Bald ist Februar, der Frühling naht mit Riesenschritten. Frühjahrszeit ist Autozeit. Viele denken jetzt daran, sich einen neuen fahrbaren Untersatz anzuschaffen. Tipps dazu geben unter anderem die Automessen, etwa die in Detroit, die am Sonntag zu Ende geht.
Wer heuer gedacht hatte, dass die geneigten Kaufinteressenten mit innovativen Produkten aus der Umweltschutz-Ecke überhäuft werden, sieht sich getäuscht - dem niedrigen Spritpreis sei Dank. Nach dem Motto "Hubraum ist durch nichts zu ersetzen, außer durch mehr Hubraum" (und ein paar PS, bitteschön!), fahren die Hersteller ihre Protzkarren vor und lassen Männerherzen höher schlagen.
Kein Wunder, denn die E-Mobilität steckt halt noch zu tief in den Kinderschuhen, vor allem finanziell. Wer kann schon widerstehen, wenn er für den Preis eines BMW i3, der ohne Steckdose im Winter nach 150 Kilometern stehen bleibt, einen satt blubbernden V8-Mustang mit über 400 PS bekomm? Über 40 Riesen für eine Kiste, die im Prinzip nur als Zweitwagen taugt? Nein danke!
Gewundert habe ich mich bei einem Fernsehbeitrag aus Detroit allerdings über die Aussage eines Amerikaners, der allen Ernstes behauptete, er könne sich wegen des billigen Benzins jetzt endlich wieder einen großen Truck leisten. Hallo? Auch wenn der Liter Super in den USA derzeit billiger ist als eine Flasche Trinkwasser, werden die Dollarnoten wohl nicht von alleine auf dem Konto wachsen.
Trotzdem: Let's the good times roll - zumindest bis zur nächsten Benzinpreiserhöhung. Und die kommt so sicher wie das Amen in der Kirche.
Im Durchschnitt steht ein Pkw täglich mehr als 23 Stunden - nicht im Stau, sondern auf einem Parkplatz, in der Garage oder am Straßenrand. Weshalb soll da ein Wagen, der 150 km - die Zahl ist eh schon längst überholt - Reichweite hat, nur als Zweitvehikel taugen?
Die Hälfte aller Autofahrten ist spätestens nach rund 5 km zu Ende, etwa 90 % nach 10 km. Da sind zwei Tonnen Leermasse und 400 PS natürlich die angemessene Ausstattung. Wie klein muß ein Großhirn sein, um so zu "denken"?
Richtig ist, daß das Elektroauto nicht die Massenalternative ist, sein kann und sein darf. Mit Ausnahme der anderen Antriebsart und der geringeren Lärmemissonen zieht es alle negativen Folgen des motorisierten Individualverkehrs nach sich: unwirtliche Städte, immenser Flächenverbrauch, hohes Unfallrisiko, Zerstörung und Zerschneidung der Landschaft, ... . Die Abhängigkeit vom Öl wird durch die Abhängigkeit von seltenen Erden (Batterie, Elektronik) ersetzt. Die Schadstoffe entstehen nur an anderer Stelle.
Alternative zum bisherigen Verkehrssystem kann nur sein: Der Umweltverbund, die intelligente Vernetzung von Bahn, Bus, Fahrrad und Gehen, bildet das Rückgrat der Mobilität. CarSharing deckt die meisten verbleibenden Lücken ab. Natürlich wird es dann nicht mehr möglich sein, eine Siedlungspolitik zu betreiben, welche sich verstreut in der Fläche breitmacht und lange Wege erfordert. Es ist eben Intelligenz gefordert - wir sind wieder beim Großhirn angekommen.
Das derzeitige Überangebot an Öl auf dem Weltmarkt resultiert zu einem erheblichen Teil aus Fördertechniken (Fracking, Ölsande und -schiefer, ...), deren Umweltauswirkungen noch grauenhafter sind als die der "gewöhnlichen" Gewinnung. Doch auch das wird die Reichweite der begrenzten Vorräte nur unwesentlich erhöhen. Je eher das erkannt wird, je eher Konsequenzen eingeleitet werden, desto länger reichen sie, desto weniger gravierend und schmerzhaft werden die erforderlichen Eingriffe sein müssen.