Es ist eine außergewöhnliche und niveauvolle Ausstellung - und sie lässt einen tiefen Blick in die Seele Osteuropas zu.
Vier junge russische Künstler präsentieren in der "Galerie im Eishaus" am Drossenfelder Bräuwerck ihre Exponate. Zur Vernissage herrschte großer Andrang, denn Werke von Kunstschaffenden aus der Exklave Kaliningrad, dem früheren Königsberg, sind eher selten zu bestaunen.
Möglich machte die Exposition Kurator Lutz-Benno Kracke, bis vor zwei Jahren Vorsitzender der Künstlervereinigung "focus-europa" mit Sitz in Neudrossenfeld. Im September war man für eine Woche zu einem Symposium mit Workshop in Vitland an der Baltic Sea eingeladen (wir berichteten), jetzt folgte der Gegenbesuch.
Ungewöhnliche Perspektiven
18 Bilder und Grafiken haben die Kunstschaffenden mitgebracht. Sie zeigen eine Menge Fantasiereichtum und ungewöhnliche Perspektiven. Fast ein Star in der Kaliningrader Kunstszene ist Pavel Fedorov, der mit seinen 120 mal 180 Zentimeter großen Gemälden die Natur in all ihrer Ursprünglichkeit und mit einem Schuss Science-Fiction widerspiegelt: steil aufragende Eisberge in Polarblau aus dunkler See, dahinter das ewige Nordlicht. Kalte Pracht, die unverletzlich erscheint und dennoch in bedroht ist. Traumlandschaften in Öl auf Leinwand, pagodenhaft skurril, nur beleuchtete kleine Hütten in einer unwirklichen Welt - die Bilder des studierten Künstlers haben Suggestionskraft.
Sein Kollege Vitaly Zverev widmet sich ebenfalls der Natur in Öl und Acryl, jedoch in mehr realistischer Weise. Er fängt die Landschaften an der Ostsee ein, mit einem Blick für die Weite des Himmels und dem spektakulären Blau des Meeres. Kräftige Farben machen die Bilder ausdrucksstark. Der in Sibirien Geborene lässt alltägliche Dinge bedeutend werden.
Sanfte Schattierungen
Yulika Nezvankina, Designerin und Innenarchitektin, setzt ihre Thematik in abstrakter Weise um. Ihre Gemälde aus der Serie "Equilibrium" bestechen durch die ineinander tauchenden sanften Schattierungen. Wie schwebend leuchten die Farbkompositionen in heller Durchsichtigkeit und Leichtigkeit. "Ich male, was ich fühle", so ihr Credo.
Die Jüngste, Margarita Petrova, ist studierte Grafikerin, erhielt 2017 das Erasmus-Stipendium an der Akadamie der Schönen Künste in Breslau. Ihre Radierungen sind in feinster Nuancierung ziseliert, nur in Schwarz und Weiß, was den Zeichnungen Licht und Schatten in einer gleichermaßen Kühle und Heiterkeit verleiht, aufgehellt mit figurativer Gestaltung. Eine Zeichnung tituliert sie "Soul", hier gibt sie einen Teil ihres Innersten prei. Wer russische Kunst kennen lernen will, sollte das Eishaus besuchen, es lohnt.
Das meinte auch Landrat Klaus Peter Söllner. Er nannte Kultur ein Mittel gegen die Engstirnigkeit im Denken. Für ihn ist "focus-europa" ein leuchtendes Beispiel, wie man mit Kunst Grenzen überwinden kann.