Die Verwaltung hatte vorsorglich die Malteser bestellt, um eine Rollstuhlfahrerin in den Sitzungssaal zu bringen. Folge: Streit um die Barrierefreiheit.
Die Gemeinderatssitzung in
Untersteinach begann friedlich. In aller Ruhe beschlossen die Räte die Umlagerungen des Bodenaushubes (siehe dazu auch Gemeinderat in Kürze), doch mit einer Viertelstunde Verspätung kam Bernhard Herrmann in den Sitzungssaal und beorderte lautstark Bürgermeister Volker Schmiechen (SPD) nach draußen. Der Malteser Hilfsdienst war zur Stelle, hätte Rollstuhlfahrerin Gerda Eichner geholfen, mit ihrem Rollstuhl ins Sitzungszimmer zu gelangen. Doch Gerda Eichner war nicht da. Der Malteser Hilfsdienst wartete vergeblich.
Verwaltungsleiter Martin Betz klärte die Sachlage, schickte den Malteser Hilfsdienst unverrichteter Dinge weg. Damit war die Sache allerdings noch längst nicht erledigt.
Bernhard Herrmann schimpfte lautstark, dass es sich bei der Bereitstellung des Hilfsdienstes um Verschwendung von öffentlichen Geldern handele.
Auch Tobias Eichner, der Sohn der Rollstuhlfahrerin, betonte, dass seine Mutter sich nicht vom Hilfsdienst in den Sitzungssaal tragen lassen werde und konnte dem Angebot nichts Positives abgewinnen. Im Gegenteil. Er wertete das Angebot, dessen Kosten die Gemeinde übernimmt, als "Diskriminierung".
Eichner hatte in Untersteinach Unterschriften gesammelt und hatte sich dafür stark gemacht, dass die Sitzungen sofort in den Gemeindesaal verlegt werden. Doch die Untersteinacher Räte haben dies abgelehnt, weil dies zusätzliche Kosten verursachen würde.
"Dies ist eine vertane Chance", schimpfte Eichner lautstark auch nach der jüngsten Sitzung.
Auch Bernhard Herrmann war "entrüstet" über die Nicht-Barrierefreiheit des Rathauses und über das Ansinnen, die Rollstuhlfahrerin mit einem Hilfsdienst in den Sitzungssaal befördern zu lassen.
Allerdings handelt es sich beim Rathaus, in dem die Sitzungen stattfinden, um ein Gebäude der Verwaltungsgemeinschaft Untersteinach. Eigentlich ist nicht Bürgermeister Volker Schmiechen zuständig, dem die Vorwürfe gemacht wurden, sondern Doris Leithner-Bisani.
Aktuell sind 73 Prozent aller staatlichen Gebäude, 96 Prozent aller Arztpraxen und 66 Prozent aller Bahnhöfe in Bayern nicht barrierefrei. Im Zuge der Inklusion werden bei solchen Gebäudlichkeiten bislang meist Hilfsdienste bemüht, um Menschen mit Rollstuhl einen Zugang zu ermöglichen.
Keine Einwände gab es gegen die geplante Umlagerung von Bodenaushub im Zuge der Errichtung der Ortsumgehung Untersteinach B 289.
Der Bodenaushub soll auf die an die Photovoltaikanlage angrenzenden Grundstücke mit den Flurnummern 281 und 281/2 sowie auf die Grundstücke mit den Flurnummern 1345, 1346 und 1347 umgelagert werden. Heinz Burges (SPD) wandte ein, dass es sich um mindestens 10 000 Lkw-Ladungen handeln würde und bat, die Straßen, die die Lkw passieren müssen, vorher zu prüfen. Die Lastwagen müssen allesamt über die alte Stadtsteinacher Straße fahren, erklärte Verwaltungsleiter Martin Betz.
Keine Aussicht auf Erfolg hatte der WGU-Antrag, die Kirchweih von der Peuntwiese auf den Dorfplatz zu verlegen. Markus Weigel (WGU) hatte in seinem Antrag für eine Verlegung plädiert, um die Kirchweih in den Ort zu holen. Möglicherweise könne der Ort gesperrt werden, regte er an. Doch Bürgermeister Volker Schmiechen (SPD) hielt diese Anregung für keine gute Idee.
