Weil ein Kulmbacher große Mengen der Partydroge konsumierte, wurde er zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Die Strafe wäre deutlich höher ausgefallen, wenn er nicht als Kronzeuge ausgepackt hätte. Der Polizei gelang so ein bedeutender Erfolg im Kampf gegen die oberfränkische Drogenmafia.
"Richter Gnadenlos" Ronald Schill, Ex-Innensenator der Hansestadt Hamburg, hat es getan. Fußballtrainer Christoph Daum auch, und seine Karriere als Bundestrainer war beendet, noch bevor sie begonnen hatte. Doch Kokain ist nicht nur was für Promis oder die Münchner Schickeria. Auch in Kulmbach und Oberfranken gibt es eine Szene, in der man gern "eine Nase zieht" .
Partykönig in der Region war offenbar ein Kulmbacher Unternehmer, der sich am Mittwoch vor dem Landgericht Bayreuth zu verantworten hatte. "Die anderen essen Erdnüssla, bei Ihnen gab's halt Koks", sagte Vorsitzender Richter Michael Eckstein. Die Strafkammer verurteilte den mehrfach vorbestraften Angeklagten, der ein volles Geständnis ablegte, zu zweieinhalb Jahren Gefängnis.
Die Strafe wäre allerdings deutlich höher ausgefallen, wenn der 41-jährigen Mann nicht als Kronzeuge ausgepackt, Dealer und Hintermänner genannt hätte.
"Sonst wären es über vier Jahre geworden", erklärte der Richter.
Der Polizei gelang so ein bedeutender Erfolg im Kampf gegen die oberfränkische Kokainmafia. "Er hat absolut Aufklärungshilfe geleistet und wertvolle Angaben gemacht", sagte ein Drogenermittler der Kripo. Staatsanwalt Michael Hofmann sprach von einem spektakulären Verfahren mit einer großangelegten Durchsuchungsaktion der Polizei.
Daran waren auch Steuerfahnder beteiligt. Denn der Kaufmann hatte von 2006 bis 2011 Verkaufs erlöse von zirka zehn Millionen Euro nicht versteuert, Löhne an Angestellte teilweise schwarz ausbezahlt und private Reisen als Betriebsausgaben abgerechnet. Mit dem Finanzamt hat er eine Verständigung erzielt und eine Million Euro Steuern nachgezahlt.
Halbe Million als Sicherheit Nach seiner Festnahme blieb der Kulmbacher damals nicht lange in Haft.
Er musste aber Auflagen erfüllen: seinen Ausweis abgeben und eine Sicherheitsleistung von 500.000 Euro hinterlegen. "Sonst wären Sie nicht auf freiem Fuß", versicherte Eckstein.
In dem Prozess ging es um 281 Gramm Kokain, die sich der Angeklagte im Laufe des Jahres 2011 besorgt hatte - strafbar als unerlaubter Besitz und Erwerb von Drogen in nicht geringer Menge. Das Koks hatte einen Wert von fast 30.000 Euro - eine Summe, die seine Angestellten im Jahr nicht verdienten.
"Der Hauptteil war für mich, aber es war auch so, dass man sich gegenseitig was ausgegeben hat", sagte der 41-Jährige. Die Ware bezog er aus verschiedenen Quellen: aus Berlin, Frankfurt, Bayreuth und Untersteinach. Dabei nahm der Unternehmer in den seltensten Fällen Kontakt mit den Dealern auf, er ließ sich den Stoff von Bekannten und Angestellten besorgen.
Zum Beispiel gehörte es zu den regelmäßigen Aufgaben einer Frau, alle 14 Tage in Bayreuth "einzukaufen" - so selbstverständlich, als ob sie zum Brötchenholen geschickt würde.
Am Sachverhalt, wie ihn die Polizei ermittelt hatte, gab es keinen Zweifel. Die Dealer wurden teilweise selbst bereits verurteilt oder warten noch auf ihren Prozess.
Schlimme Kindheit Ausführlich beschäftigte sich die Kammer mit der Jugend des Angeklagten. Er wuchs in einer Familie auf, die vom Vater tyrannisiert wurde - ein Choleriker und Säufer, der sich nur um die Arbeit kümmerte, die Kinder ver nachlässigte und die Frau schlug. "Ich erkenne mich in meinem Vater wieder", sagte der Mann.
