Gastwirte und Brauereivertreter aus ganz Oberfranken hatten in Wartenfels zum Wirtshaussterben jede Menge zu sagen.
Im Wirtshaus ist schon immer Politik gemacht worden. Aber jetzt werden die Wirtshäuser immer weniger und brauchen die Hilfe der Politik. Denn wenn sich bei Themen wie Bürokratie, Mindestlohn und Dokumentationspflicht oder steuerliche Belastung und Förderung der Schattengastronomie nichts ändert, wird es bald - besonders in den Dörfern - nicht mehr viele Wirtshäuser geben.
Im "Berghof" in Wartenfels sprachen am Mittwoch zahlreiche Gastwirte und Brauereivertreter aus ganz Oberfranken Probleme ihrer Branche an und wiesen auf die schwierige Situation der Dorfgastronomie hin. "Selbst gutgehende Wirtshäuser haben keine Zukunft mehr, stellen wir in ganz Oberfranken fest, wobei es im Westen noch besser ausschaut als im Osten", sagte Landrat Klaus Peter Söllner beim Treffen der Dorfwirtshaus-Initiative, die der Limmersdorfer Nebenerwerbsgastwirt Veit Pöhlmann und die Industrie- und Handelskammer (IHK) ins Leben gerufen haben.
"Das reine Dorfwirtshaus ist heute offenbar als Geschäftsmodell nicht mehr rentabel zu betreiben", erklärte stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfram Brehm. Nachdem ein tiefgreifender Strukturwandel zu beobachten ist und die Dorfwirtshäuser zu den wichtigen Standortfaktoren zählen, müsse sich die Gesellschaft und die Politik mit dem Thema befassen.
Problem Feuerwehrhäuser Ein Ansatzunkt ist die Schattengastronomie. "Die Feuerwehrhäuser haben die Wirtschaften kaputtgemacht", meinte Waltraud Grampp, Oberdornlach. Die Schulungsräume seien Treffpunkte, wo Bier getrunken wird, "und der Wirt nebendran schaut blöd." Eine Einschätzung, die Jochen Hofmann aus Oberlangheim (Lichtenfels) teilte. Er prangerte die Förderpolitik des Staates an: "Wenn ein Feuerwehrhaus geplant wird, gibt's nur Zuschuss, wenn ein Schulungsraum gebaut wird."
Gastgeber Alexander Schütz vom "Berghof" zeigte kein Verständnis dafür, dass Gastwirte einen viel höheren Bierpreis bezahlen müssen als Verbraucher in den Getränkemärkten. Außerdem werden kleine Betriebe nach seiner Ansicht über Gebühr mit bürokratischen Auflagen belastet. "Wenn wir Gastronomie oder Einzelhandel so wie bisher haben wollen, muss von staatlicher Seite was kommen."
Wirtshaus und Demografie Manfred A. Schuberth, der in Gumpersdorf das Dorfwirtshaus der Familie wiederbelebt hat, pflichtete Schütz bei: "Wenn ich das alles - Dokumentationspflicht, die Ämter, die Auflagen - gewusst hätte, dann hätte ich das Geld anders angelegt." Hier sei die Politik gefordert. "Bei uns in Deutschland wird alles reglementiert, dass die Kreativität kaputtgeht." Überdies sah Schuberth einen Zusammenhang von Wirtshauskultur und Demografie. Augenzwinkernd sagte er: "Wenn der Mann vom Wirtshaus heimkam, war er gut gelaunt. Da ist eine Nummer gelaufen, und es sind Kinder rausgekommen."
Veit Pöhlmann forderte, eine Dokumentation zu erstellen, wo in Oberfranken noch Dorfwirtshäuser vorhanden sind und wo es Leerstände gibt. Außerdem kritisierte er: "So ein hochkomplizierter Beruf wie der des Gastwirts hat die kürzeste Ausbildung: zwei Stunden ohne Prüfung - länger dauert die Unterweisung bei der IHK nicht." Pöhlmann und Hans Päsler von der Kulmbacher Kommunbräu sprachen sich für eine qualifizierte Ausbildung von Gastwirten durch die IHK aus.
"Wir bleiben an dem Thema dran", versprach Wolfram Brehm.Er werde wegen der Qualifizierung mit den IHK-Experten reden und das Gespräch mit der Politik suchen, um über Bürokratieabbau und Städtebauförderung zu diskutieren.
Wirtshaussterben: Die Hälfte ist schon weg Von 8000 Wirtshäusern im Jahr 1980 in Bayern ist heute nur noch die Hälfte übrig: Professor Hans Hopfinger aus Regensburg hat das Wirtshaussterben erforscht und herausgefunden, dass Speisegaststätten weniger betroffen sind als die getränkeorientierte Gastronomie wie die Dorfwirtshäuser. "Es braucht viel Kreativität und Innovationsgeist, um auf die Probleme adäquat zu reagieren", sagte er. Man habe aber auch immer wieder erfolgreiche Betriebe trotz schlechter Rahmenbedingungen angetroffen. Wachstum gebe es, wo man auf veränderte Kundenbedürfnisse flexibel reagiert.