgutachten, abgestimmt mit der Regierung von Oberfranken, bewerten. Dann wird man sehen, was rauskommt", so Vießmann. Nach seinen Worten ist das Landratsamt bestrebt, das Verfahren bis spätestens Ende des Jahres abzuschließen.
Zuvor werde man auch noch einmal an die Stadt Kulmbach herantreten und bitten, ihre ablehnende Haltung zu dem Projekt zu überdenken. Rugendorf habe inzwischen sein Einvernehmen erteilt, weil die eine Zufahrt nicht mehr durch Eisenwind gehen soll. Unproblematisch sei der Abstand zu Eisenwind. Die im Regionalplan vorgesehenen 700 Meter zu Dorf- und Mischgebieten werden eingehalten. Auch laut dem amt lichen Lärmgutachten des TÜV werden alle Vorgaben erfüllt.
Kommt 10 H ins Gesetz?
Zur Frage, ob der Investor Erweiterungsmöglichkeiten hätte, erklärt Vießmann, dass wohl keine 200-Meter-Windräder mehr gebaut werden, wenn der Freistaat Bayern wie angekündigt auch innerhalb der Vorrangfläche die 10 H-Regelung - die zehnfache Höhe der Anlage als Mindestabstand zur nächsten Siedlung - einführt. "Genaues kann man erst sagen, wenn das Gesetz vorliegt, das im November kommen soll."
Über die Höhe möglicher Ausgleichszahlungen muss ebenfalls erst noch entschieden werden. Hier geht es um die Eingriffe in die Natur und die Landschaftsbildbewertung. "Solche Zahlungen können durchaus bei 100 000 Euro oder in besonders exponierten Gebieten auch darüber liegen", so Vießmann. Bei den - bereits genehmigten - vier Kasendorfer Anlagen sind es pro Windrad zwischen 70 000 und 79 000 Euro.
Nicht ganz einfach ist offenbar die Zufahrt, die - wie bei den Windparks Hain sowie Schimmendorf Nord und Nord-Ost auf der Kirchleuser Platte - über die Autobahn bis Neudrossenfeld und auf der B 85 geplant ist. Es geht durch Kulmbach und Kirchleus bis zur Abzweigung nach Gössersdorf, dann weiter Richtung Wötzelsdorf und schließlich auf Wald- und Feldwege (siehe Karte), die ausgebaut werden müssen.
Schwierige Zufahrt
"Die Zufahrt mit bis zu 67 Meter langen Lkw ist nie einfach. Wir sind da in Gesprächen mit den Gemeinden und Landratsämtern", heißt es bei der Naturstrom AG in Forchheim. "Die Erschließung wird derzeit noch geprüft", meint dazu David Müller, Jurist am Landratsamt Kronach.
Bei sieben Windkraftanlagen kommt ein erheblicher Baustellenverkehr auf die idyllische Gegend zu. Eine Vielzahl von Schwertransporten für die Rotorblätter, für die weiteren Bauteile der Windräder, für den Transport der Baukräne sowie für den Bau der Fundamente. Die Folge ist eine industrialisierte Landschaft.
Auch bei den drei Kronacher Windrädern werden derzeit die Träger öffentlicher Belange gehört. Dabei hat die Stadt Kronach - wie Kulmbach - ihr Einvernehmen verweigert. Bedeutende Vogelzugkorridore im Sinne des Bayerischen Wind erlasses sowie FFH-Gebiete, so Müller, seien nicht betroffen. Zum weiteren Vorgehen sagt er: "Es ist beabsichtigt, noch in diesem Jahr eine Entscheidung zu treffen."
Information, wenn's zu spät ist?
Genaues weiß man also noch nicht. Aber möglicherweise bekommen die Rugendorfer demnächst doch noch Informationen aus erster Hand. "Grundsätzlich machen wir immer Informationsveranstaltungen, bevor gebaut wird", betont man bei der Naturstrom AG. Vorher hätte es wenig Sinn gemacht, "weil solche Windpark-Planungen über mehrere Jahre laufen und sich da viel ändern kann". Aber dann ist es für diejenigen, die nicht wollen, dass ihre Heimat durch die weithin sichtbaren Rotoren entstellt wird, und nach deren Ansicht die Harmonie der Landschaft zerstört wird, zu spät.
Naturstrom AG
Das 1998 gegründete Forchheimer Unternehmen beliefert rund 240 000 Kunden in Deutschland mit Ökostrom. 170 Mitarbeiter planen Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien und betreiben unter anderem 129 Photovoltaik-, 44 Windenergie-, 18 Biomasse- und fünf Wasserkraftanlagen.
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