Seine Mutter hielt es nicht aus und verließ den Haushalt, als der 41-Jährige noch klein war. Der Junge kam ins Internat und ging nach dem Hauptschulabschluss von zu Hause weg.
Er lebte in einer Wohnung allein. Dazu die Verteidigerin Ute Bottmann, Wiesbaden: "Er hat sich praktisch selbst erzogen." Das konnte nicht gutgehen.
Selbstmordversuch überlebt Nach der Lehre kehrte er in den Familienbetrieb zurück - auf Druck des Vaters, dem er nichts recht machen konnte. Was 2004 zu einem Selbstmordversuch führte. Er nahm Tabletten und einen Strick - und hatte Glück: Er überlebte. "Da habe ich mit der ganzen Familie abgeschlossen", so der Angeklagte, der danach eine eigene Firma gründete. Für ihn gab es nur Arbeit, Party und Drogen. Alkohol und Zigaretten hatte er schon mit 14 ausprobiert. Seit er 18 war, nahm er regelmäßig Kokain, dazu Alkohol. Mit einer Frau hielt er es nie länger aus, auch nicht, als er zwei Töchter bekam.
Familie interessierte ihn nicht.
Der Staatsanwalt wunderte sich, dass der Angeklagte 2008 weiter Kokain konsumierte, als er zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war. "Ich hab's versucht, aber in den Kreisen, wo ich verkehrte, war Koks immer da", erklärte der Angeklagte. "Und die Firma ist gut gelaufen. Ich dachte, es geht immer so weiter." Dann ist er aufge flogen, als ein früherer Angestellter bei der Polizei ausgepackt hat. So kamen die Ermittlungen in Gang.
Frieden schließen mit der Vergangenheit Jetzt scheint er endgültig von den Drogen wegkommen zu wollen. Er unterzieht sich seit einem halben Jahr einer stationären Therapie in einer Klinik - offenbar mit Erfolg, wie eine Mitarbeiterin bestätigte.
"Er ist bemüht, mit seiner Vergangenheit Frieden zu schließen." Er habe es geschafft, sich bei seinen Kindern zu entschuldigen, von seiner Suchtkrankheit zu sprechen und wieder Kontakt zu ihnen aufzubauen.
Auch nach Einschätzung des Leitenden Oberarztes für Forensische Psychiatrie am Bezirksklinikum Bayreuth, Johannes Steinmann, liegt bei dem 41-Jährigen eine Kokain- und Alkoholabhängigkeit vor. Allerdings keine Einschränkung der Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit. Der Gutachter verneinte eine Schuldunfähigkeit.
Der Staatsanwalt forderte eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Eine Bewährung sei also nicht mehr möglich.
"Mit Ihrer Kindheit möchte hier keiner tauschen, aber das ist keine Entschuldigung, sich strafbar zu machen", betonte Hofmann.
"Alles falsch gemacht" Für ein "mildes Urteil, nicht über zwei Jahre und sechs Monate" sprachen sich die Verteidigerinnen Verena Grohs, Bayreuth, und Ute Bottmann aus. "Er bewegte sich in einem Teufelskreis und verlor die Kontrolle über sein Leben", sagte Bottmann über ihren Mandanten. Die Vorstrafen hätten nicht dazu geführt, dass er den Schalter umlegte. Das habe er erst in der Therapie geschafft und erkannt, "dass er in seinem Leben bisher alles falsch gemacht hat".
auch mein kommentar fehlt mal wieder, bitte hier im forum beantworten und nicht durch private mail... danke
DIffamierung!
Wir haben den Kommentar herausgenommen, weil er Rückschlüsse auf die Identität des Mannes, um den es in dem Bericht geht, zugelassen hätte.
Wir arbeiten nach dem Grundsatz, dass in Gerichtsberichten weder Namen erscheinen noch Details, die ihn eventuell erkennbar machen. Natürlich wird es immer Insider geben, die wissen, um wen es geht....das sind aber nur wenige. Der Kommentar hätte es einer weit aus größeren User-Schar möglich gemacht, den Mann zu identifizieren.
Wo ist denn der Kommentar von heute morgen?????