Der Dreiakter "Außer Spesen nichts gewesen" der Theatergruppe Huschdorf fing turbulent an, hörte turbulent auf und hielt die Zuschauer ständig in Atem.
Mehr kann man in gut zwei Stunden Lustspiel nicht hineinpacken: Love-Toys, Sexy-Hexi, eine Stringstange, an der ein Paketbote gefesselt ist, eine perfekte Ohnmacht und skurrile Situationskomik in kontinuierlicher Folge. Es war ein emotionaler Abend, spannungsgeladen, mit zahlreichen Bonmots illustriert und flüssig. Keine Sekunde Stillstand, die Aktionen reihten sich nahtlos aneinander. Die zehn Schauspieler(innen), voller Experimentierfreude und Verwandlungsvielfalt, zeigten, dass das kleine Dorf zu bemerkenswerter "Spielkunst" fähig ist - und Theater lebt.
Die Rollen gut besetzt, Artikulation, Mimik und Gestik treffend, es gab kaum etwas auszusetzen. Die auf der Bühne hatten ihre Parts optimal einstudiert, es machte einfach Spaß zu erleben, mit welcher Selbstverständlichkeit und Selbstsicherheit sie agierten, auch in schwierigen Situationen Klippen umschifften. Schöne Lichtreflexe, ein Bühnenbild im Gegensatz von Bürgerlich zum Rotlicht-Milieu und viel nackte Haut machten das genaue Hinschauen zur Pflicht
Der Inhalt in Kurzform: Eine Großfamilie bricht gleichzeitig getrennt zu verschiedenen Reisezielen auf. Zur Rucksacktour nach Tibet, zur Kur, zu einer beruflichen Fortbildung und zur Seniorenwallfahrt nach Rom, um eine "sturmfreie Bude" zu haben. Was zu einem unglaublichen Verwirrspiel und ins Chaos führt, aber in ein Happyend mündet.
Die Eskapaden verlangten eine Menge an Improvisation. Die Hutschdorfer haben davon eine ganze Menge im Blut - und diese Fähigkeit zeichnet sie aus. Was noch lustig war: Vor dem Beginn gab es Eiskonfekt und Chips aus dem Bauchladen wie früher im richtigen Kino.
Und sie haben ein Gesamtlob verdient die Interpreten, allen voran Eberhard Einwag, der Regisseur. Dieser Mann hat eine Theaterseele, sprühte vor unbändiger Spielfreude, sein Gesicht drückt Mienen von kindlich erstaunt über hintergründig verschmitzt bis hin zu boshafter Ironie alle Gefühlsregungen aus. Ob in der Toga, ins Handtuch gehüllt oder als Domina, er gab eine stets eine schillernde Figur ab. Und Richard Zimmermann, sein Freund, war genau das richtige Pendant: Etwas unbedarft, aber mit Schläue gesegnet. Ein Hingucker in ihrer körperlich anziehenden Präsenz und mit viel Stimmkraft ausgestattet, vermochte Sandra Zimmermann, den gewissen mütterlichen Charme und gleichermaßen die Lust auf Verbotenes zu suggerieren.
Jens Rödel als Ehemann zeigte zwei Gesichter: Das solide, beamtenhafte Gehabe - und das ungehemmte Abtauchen in Sexfantasien. Das Biedere und die lustvolle Erwartung kolportierte er wunderbar. Den Anlass dazu gab "Callgirl" Natascha alias Andrea Heisinger, aufreizend, ein bisschen kratzbürstig und geldversessen. Ihr Outfit grotesk authentisch, ihr großer Mund und die perlenden Zähne vielversprechend, ihre Sprache vulgär. Sie entpuppt sich mit der Zeit als kleiner Star der Truppe.
Und dann gibt es ja noch die Berthilde Zapf auf der Bühne, die 74-jährige. Köstlich ihre Ohnmachtsszene, sie fällt wie ein Baum. Und die durch ein Sex-Spray hervorgerufene Aggressivität auf Männer sprach Bände, wenn sie sich erstaunlich sportlich fit in "ungebremster" Zuneigung auf sie stürzte. Jubel im Publikum. Typisch dörflich im Hutschdorfer Slang Vanessa Adler, ihren Weinkrämpfen und später dem gewinnenden Lächeln war man hilflos ausgeliefert. Sie ist ein belebendes Element.