Max Uthoffs Gegenpropaganda auf der Naturbühne

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Mit einem Megafon bewaffnet, verschafft man sich automatisch Gehör, denkt sich Kabarettist Max Uthoff. Das galt auch für seinen Auftritt am Samstagabend auf der ausverkauften Naturbühne. Foto: Klaus Klaschka
Mit einem Megafon bewaffnet, verschafft man sich automatisch Gehör, denkt sich Kabarettist Max Uthoff. Das galt auch für seinen Auftritt am Samstagabend auf der ausverkauften Naturbühne. Foto: Klaus Klaschka

Wer immer wieder dasselbe sagt, hat recht", findet Jurist Max Uthoff. Mit seiner Satire begeisterte er auf der ausverkauften Naturbühne.

Die Gegendarstellung gleich vorweg: Max Uthoff hat nicht recht. Man kann in Trebgast keinen Taxifahrer in Verlegenheit bringen, wenn man ihn bittet, er möge einen ins Zentrum fahren: Es gibt kein Taxi in Trebgast. Was den zweiten Teil von Uthoffs Behauptung betrifft: Er ist ein scharfer Beobachter.

Dass er einer der eloquentesten Kabarettisten ist, muss nicht an die große Glocke gehängt werden. Er würde sich vielleicht sonst - arroganterweise - nicht mehr aus der Landeshauptstadt in die oberfränkische Provinz begeben. Wo es doch stets und immer das Bestreben der Landesregierung ist, die Lebensbedingungen in allen bayerischen Landschaften anzugleichen.

Von Landschaft konnte am Samstagabend auf der Naturbühne Trebgast allerdings nicht die Rede sein. Eine riesige Plane war wegen, schließlich doch haltloser, Unwetterwarnungen zwischen die Bäume gespannt. Sicherheit geht in Deutschland vor.
Auch zum Schutz des makellos seriösen Anzugs eines Kabarettisten.


Anzug statt Hawaii-Hemd

Max Uthoff: Man kennt ihn aus "Die Anstalt" im ZDF, jener Nachfolgesendung ganz ähnlichen Titels. Wobei sich Uthoff nicht nur durch Tausch von Urban Priols quietschbunten Hawai-Hemden durch einen schwarzen Anzug nebst farblich kongruenter Krawatte unterscheidet, sondern auch in der Art der Darstellung. Sich sozusagen im Post-Comedy-Zeitalter am politischen Kabarett orientiert, wo es Legenden wie Dieter Hillebrand einst verortet hatten.

Uthoff kann auch nicht anders. Uthoff ist nicht, wie Priol, Fast-Lehrer, der als pädagogischer Vortänzer das Volk aufklären will. Uthoff ist Jurist. Im Unterschied zu diversen Bundestagsabgeordneten mit tatsächlichem Jura-Studium und zweitem Staatsexamen. Also staatlich geprüfte dritte Gewalt. Aber trotzdem nicht staatstragend.


Gegendarstellung zum Mainstream

In seinem Programm "Gegendarstellung" zieht Max Uthoff die Fakten zur deutschen Politik hervor, die nicht in der offiziellen "demokratischen" Propaganda Berücksichtigung gefunden haben konnten. Weil sie nicht oder nur schwer in den Mainstream "westlicher" Sicht- und Darstellungsweise passen.

Eine Gegendarstellung ist - für die, die nicht mit dem Presserecht unter dem Arm aufgewachsen sind - der Widerspruch zu einer veröffentlichten Tatsachenbehauptung durch die Behauptung einer gegenteiligen Tatsache, wobei deren Wahrheitsbeweis nicht angetreten werden muss. Einfacher gesagt: Es gibt immer mehrere Möglichkeiten, etwas zu begründen - und das muss man auch sagen dürfen.

"Wer immer wieder dasselbe sagt, hat recht." Uthoff zieht mit diesem ersten Gesetz aus dem Lehrbuch der Propaganda via Megafon durch das Publikum ein. Ständige Wiederholung schafft gleiches Bewusstsein in den Köpfen aller. Aller? Uthoff schafft sich in seiner Begrüßung schon maximalen Freiraum für Propaganden aus einem anderen Bewusstsein. Er eröffnet eine kulturelle Veranstaltung, denn die Freiheit der Kunst ist hierzulande noch freier als die freie Meinungsäußerung. Uthoff kann also sagen, was er will. Juristisch abgesichert. Erdogan gegen Böhmermann hat das noch nicht verstanden.

Max Uthoff kritisiert in erster Linie die Divergenz von Worten und Auswirkungen von Taten und zieht daraus den Schluss, dass es bei fast allem öffentlichen, auch privatem, Tun um Gewinn geht - von materiellem oder Gewinn von Macht. Reden und Begründungen über soziale und gemeinschaftsfördernde Absichten dienen nur als propagandistische Weichmacher. Dabei wird er aber nicht parteiisch. Er kritisiert Schäubles ("die schwarze Null") Spardiktat zum Zweck der Einhaltung von Grundsätzen und einstigen Vereinbarungen, das in Griechenland zu zunehmender Verarmung führt, genauso wie Schröders ("die rote Null") vielleicht beabsichtigte Verbesserung der Lage von Arbeitslosen, die, durch den falschen Ansatz von Gleichsetzung von arbeitslos mit arbeitsunwillig, zu Abhängigkeiten und Erniedrigungen bis hin zum Aufblühen eines Niedriglohnsektors führte.

Uthoff zupft an anderen Knoten des Netzwerks von Politik und Wirtschaft, Sozialsystem und Gewinnmaximierung, als das der nach westlicher Orientierung geleitete Mainstream tut. Er zeigt andere Zusammenhänge und Auswirkungen des gleichen Handelns auf. Und er schließt daraus, dass das "westliche" Bekenntnis zum kapitalistischen System auch nichts anderes als eine Religion ist, die auf dem Glaubenssatz "der Markt regelt es" beruht, was durch Interpretation von Statistiken intellektuell profanisiert wird.

Uthoffs Message - sofern er eine neben seiner Freude am kritischen Monolog hat - outet er in der Zugabe zu seinem Programm: "Stellen Sie sich auch einmal auf eine andere Warte, schauen Sie es sich auch einmal anders an." Bei aller Zustimmung durch Zwischenbeifall aus dem Publikum: Auf seine Frage "Wer von Ihnen verdient mehr als eine Krankenschwester? Und wer hat mehr Plagen und Verantwortung als eine Krankenschwester?" blieb Applaus aus. Bei aller Kritik: Kapitalismus steckt wohl in uns allen.