Kulmbacher Pfarrer wettert gegen Christkindlesmarkt-Verkäufer

3 Min
Dekan Jürgen Zinck macht bei "Bild" online Schlagzeilen: Für den Kulmbacher Kirchenmann ist der Nürnberger Bratwurststreit gegen die Senf-Sachsen in der Weihnachtszeit ein gefundenes Fressen. Foto: Uschi Prawitz
Dekan Jürgen Zinck macht bei "Bild" online Schlagzeilen: Für den Kulmbacher Kirchenmann ist der Nürnberger Bratwurststreit gegen die Senf-Sachsen in der Weihnachtszeit ein gefundenes Fressen. Foto: Uschi Prawitz

Dekan Jürgen Zinck macht bundesweit Schlagzeilen: Für den Kirchenmann aus Kulmbach ist der Nürnberger Bratwurststreit gegen die Sachsen ein gefundenes Fressen. In einem Zeitungsbeitrag wettert er gegen den Kommerz und die Verkäufer in Nürnberg und kommt zum Fazit: Gott muss ein Sachse sein!

So viele Pfarrer wird es nicht geben, deren Botschaft die "Bild"-Zeitung deutschlandweit verbreitet. Dekan Jürgen Zinck hat es schon zum zweiten Mal geschafft.

Dem Zentralorgan des deutschen Boulevard gefällt es, dass der Kulmbacher Kirchenmann im Nürnberger Bratwurststreit seinen Senf dazugegeben hat. "Jetzt bekommen die Händler des Nürnberger Christkindlesmarktes von einem Pastor die Leviten gelesen", heißt es bei "Bild" online.


Schenken verboten!

Der evangelische Pastor kommt aus Kulmbach und schmunzelt darüber, dass es in Nürnberg ausgerechnet in der Weihnachtszeit heißt: Schenken verboten! Was ist passiert? Dekan Zinck, der dafür bekannt ist, dass er gern ein offenes Wort pflegt, erfährt aus der Bayerischen Rundschau von dem Bratwurststreit. Da will eine Delegation aus der Dresdner Staatskanzlei auf dem berühmten Nürnberger Christkindlesmarkt Werbung machen für den ebenfalls ziemlich berühmten Bautz'ner Senf.

Und weil die Wurst zwar auch mal ohne Brot schmeckt, aber der Senf eben nicht ohne Wurst, kommen die cleveren Sachsen auf die Idee, dass sie am Nikolaustag 1000 Nürnberger Würstchen verschenken - inklusive Bautz'ner Senf, versteht sich. Das Motto der Aktion: "So geht sächsisch."


Die beleidigte Bratwurst

Die Nürnberger spielen die beleidigte Bratwurst. "Doch es regte sich heftiger Widerstand. Die Händler des Christkindlesmarktes fürchten wegen der Gratis-Würstchen um ihre Einnahmen, liefen Sturm", schreibt die "Bild"-Zeitung. "Daraufhin verbannte die Stadtverwaltung jetzt die Sachsen aus der City!"

Es ergeht der Ratsbeschluss, dass die Bautz'ner eine Zwei-Kilometer-Bannmeile um den Christkindlesmarkt einhalten müssen. Die Senf-Sachsen gehen dem Streit einfach aus dem Weg und lösen das Problem auf ihre Weise. Den Nürnbergern bleibt der Schnabel trocken: In der Frankenmetropole werden nur noch Postkarten mit Senfproben verteilt. Die Würstchen landen dafür beim Nikolausmarkt in Tann auf dem Grill und erfreuen niederbayerische Gaumen.

Dem Dekan von St. Petri bereitet es schon ein wenig Vergnügen, wenn er den Menschen den Widerspruch genüsslich vor Augen führt. "Das Weihnachtsfest lebt von Geschenken", betont er. "Und ausgerechnet jetzt wollen diese Leute was verschenken. Das darf nicht sein?"