Denn die Peuntwiese ist vor rund 15 Jahren eigens als Festwiese ausgebaut worden - mit immensen Fördermitteln. "Ein wesentlicher Grund war auch das Verkehrsaufkommen und der Sicherheitsaspekt. Zudem könnte die Kirchweih in den nächsten Jahren ohnehin nicht mehr auf dem Dorfplatz stattfinden, weil dort eine E-Bike-Ladestation installiert werden soll", so Schmiechen.
"Der Hauptgrund, warum wir uns einst für die Peuntwiese entschieden haben, war der Sicherheitsaspekt. Man müsste erst einmal klären, ob das überhaupt möglich wäre oder ob wir mit einer Verlegung nicht Zuschüsse, die wir bekommen haben, gefährden würden", konnte auch Alt-Bürgermeister Heinz Burges (SPD) diesem Vorschlag nichts abgewinnen. Und auch all die anderen Gemeinderäte konnten der Verlegung nichts abgewinnen. Allerdings solle mehr Werbung für die Kirchweih gemacht werden, um sie auch für Familien attraktiver zu machen.
Bürgermeister Volker Schmiechen schlug vor, ein Familien-Boccia-Turnier zu initiieren und einem Karussellbetrieb ein gewisses Kartenkontingent, das dann als Preise dienen könnte, abzunehmen. Der stellvertretende Bürgermeister Hans-Peter Röhrlein (CSU) gab zu bedenken, dass man die Kirchweih mit einer Ortsveränderung kein bisschen attraktiver mache. "Man sollte eine Verlegung lieber unterlassen", so Röhrlein. Schließlich votierten alle dafür, dass alles so bleibt wie es ist.
Straßensanierung beschlossen
Die Gemeindeverbindungsstraße zwischen Untersteinach und Gumpersdorf, Gumpersdorf-Baumgarten und Gumpersdorf-Stadtsteinach soll für rund 54 000 Euro saniert werden. Zwar hat die Gemeinde Untersteinach in Erfahrung gebracht, dass die Stadt Stadtsteinach einen Vollausbau mit Fördermitteln für die Straße Stadtsteinach-Gumpersdorf plant.
Dennoch gibt es Handlungsbedarf: Zwischen Gumpersdorf und Stadtsteinach ist bereits ein fünfzig Meter langes Teilstück abgefräst worden und muss dringend mit einer Asphaltschicht versehen werden. Die beiden Kommunen wollen sich dabei abstimmen.
Alfred Vießmann (UBG) und Reiner Seifferth (CSU) wandten ein, dass die Gemeinde Untersteinach nur einen Sanierungsetat von 90 000 Euro für das ganze Jahr im Haushalt eingestellt habe. Doch Matthias Kraft vom Ingenieurbüro BaurConsult gab den Gemeinderäten den Wink, dass diese Sanierung eine gute Sache sei, da andere Straßen nicht saniert werden könnten, wenn der Untergrund nicht stimme.
Zwei Wlan-Hotspots werden geprüft
Der Gemeinderat hat von Fördermöglichkeiten für die Einrichtung von bis zu zwei Hotspots Kenntnis genommen.
Jetzt soll die Firma Vodafone, die vom Freistaat den Zuschlag für die Installation des Bayern-Wlan bekommen hat, die Standorte Peuntwiese und beim Sportheim der Fortuna prüfen. Gefördert werden nur die Einrichtungskosten in einer Höhe von bis zu 2500 Euro pro Hotspot. Die Betriebskosten belaufen sich auf 25 Euro bis 100 Euro pro Monat.
Ich bin gespannt, wie die nächste Gemeinderatssitzung im August ablaufen wird. Ist es der Gemeindeverwaltung wirklich ernst, dann werden die Malteser zukünftig bei jeder Sitzung anwesend sein und ihre Dienste anbieten.
War es jedoch nichts weiter als eine Provokation gegen uns als Initiatoren des Bürgerantrags, dann dürfte für Bürgermeister Volker Schmiechen die Sache mit dieser einmaligen Showeinlage wohl gelaufen sein.
Tobias Eichner
Bürgerinitative untersteinach-transparent.de
Provokation der Gemeinde Untersteinach in Sachen Barrierefreiheit
Die Gemeinderatssitzung am Dienstag begann mit einer Provokation der Gemeindeverwaltung. Ohne Wissen oder Wollen, dafür umso medienwirksamer, wurde der Malteser-Hilfsdienst angeheuert, um an der Sitzung interessierte Senioren und behinderte Mitbürger in den Gemeindesaal zu bringen.
