Poststreik: Unternehmen sucht Aushilfen per Flyer

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Mit diesem Flyer wirbt die Deutsche Post AG Aushilfs-Austräger für die Bayreuth-Niederlassung an. Die Wurfsendung fanden viele Kulmbacher in ihren Briefkästen. Foto: Jochen Nützel
Mit diesem Flyer wirbt die Deutsche Post AG Aushilfs-Austräger für die Bayreuth-Niederlassung an. Die Wurfsendung fanden viele Kulmbacher in ihren Briefkästen. Foto: Jochen Nützel

Rekrutierung durch den Briefkastenschlitz: Der Konzern wirbt per Wurfsendung Austräger-Aushilfen für die Niederlassung in Bayreuth an, denn nach drei Wochen Streik blieb viel liegen. Der Flyer landete auch in Kulmbachs Haushalten.

Diese Sendung kam immerhin an. Am Wochenende landete bei vielen Kulmbachern ein Flyer der Deutschen-Post-Niederlassung Bayreuth im Briefkasten. In schwarzen Lettern steht "Aushilfen gesucht" auf dem Papier. Konkret: Die Post sucht "Austräger für Briefe und Pakete", in Voll- oder Teilzeit, zu einem Stundenlohn von 11,78 Euro. Auf dem Zettel sind auch zwei Info-Telefonnummern angegeben. Die BR hat wiederholt dort angerufen - aber entweder ist der Anschluss dauerbelegt oder es nimmt niemand ab.

Aktion des Bayreuther Stützpunkts

"Ich bitte um Verständnis dafür, denn die Mitarbeiter dort müssen in der aktuellen Situation noch an anderen Baustellen aushelfen", sagt Erwin Nier, Pressesprecher der Deutschen Post in München. Die Flyer-Aktion sei eine Initiative der Bayreuther Niederlassung - aber so ungewöhnlich sei sie nicht: "Alle Jahre wieder zu Weihnachten und vor den Sommerferien suchen wir Studenten und auch Abiturienten als Aushilfen. Diesmal sind wir eben früher dran wegen der verschärften Situation durch den Ausstand", bekundet Nier.

Wie viele Interessenten es aus Kulmbach gebe, könne er nicht sagen. "Einzelzahlen sind nur schwer einzuordnen. Die allgemeine Beschäftigungslage ist aber so schlecht nicht, auch das hat Einfluss darauf, wie viele sich bei uns bewerben." Allerdings steige die Nachfrage der Post nach Aushilfen nicht zuletzt wegen der durch den Streik angestauten Urlaubstage. "Viele Kollegen konnten nicht wie geplant frei nehmen, da verschiebt sich das Problem nach hinten."

Der Streik bei der Post - er geht in die vierte Woche und nun offenbar in die nächste Verhandlungsrunde. Während das Unternehmen die durch den Ausstand gerissenen Personallücken unter anderem durch Aushilfen zu füllen sucht, hat die Gewerkschaft Ver.di den Konzern zu neuen Gesprächen aufgerufen. Nun wollen beide Seiten heute und morgen wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren.

Ver.di hofft auf neue Gespräche

Gestern bereits hatte die Gewerkschaft in Altenplos zum Streik-Stammtisch eingeladen - und rund 250 Postmitarbeiter aus den Bereichen Kulmbach, Bayreuth und Hof nahmen teil. "Die Stimmung ist nach wie vor gut", sagt Matthias Than. Der stellvertretende Vorsitzende der Ver.di-Betriebsgruppe Bayreuth hoffe, dass die neu anberaumten Gespräche zu einem tragfähigen Abschluss führen. Ver.di will, dass die Deutsche Post ihre Entscheidung vom Januar zurücknimmt. Die Post hatte 49 Regionalgesellschaften mit dem Namen Delivery GmbH gegründet. Dort werden seit April Paketboten zu den Bedingungen des Logistiktarifvertrags beschäftigt - und erhalten damit rund 20 Prozent weniger Lohn.

Was die erwähnte Rekrutierung von Aushilfen angeht, so äußert Than durchaus Verständnis für das Unternehmen. "Es ist nicht ungewöhnlich, dass der Arbeitgeber versucht, die aufgelaufenen Rückstände aufzuarbeiten. Wir als Arbeitnehmervertretung können und wollen das nicht verurteilen." Ver.di werte diesen Vorstoß der Post auch als Hilferuf. "Es scheint, dass der Arbeitskampf Wirkung zeigt." Die von der Post angebotenen 11,78 Euro Stundenlohn seien das Grundein stiegsgehalt für Mitarbeiter mit befristeten Verträgen.
Was die Gewerkschaft jedoch scharf verurteilt, ist laut Tham der erneute Sonntagseinsatz. "Wir lehnen die Sonntagsarbeit strikt ab, das ist ein schlechter Zug der Post." Ver.di wolle sich mit seinen Vertretern bei den beteiligten Zustellstützpunkten postieren und so auch gegenüber den Streikbrechern Flagge zeigen. "Diejenigen, die am Sonntag Dienst verrichten, sind vielleicht von ihren Vorgesetzten gedrängt oder mit Lockangeboten bedacht worden - aber letztlich steht fest: Sie tun es auf freiwilliger Basis. Sie sollen dann aber auch ihren Kollegen in die Augen schauen müssen."
Die Post will nach Unternehmensaussage an der Sonntagszustellung festhalten und sieht die Maßnahme vor dem Hintergrund des Arbeitszeitgesetzes als rechtens an. Das Gesetz kann Betrieben Ausnahmen gewähren, wenn die Arbeit nicht werktags zu erledigen ist. Die Post verweist auf eine Stellungnahme des bayerischen Arbeitsministeriums, das eine gesonderte Bewilligung solcher Maßnahmen für nicht erforderlich hält.
In anderen Bundesländern sieht das offenbar anders aus. In Hamburg etwa hatte die Verbraucherschutzbehörde mitgeteilt, die Post müsse um eine Ausnahmegenehmigung ersuchen. Diese sei aber nicht beantragt worden - und wenn es den Antrag gäbe, würde ihn die Behörde nicht genehmigen.

Uni zeigt bei Anmeldefrist Kulanz

Betroffen vom Poststreik sind viele - vor allem jene, die Auftragsangebote und Rechnungen verschicken müssen wie Handwerker oder Fristen beachten wie Anwälte. Jetzt könnte es auch für angehende Studenten knapp werden, denn: Wer noch in diesem Wintersemester ein Studium an einer deutschen Universität beginnen möchte, muss sich bis zum 15. Juli bewerben. Und zwar schriftlich.
Die Hochschule in Bayreuth teilte gestern auf BR-Anfrage mit, man werde prinzipiell am Datum 15. Juli festhalten. Allerdings würden auch Bewerbungen noch akzeptiert, die sichtbar rechtzeitig auf die Reise geschickt wurden, aber durch den Poststreik verspätet bei der Hochschule ankamen.
Abiturienten, die bei allen Unwägbarkeiten auf Nummer sicher gehen wollen, sollten ihre Bewerbungen entweder persönlich abgeben oder per Expressbrief versenden; diese Sendungen sind von streikbedingten Verzögerungen nicht betroffen. Gleiches gilt für Studierende, die fristgerecht ihre Bescheinigungen etwa beim Bafög-Amt oder der Krankenversicherung einreichen müssen.