Der Landkreis Kulmbach will im Wettbewerbsverfahren um europäische Fördermittel zum Zuge kommen. Die Kritik an staatlicher Förderpolitik führt im Kreisausschuss zu völlig ungewöhnlichen Verbrüderungen.
Der Landkreis Kulmbach hat im Wettbewerbsverfahren, um an europäische Fördermittel zu kommen, seine Hausaufgaben gemacht. Der Aktenordner, den die Stadt Kulmbach als Leitkommune vorbereitet hat, umfasst 80 Projekte. Sie werden, so beschloss der Kreisausschuss einstimmig, im Rahmen eines Integrierten Regionalen Entwicklungskonzepts für den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) angemeldet.
Thomas Tischer von der Kulmbacher Stadtverwaltung stellte am Dienstag fest, dass die meisten Projekte, nämlich 30, auf den Bereich Innenstadtentwicklung und Revitalisierung entfallen, und nannte als Beispiele den "Ratskeller" in Kulmbach, das "Schwarze Roß" in Kasendorf und das Malzhaus der früheren Klosterbrauerei in Himmelkron, allesamt ortsbildprägende Gebäude, die leer stehen.
An zweiter Stelle (21) liegen nach seinen Worten Vorhaben im Bereich der Energieeffizienz, gefolgt vom Erhalt und Ausbau kultureller Einrichtungen. Hier gehe es um Museumsprojekte wie die Erweiterung des Dorfschulmuseums Ködnitz, die Neukonzeption der städtischen Museen auf der Plassenburg oder das Wirsberger Hochzeitsmuseum. Ferner gebe es Pläne für Forschungsprojekte wie eine Technische Akademie für Klimaschutz und Energieeffizienz in Kulmbach oder ein Institut für Fränkische Landesgeschichte im Thurnauer Schloss.
Nicht üppig bestückt Um hochfliegende Hoffnungen zu dämpfen, wies Oberbürgermeister Henry Schramm (CSU) darauf hin, dass der von Kulmbach anvisierte Fördertopf nicht gerade üppig bestückt ist. Für ganz Bayern seien 60 Millionen Euro vorgesehen.
Viel zu wenig, wie Hermann Anselstetter (SPD) meinte.
Er betonte, dass der Kulmbacher Raum eine Sonderförderung braucht. Denn die Liste der angemeldeten EFRE-Projekte sei Ausdruck eines Investitionsstaus im Hochbaubereich. "Uns fehlen die Mittel, um unser städtebauliches Erbe zu bewahren und zu revitalisieren."
Seltene Koalition Hier waren sich - was sonst nie vorkommt - der Wirsberger Bürgermeister und der Kulm bacher OB einig. Anselstetter habe recht, so Schramm, "auch wenn ich's nicht gerne sage. Unsere Region braucht Unterstützung, wenn ich mir ansehe, was demografisch bei uns los ist".
Und der CSU-Kreisvorsitzende wurde noch deutlicher. Er kritisierte die Förderpolitik für "Hochfranken" (ein Marketingbegriff, den es geographisch gar nicht gibt), also für Hof und Wunsiedel. "Wenn sie gleichwertige Lebensverhältnisse wollen, dann müssen sie in die Gänge kommen.
In Oberfranken gibt es nicht nur Hochfranken, sondern auch eine Mitte", sagte der OB. Auch im Raum Kulmbach träfen die Kriterien für Höchstfördergebiete zu. Es werde künftig immer problematischer, die bestehende Infrastruktur für immer weniger Menschen zu erhalten.
"Dollar-Zeichen in den Augen" Die ungewöhnliche Verbrüderung wirkte ansteckend. Auch Veit Pöhlmann (Freie Demokraten) stimmte in den Kanon ein und forderte, dass man die Landschaft besonders pflegen müsse. "Es ist einer der wenigen Faktoren, der die Menschen in der Region bindet." Bei der Genehmigung von Windkraftanlagen habe man zum Teil den Landschaftsschutz hintangestellt, "weil die Leute die Dollar-Zeichen in den Augen hatten".