Dieses Angebot klingt ja eigentlich nicht schlecht und wäre sogar löblich, doch man muss die Vorgeschichte kennen:
* Die Verwaltungsgemeinschaft Untersteinach weigerte sich bislang beharrlich, das Rathaus barrierefrei umzubauen. Ein Antrag im Jahr 2015 wurde einstimmig abgelehnt, mögliche Fördergelder durch das Kommunalinvestitionsprogramm in diesem Jahr nicht beantragt. Und dies trotz gegenteiliger Aussage von der VG-Vorsitzenden Doris Leithner-Bisani, den Einbau eines Plattformlifts zu prüfen (Zitat Pressebericht Nordbayerischer Kurier).
* Die Gemeinde Untersteinach stimmte vor kurzem gegen einen von 53 Bürgern unterzeichneten Antrag für eine Verlegung der Sitzungen in den zwei Straßen entfernten barrierefreien Gemeindesaal und argumentierte unter anderem mit hohen Kosten (phantasiereich kalkuliert, wenn mir die Anmerkung gestattet ist).
Für mich ist die Sache klar: Mit der Bestellung des Malteser-Hilfsdienstes wollte man (wieder einmal) behinderte Menschen vorführen und ihnen die zustehende Inklusion untersagen. Inklusion in dem Sinn, daß sie ohne besondere Zuhilfenahme von Kräften Dritter fähig sein können, an den Gemeinderatssitzungen teilzunehmen. Nichts anderes darf gelten - und wäre möglich, sogar mit geringem organisatorischen und finanziellen Aufwand. Doch "Können" und "Wollen" sind in Untersteinach eben zwei verschiedene Dinge.
… hatte es die Gemeinde Untersteinach versäumt, rechtzeitig Mittel aus dem ’Kommunalpolitischen Investitions-Programm’ (KIP) für den behinderten-gerechten Zugang (Plattform-Lift) des Sitzungssaals im zweiten Stock des Rathauses zu beantragen.
Ein Bürgerantrag, der die Verlegung der Gemeinderats-Sitzungen in den ebenerdigen Gemeindesaal an der Schule zum Ziel hatte, wurde auf Betreiben von Bgm. Volker Schmiechen (SPD!) mehrheitlich abgelehnt: Stattdessen sollte der ’Malteser-Hilfsdienst’ (MHD) jeweils mittels eines sog. ’Treppensteigers’ gehunfähige Mitbürger/innen, die sich für die GR-Sitzungen interessieren, über zwei Stockwerke in die oberste Rathaus-Etage transportieren: selbstverständlich jeweils auf Kosten der Gemeinde.
Frau Gerda Eichner hatte schon vor geraumer Zeit gegenüber Bürgermeisteramt und Verwaltung aus verständlichen und gut nachvollziehbaren Gründen definitiv erklärt, dass SIE das NICHT mit sich machen lässt.
Trotzdem hatte Bgm. Schmiechen wider besseres Wissen und ohne jeglichen Auftrag seitens von Frau Eichner den MHD bestellt, wohl um nach außen ein augenfälliges Exempel zu statuieren nach dem Motto: „Da wird von der Gemeinde ein Beförderungsdienst bestellt … - … und dann kommt niemand!“
(Ich selbst würde diese Strapaze auch nicht auf mich nehmen und mich obendrein auch noch zum Schau-Objekt und Hingucker einer verfehlten Behinderten-Politik machen lassen!)
Nebenbei: „…mit einer ’Viertelstunde’ Verspätung kam Bernhard Herrmann in den Sitzungssaal“!
Die einschlägige Schreiberin sollte eigentlich wissen, dass für Zuhörer der GR-Sitzungen keine Zeitvorschrift besteht; und GR-Mitglieder kommen gelegentlich auch zu spät bzw. gar nicht!
Im Übrigen wäre ich gewiss pünktlich gewesen; aber der MHD-Transporteur hat mich vor dem Rathaus angesprochen: „Wo bleibt denn die Frau Eichner“ – und ich solle mal zu ihm „den Herrn Schmiechen hinaus bitten“: was ich dann auch – angeblich „lautstark“ – getan habe.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Herrmann