Kulmbach
Umwelt

Mit dem "Kulmbecher" gegen die Abfallberge

Tag für Tag fallen in Deutschland Berge an Verpackungsmüll an. Doch in Kulmbach gibt es mittlerweile einige Alternativen zu Plastik und Co.
Patrick Bär (links) und Nicolas Landgraf wollen den "Kulmbecher" etablieren. Foto: Anna-Lena Deuerling
Patrick Bär (links) und Nicolas Landgraf wollen den "Kulmbecher" etablieren. Foto: Anna-Lena Deuerling
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"Zum Mitnehmen bitte": Der Kaffee im Einwegbecher, der Snack in der Mittagspause, oft gleich mit kleinen Gabeln abgepackt - beides landet nach dem Verzehr in der Tonne. Und die wird dann schnell voll, denn auch beim Lebensmitteleinkauf nimmt der Verpackungsmüll kein Ende: Zellophan, Kunststoff und Karton, so weit der Hunger reicht.

Verpackungen haben natürlich ihre Berechtigung - sie schützen vor Keimen, machen die Ware haltbar, transportabel und sind widerstandsfähig. Doch nicht immer muss man zum Plastik greifen, weil es Alternativen gibt. "Man kann bei Obst und Gemüse auch lose Ware kaufen, bei Milchprodukten besteht die Wahl zwischen Mehrweg und Einweg", erklärt Detlef Zenk.

Volle Tonnen in Kulmbach

Zenk leitet den Fachbereich Abfallberatung und Klimaschutz beim Landkreis Kulmbach. Ihm geht es darum, Müll zu vermeiden. Dabei sind ihm nicht nur Verpackungen ein Dorn im Auge. Das Thema Lebensmittel sei allgemein schwierig, sagt er: "Die Restmülltonnen in Kulmbach sind randvoll. Sehr viele Essensreste, auch noch verpackte Lebensmittel, landen im Abfall." Das habe jüngst eine Müllanalyse im Landkreis ergeben.

"Viele Leute machen sich keine Gedanken über ihren Einkauf", bemängelt Zenk. "Man muss damit anfangen, die richtige Menge zu kaufen, richtig zu kalkulieren, um weniger Verdorbenes wegzuwerfen", sagt er weiter. Dass der Griff zum Korb statt zur Plastiktüte und zum Einweg- statt Mehrweg-Behältnis momentan im Trend liegt, erkennt auch er.

In Bamberg versuchen gerade zwei Schwestern, einen "Unverpackt-Laden" zu eröffnen. Statt Lebensmittel fertig portioniert und abgepackt zu verkaufen, sollen Mehl und Müsli dort künftig in mitgebrachte Behälter abgefüllt werden. Das Projekt ist momentan noch in der Finanzierungsphase.

Tante Emma kommt wieder

In Kulmbach sei für ein solches Modell kein Markt vorhanden, prognostiziert Zenk. "Aber Tante-Emma-Läden kommen wieder", meint er. Dort bekomme man zum Beispiel auch kleinere Portionen, die dem Eigenbedarf mehr entsprechen.

Im Gewürz- und Teeshop in der Grabenstraße praktiziert man den aktuellen Verpackungsfrei-Trend seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, versichert Inhaber Jürgen Schminder. Der 54-Jährige verkauft seit mittlerweile 25 Jahren Gewürze, Tee und Öle: in Papiertütchen, Aromaverpackungen und schon immer in Flaschen, Dosen, Marmeladengläsern und anderen Behältnissen.

Oft sind die abgepackten Größen zu klein oder zu groß, bei Schminder bekommt man von allen offenen Waren genau die Menge, die man möchte. Bei seinen Waren sieht er den Nachfüllgedanken unproblematisch, betont er, auf die hygienischen Aspekte angesprochen. "Dafür braucht man keine mikrobiologischen Untersuchungen, da reicht der Hausfrauenverstand, der einem sagt, dass man ein dreckiges Glas nicht wiederbefüllen soll", so Schminder.

In Gastronomiebetrieben wie Cafés oder Bäckereien, die sich an die Lebensmittelhygiene-Verordnung halten müssen, ist das Wiederbefüllen komplizierter, aber nicht ausgeschlossen. Wenn sich beide Seiten - Kunden und Verkäufer - an gewisse Regeln halten, ist die Hygiene nicht gefährdet. Das Bayerische Landesamt für Umwelt hat jüngst eine Praxishilfe zur Befüllung mitgebrachter Becher auf ihrer Website veröffentlicht.

Da die Lust auf Koffein öfter mal unverhofft kommt und der Mehrwegbecher dann nicht zur Hand ist, haben sich Schüler des MGF ein Pfandsystem überlegt. "Viele haben ja inzwischen Mehrwegbecher. Das Problem ist, dass die nie jemand mitnimmt", sagt Patrick Bär vom Projektteam der Schule.

Der "Kulmbecher" soll kommen

Für solche Fälle soll es noch in diesem Jahr den "Kulmbecher" geben. Den wiederverwendbaren Plastikbecher kann man sich bei der Bäckerei oder dem Café seines Vertrauens gegen Pfand mitnehmen und bei jedem anderen teilnehmenden Geschäft wieder abgeben.

Unterstützt wird das MGF-Team vom Landratsamt. Müllfachmann Zenk greift den Schülern bei der Sponsorensuche unter die Arme. Die läuft gerade auf Hochtouren, denn Frühling ist Coffee-to-go-Zeit, und die kommende Becherflut soll möglichst bald gestoppt werden.

Vielleicht schaffen die Schüler, was eine große Kette in Kulmbach nicht geschafft hat: Bei McDonald's ist eine Rabatt-für-Mehrweg-Aktion auf wenig Interesse gestoßen, sagt Gebietsleiter Thomas Ismair. Er befürwortet aber die Idee: "Das spart Geld und natürlich Müll."