Zinck setzt sich hin und schreibt einen Beitrag für die Reihe "Der Christ in dieser Zeit", die immer samstags in der Bayerischen Rundschau erscheint. Er wolle kein Urteil fällen über die Nürnberger Händler, erklärt der Dekan, aber was in der "bis ins Letzte durchkommerzialisierten Weihnachtszeit" gesagt werden müsse, dass muss eben gesagt werden. Er könne die Nürnberger auch verstehen, dass ihnen der Marketinggag der Senf-Sachsen nicht ins Konzept passt. Doch der Widerspruch sei einfach zu schön, wenn ausgerechnet in der Weihnachtszeit Geschenke verboten werden.


Alle-Jahre-wieder-Kommerz

In seinem Wort zum Sonntag nimmt der Kirchenmann den Alle-Jahre-wieder-Kommerz in der Weihnachtszeit aufs Korn: "Geschenke kaufen, gerne. Aber Geschenke verschenken. Wie blöd sind die Sachsen denn?" Zinck weiter: "Nein, da kaufen wir doch lieber. In dieser Welt kenne ich mich aus. Jedes Jahr das gleiche Spiel: Lebkuchen ab September, Weihnachtsmänner im Oktober und ab November noch Musik dazu. ,White Christmas' in der Endlosschleife."

Was den Pfrarrer freilich verwundert: dass sich die "Bild"-Zeitung für seine Meinung interessiert. "Die haben extra einen Fotografen vorbeigeschickt", sagt er. "Ich finde es schon spannend, dass sie ein geistliches Wort aufgreifen."


Der ganz Zinck-Text


Hier der vollständige Text von Dekan Jürgen Zinck zum Nürnberger Bratwurststreit:

"Rund um den Nürnberger Christkindlesmarkt herrscht große Aufregung. ,Die spinnen wohl, die Sachsen', stellen Marktleitung und Stadtverwaltung einhellig fest. Was die Sachsen vorhaben? Sie wollen auf dem Nürnberger Adventmarkt Bratwürste verschenken. Ja, verschenken! Die spinnen wohl. Geschenke kaufen, gerne. Aber Geschenke verschenken. Wie blöd sind die denn?

,Der Sachse hat sie wohl nicht alle', mag man vor gut 500 Jahren in Rom gedacht haben. Der irrsinnige Mönch Martin verkündet den Menschen: Gott schenkt euch das Heil. Ihr müsst es euch nicht verdienen. Und schlimmer noch: Er lehrt, dass alle Menschen gleich sind vor Gott. Diesen Blödsinn müssen wir verhindern! Heil will verdient sein. Und Adel und Klerus sind einfach bessere Menschen. Wer das hinterfragt, stürzt unsere hierarchische Welt um.

Der Mensch ist schlecht


,Wie bitte, der Typ aus Nazareth - wie heißt er doch gleich - dieser Typ geht auf Sünder zu und setzt sich mit ihnen zu Tisch.' Kranke soll er einfach so geheilt haben, ohne Honorar und ohne Geld. Vorsicht Leute, der verdirbt uns das Geschäft. ,Es ist besser, einer wird gekreuzigt, als dass ein ganzes Volk verdorben werde.' Der Mensch ist schlecht, das müssen wir dem blöden Volk doch täglich einhämmern. Wer besser werden will, kann sich das bei uns verdienen!

Wie bitte, Gott schenkt uns das Heil in seinem Sohn? Er legt das Geschenk vor meine Herzenstür und ich finde es dort, wenn ich aus mir heraustrete? Was soll ich damit? Man hat mir gesagt, dass dieses Geschenk mich verändern könnte. Ich mich verändern! Wer´s glaubt, wird selig...Ja, wer glaubt wird selig.

Nein, da kaufen wir doch lieber. In dieser Welt kenne ich mich aus. Jedes Jahr das gleiche Spiel: Lebkuchen ab September, Weihnachtsmänner ab Oktober und ab November noch Musik dazu. "White Christmas" in der Endlosschleife. Wenn mir doch nur einfallen würde, was ich letztes Jahr als Geschenk bekam?

Geschenke sollen doch glücklich machen. Komisch, die Dinge, die wir uns schenken, verlieren diese Kraft so schnell. Ab Januar ist alles wie vorher. Bis es wieder losgeht.


Gott muss ein Sachse sein

Jesus, das Geschenk Gottes an uns, bleibt über das Jahr hinweg im Herzen. Und das gibt es wirklich umsonst? Gott muss ein Sachse sein."