Ehemaliger Lehrer "vererbt" Neuensorg alte Bilder

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Das Schulhaus in Neuensorg wurde 1903 am Ortsende neu gebaut, man präsentierte es 1905 stolz auf einer Ansichtskarte. Foto: Siegfrid Sesselmann/privat
Das Schulhaus in Neuensorg wurde 1903 am Ortsende neu gebaut, man präsentierte es 1905 stolz auf einer Ansichtskarte. Foto: Siegfrid Sesselmann/privat
Im Nachlass des Lehrers Severin Hajer (1923 - 2014) befinden sich Schülerzeichnungen. Foto: Siegfrid Sesselmann/privat
Im Nachlass des Lehrers Severin Hajer (1923 - 2014) befinden sich Schülerzeichnungen. Foto: Siegfrid Sesselmann/privat
 
Der Enkel des Lehrers Severin Hajer, David Langenberger, wurde von seiner Mutter beauftragt, die Rückgabe der Schülerarbeiten in die Wege zu leiten. Stolz zeigt er mit seinem Sohn drei der Zeichnungen. Foto: Siegfrid Sesselmann/privat
Der Enkel des Lehrers Severin Hajer, David Langenberger, wurde von seiner Mutter beauftragt, die Rückgabe der Schülerarbeiten in die Wege zu leiten. Stolz zeigt er mit seinem Sohn drei der Zeichnungen. Foto: Siegfrid Sesselmann/privat
 

Im Nachlass des früheren Neuensorger Lehrers Severin Hajer wurden 65 Jahre alte Kinderzeichnungen entdeckt.

65 Jahre lang schlummerten im Nachlass des Lehrers Severin Hajer kleine Kunstwerke von Schülern aus Neuensorg. Als sich der junge Lehrer 1956 nach Willersdorf im Landkreis Forchheim versetzen ließ, nahm er die 40 Schülerarbeiten als Andenken mit. Nun entdeckte seine Frau Erna den Umschlag - und sie möchte die Werke den Künstlern zurückgeben. Erste Anlaufstelle für sie war ihr Enkel David Langenberger, der in Kulmbach wohnt.


Bewegte Vergangenheit und Flucht


Bevor Severin Hajer 1951 als Lehrer in das beschauliche Neuensorg kam, hatten er und seine Vorfahren eine bewegte Vergangenheit in den Wirren der Geschichte. 1775 ließen sich etwa 100 Holzhauer aus dem österreichischen Salzkammergut anwerben und siedelten mit ihren Familien in die Waldkarpaten, die damals zur österreichisch-ungarischen Monarchie gehörten und heute in der Ukraine liegen.

Sie gründeten die Siedlung Deutsch-Mokra, die bald durch Fleiß und Gemeinschaftssinn aufblühte. Nach dem Ersten Weltkrieg begann für die Familien eine schwierige Zeit. Zuvor zum ungarischen Teil der Habsburger Monarchie gehörend, kamen sie 1919 zur Tschechoslowakei, später zu Ungarn, wieder zur Tschechoslowakei und 1945 zur UdSSR. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die deutschsprachigen Bewohner massiven Repressionen ausgesetzt, und so beschloss die Familie Hajer, in den Westen zu flüchten.


In Prag ausgebildet


Da Severin Hajer bereits in Prag die Lehrerbildungsanstalt besucht hatte, konnte er 1949 in Baiersdorf in Mittelfranken seine erste Lehrerstelle antreten. Zwei Jahre später verschlug es ihn nach Neuensorg in Oberfranken. Zu dieser Zeit hatten fast alle kleinen Orte im Stadtsteinacher Oberland ihre eigene Schule. Wie an einer Perlenkette reihten sie sich aneinander.Von Weidmes über Traindorf, Neuensorg, Hohenberg, Horbach, Grafengehaig, Eppenreuth bis Enchenreuth, Marktleugast und Marienweiher.

Die Familien waren in Neuensorg sehr kinderreich, und so gingen 1884 in einem Raum 100 Kinder in die Klassen eins bis sieben, 1913 waren es 54 Schüler. Ein erstes Schulhaus wurde einstöckig 1866 in der Mitte des Dorfes gebaut. Doch 1903 wurde isoliert am Ende der Ortschaft ein zweistöckiges Gebäude eingeweiht. Auch die Namen der Schulmeister sind seit 1851 lückenlos bekannt. So sind zuletzt zu nennen Johann Will (1920 bis 1949), Johann Kluge (1949 bis 1951), Severin Hajer (1951 bis 1957) und Werner Galuschke (1957 bis 1971). Ab 1930 bis 1945 gab es eine zweite Lehrkraft, die ab 1958 bis 1971 erneut besetzt wurde. Die Lehrerinnen hießen Brigitte Lotter, Hannelore Sumara, Christine Mühlbauer und Christine Vill.


Nach Willersdorf versetzt


1956 ließ sich Severin Hajer nach Willersdorf versetzen. Seine Frau Erna und er errichteten in Buckenhofen ein Eigenheim, wo sie mit ihren fünf Kindern lebten. Einer seiner bekanntesten Schüler war der Schauspieler und Regisseur Horst Kummeth (geboren 1956), den viele Zuschauer seit 2007 in der Serie "Dahoam is Dahoam" kennen, in der er den fränkischen Apotheker Roland Bamberger spielt. Kummeths Eltern wollten unbedingt, dass er in der Klasse von Severin Hajer unterrichtet werden sollte, um seine Talente zu fördern.

Doch die Kinderzeichnungen, die der junge Lehrer in Neuensorg anfertigen ließ, schlummerten in Hajers Unterlagen weiter. Der aufgeschlossene, außerordentlich soziale "wirkliche Menschenfreund", so seine Tochter Traudi, der offen war für alles Neue, starb 2014 im Alter von 90 Jahren.


Enkel lebt in Kulmbach


Doch nun beauftragte dessen Tochter Traudi ihren Sohn, den Bioinformatiker und Humangenetiker David Langenberger, der in Kulmbach wohnt und in Leipzig in der Forschung tätig ist, die Kinderzeichnungen wieder zu "ihren Wurzeln" nach Neuensorg zu bringen.

"Schade, dass er nicht mehr lebt. Über diese Aktion würde er sich bestimmt freuen", so seine in Neuensorg geborene Tochter Traudi, die überzeugt ist, einen letzten Willen ihres Vaters erfüllen zu müssen. Geplant ist ein Treffen der ehemaligen Schüler des Pädagogen in Neuensorg, um die Arbeiten von einst wieder zurückgeben zu können.