Nach dem Urteil gab es Tränen und Protest

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Am Landgericht Bayreuth wurde ein früherer Schulbusfahrer zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Foto: Archiv/Stephan Tiroch
Am Landgericht Bayreuth wurde ein früherer Schulbusfahrer zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Foto: Archiv/Stephan Tiroch
Verteidiger Frank Stübinger geht mit seinem Mandanten in Revision.
Verteidiger Frank Stübinger geht mit seinem Mandanten in Revision.
 
Vorsitzender Richter Alois Meixner hatte an der Schuld des Angeklagten keine Zweifel.
Vorsitzender Richter Alois Meixner hatte an der Schuld des Angeklagten keine Zweifel.
 

Der Busfahrer, der wegen schweren sexuellen Missbrauchs verurteilt worden ist, muss vier Jahre in den Knast. Gegen das Urteil legt die Verteidigung Revision ein. Rechtsanwalt Frank Stübinger fährt schwere Geschütze auf.

Vier Jahre Gefängnis lautet das Urteil im Prozess gegen den 41-jährigen früheren Schulbusfahrer, der, davon ist die Strafkammer des Bayreuther Landgerichts überzeugt, ein Mädchen in vier Fällen schwer sexuell missbraucht hat. Das Urteil wurde am Montag gegen 21 Uhr zu ungewohnt später Stunde gefällt und sorgte im Sitzungssaal für dramatische Szenen. Es flossen Tränen. Die Ehefrau des Busfahrers war dem Zusammenbruch nahe, und ein weiteres Familienmitglied protestierte lautstark gegen die Haftstrafe. Dieses wollte nicht akzeptieren, dass der Weg des 41-Jährigen vom Gerichtssaal nicht in die Freiheit, sondern direkt nach St. Georgen führte. Zwei Streifenwagen warteten schon vor dem Gericht. Die Beamten brachten den Mann in die Justizvollzugsanstalt.

Die Richter sahen es als erwiesen an, dass sich der Mann zwischen September und November 2011 vier Mal an einem damals 13-jährigen Mädchen vergangen hat.
Tatorte waren die Schulbusse, die der Mann in Waldstücke oder auf Parkplätze gesteuert hatte. Der 41-jährige beteuerte bis zum Ende des Verfahrens seine Unschuld.
Das Verfahren zog sich hin, ehe die Berufsrichter Alois Meixner und Jochen Götz sowie zwei Schöffen am vierten Verhandlungstag gegen 20 Uhr zur Urteilsverkündung den Sitzungssaal betraten. Vier Stunden lang waren zuvor noch einmal Zeugen und auch der Angeklagte ausführlich vernommen worden.


Zeuge in Handschellen abgeführt

Zu einem Paukenschlag war es nach der Vernehmung eines 21-jährigen Mazedoniers gekommen. Der weitläufige Verwandte des Angeklagten war eigens aus seiner Heimat nach Deutschland gebracht worden, denn er sollte den 41-Jährigen zumindest für einen der Tattage entlasten. Das tat er auch, doch ließ Staatsanwalt Michael Hofmann den Zeugen wegen des Verdachtes der Falschaussage festnehmen. Für den Staatsanwalt war klar, dass der Angeklagte und sein Verwandter die Aussage abgesprochen hatten. Der Mann wurde in Handschellen abgeführt.

Zu Tränen und lautstarken Unmutsäußerungen seitens der Familie des Angeklagten kam es dann nach der Verkündung des Urteils, zumal der Vorsitzende Richter Alois Meixner einen sofortigen Haftbefehl wegen Fluchtgefahr erließ. Wäre es nach dem Staatsanwalt gegangen, dann wäre der Angeklagte zu fünf Jahren und vier Monaten verurteilt worden. Dem schloss sich auch die Nebenklagevertreterin an, Rechtsanwältin Krisztina von Imhoff aus Coburg als Vertreterin des Opfers. "Ein 14-jähriges Mädchen denkt sich so etwas nicht aus", waren sich die beiden einig. Der Angeklagte sei überführt, die zweifellos vorhandenen Schwärmereien des Mädchens für den Busfahrer seien kein Entschuldigungsgrund.


"Keinen objektiven Beweis"

Schwere Geschütze fuhr Verteidiger Frank Stübinger aus Kulmbach auf. Es gebe keinen einzigen objektiven Beweis für sexuelle Handlungen seines Mandanten an dem Mädchen, sagte der Rechtsanwalt und forderte Freispruch. Stübinger legte eine ganze Liste von Ungereimtheiten vor, die seinen Mandanten entlasten sollten. Laut einer Streckenanalyse seien zeitlich gar keine Pausen möglich gewesen, um die vorgeworfenen Taten zu begehen. Es habe keinerlei Kommunikation per Handy, Mail oder Facebook zwischen dem Angeklagten und dem Mädchen stattgefunden, bis auf eine Facebook-Anfrage seitens der 13-Jährigen, die sein Mandant abgelehnt habe.

Schwere Kritik übte der Verteidiger an Staatsanwalt Hofmann wegen der Festnahme des Zeugen. Alle Aussagen des Mannes seien schlüssig und belegbar, sagte der Verteidiger. Die Staatsanwaltschaft habe allerdings schon am zurückliegenden Verhandlungstag mit der Festnahme des Zeugen gedroht. Und noch ehe der Mann in den Sitzungssaal gerufen wurde, hätten die Kripo-Beamten bereits auf dem Gang gesessen. "Es ist fraglich, ob das ein faires Verfahren ist", so Stübinger wörtlich.

In der Urteilsbegründung stellte Richter Meixner fest, dass der Angeklagte die Schwärmereien des Mädchens ausgenutzt habe. Das Urteil stütze sich im Wesentlichen auf die "außerordentlich glaubwürdige Aussage" des Mädchens, denn, so musste selbst der Richter einräumen: "Harte Sachbeweise, die das Ganze belegen, gibt es nicht." Es gebe aber auch keinerlei Anhaltspunkte, dass das Mädchen gelogen habe. Im Gegenteil: Das Opfer habe lange keine Anzeige erstatten wollen und sich sogar heftig dagegen gewehrt.

"Keine Zweifel"

"Wir haben keine Zweifel, dass die Taten so passiert sind, wie vom Opfer geschildert", sagte der Vorsitzende. Zu detailliert seien die Aussagen gewesen, zu sehr geprägt von eigenem Erleben, von der Schilderung der Schmerzen und der Gefühle. Schließlich überraschte der Richter noch mit dem Satz: "Wir gehen schon davon aus, dass der Geschlechtsverkehr im Wesentlichen einvernehmlich war." Doch das sei eben bei einem unter 14 Jahre alten Kind auch nicht die Voraussetzung zur Erfüllung des Tatbestandes. Der Gesetzgeber gehe vielmehr davon aus, dass ein 13-jähriges Mädchen nicht im Stande ist, über seine eigene Sexualität zu entscheiden.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Wie Rechtsanwalt Frank Stübinger gestern erklärte, geht die Verteidigung in Revision. Wegen des Haftbefehls gegen seinen Mandanten werde zudem eine Haftbeschwerde eingelegt.