Protokoll eines stillen Morgens

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Foto: Kai Remmers/dpa
Foto: Kai Remmers/dpa

In diesen Tagen - "zwischen den Jahren", wie man so schön sagt - geht es selbst in einer Zeitungsredaktion nicht ganz so hektisch zu wie sonst. Es macht also nichts, wenn ich ausnahmsweise einmal ein bisschen später mit der Arbeit beginne als üblich. Am Abend stelle ich den Wecker um und freue mich auf eine halbe Stunde mehr Schlaf.

5 Uhr: Ich werde kurz wach, sehe durch mein Schlafzimmerfenster einen nebelverhangenen abnehmenden Mond und freue mich - der Nebel schluckt die morgendlichen Geräusche der nahen Bundesstraße und sorgt für Ruhe. Genussvoll kuschle ich mich noch einmal ganz fest unter die Bettdecke.
5.30 Uhr: Jemand kratzt direkt unter meinem Schlafzimmerfenster die Scheiben seines Autos frei. Nach einigen Minuten fährt er (oder sie?) davon. Der Keilriemen müsste mal nachgespannt werden...
5.50 Uhr: Ein Auto fährt in unsere Straße, bleibt mit laufendem Motor stehen. Mehrfaches Quietschen von Tür-Angeln und das scheppernde Geräusch von Briefkastenklappen sagen mir, dass die Zeitung geliefert wird.
6.05 Uhr: Der Hund in der Nachbarstraße bellt sich die Seele aus dem Leib.
Vermutlich ist der Zeitungsausträger jetzt dort unterwegs.
6.10 Uhr: Ein Auto mit Martinshorn nähert sich aus Richtung Stadt und stoppt gefühlte zwei Meter neben meinem Bett. Der Doktor, der zwei Straßen weiter wohnt, hat wohl Notdienst.
6.30 Uhr: Meine Nachbarin kommt von der Nachtschicht und rangiert das Auto in die Einfahrt. - Üblicherweise würde ich jetzt aufstehen. Aber ich will ja ausschlafen.
6.47 Uhr: Ein hohes, piepsendes Geräusch und ein dumpfes Rattern kommen immer näher. Die Müllabfuhr ist am Werk. Nun stehe ich trotzdem auf. Hat ja alles doch keinen Sinn!
8.45 Uhr: Ich sitze in der Redaktion - nur wenig später als sonst auch. Die Kollegen lassen sich heute Zeit - wenn sie nicht ohnehin Urlaub haben. Um mich herum ist es wunderbar ruhig. So ruhig wie sonst selten! Wie ich die Stille an diesen Morgen "zwischen den Jahren" doch genieße!