Die Hohe Kunst des Schafkopf-Spiels

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Fotos: Michael Gründel
Fotos: Michael Gründel
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Für viele ältere Franken gehört Schafkopfen einfach dazu, während viele jüngere nicht einmal die Regeln kennen. Und die sind auch gar nicht so leicht zu erlernen. Ein Selbstversuch.

Die schwere vernietete Metalltür mit der Aufschrift "Ratskeller" knarzt, als ich sie öffne. Mein Blick fällt zunächst auf die niedrige Decke, deren Wirkung durch eingelassene Holzbalken noch verstärkt wird. Die Wanddekoration scheint aus einem vergangenen Zeitalter zu stammen: Pferdegeschirre, Porzellanteller und Wandmalereien, die Bauern bei der Feldarbeit zeigen. Rustikal würde man heute sagen, oder urig. Fränkisch auf jeden Fall. Hier muss ich richtig sein, auf der Suche nach den fünf Verfechtern der fränkischen Kartenspiel-Kultur.

Durch die Fensterscheibe aus buntem Glas fällt nur wenig Licht. Die Gäste haben es sich im Außenbereich der Wirtschaft gemütlich gemacht, genießen die letzten Tage des Sommers. Fröhliches Geplauder dringt mit einem Mal an mein Ohr. Ein Blick um die Ecke genügt, da habe ich sie gefunden: Erich Witzgall, Rüdiger Birner, Josef Lubina, Hermann Kittel und Raimund Lederer. Die fünf Herren treffen sich immer montags, um ihrem liebsten Hobby nachzugehen: dem Schafkopfspiel.

Um 17.30 Uhr sitzen alle am Tisch und breiten ihre Schälchen mit Kleingeld vor sich aus. Die Fünf spielen schon lange Schafkopf. Eigentlich ihr ganzes Leben lang. Es gehört für sie dazu - doch für die meisten jüngeren Menschen in der Region offenbar nicht, oder nicht mehr. "Früher konnte man einfach in ein Wirtshaus gehen und hat da immer Leute zum Schafkopfspielen gefunden", sagt Erich Witzgall. Aber in den vergangenen zehn Jahren seien es immer weniger geworden. Umso wichtiger ist ihnen ihr montägliches Treffen.

"Beim Kartenspielen sind wir Gegner, aber danach vertragen wir uns wieder", sagt Josef Lubina, während er die Karten verteilt. Erich Witzgall macht das Spiel, gewinnt ein Solo und streicht 75 Cent ein. "Jetzt hör' ich auf", sagt er und lacht.

Flottes Spiel provoziert Fehler

Das Spiel zu beobachten ist für einen Außenstehenden, wie bei einem Tennismatch zuzusehen: Die Augen schnellen hin und her, so rasch landen die Karten auf dem Tisch und verschwinden wieder. Ein bisschen Routine gehöre schon dazu, erklären mir die Fünf, und man sehe ja schon am Blatt, was man spielen müsse. "Außerdem", sagt Raimund Lederer, "muss man schon ein bisschen flott spielen. Dann machen die anderen mehr Fehler, weil sie weniger Zeit haben zu überlegen."

Ich verfolge das Spiel so gut es geht, dann darf ich mit einsteigen - was das Tempo der Herren erheblich bremst. Nachdem es ein paar Runden lang gut für mich aussieht und der Kupferberg vor mir wächst, bekomme ich mein eigenes Schälchen - ein Ritterschlag. Ich bin stolz wie Oskar. Doch schon kurze Zeit später wendet sich das Blatt - im wahrsten Sinne des Wortes. Meine riskante Spielweise zahlt sich nicht aus: Die Ideen sind zwar nicht schlecht, doch die Umsetzung ist katastrophal. Nach einer halben Stunde ist mein Kleingeld verbraten und ich steige wieder aus - bevor ich mich finanziell völlig ruiniere.

Die fünf Herren scheinen erleichtert zu sein: Jetzt müssen sie meine wirren Versuche nicht mehr ertragen. Aber sie waren geduldig, haben mir erklärt, was ich falsch mache. Nur geholfen hat es leider nichts. Traurig gebe ich mein Schüsselchen wieder ab. Bis ich in der Profi-Liga mitspielen kann, habe ich wohl noch einiges an Übung vor mir.

Erich, Rüdiger, Josef, Hermann und Raimund spielen weiter. Bis 22 Uhr, wie jeden Montag. Ihnen macht es nichts aus, wenn sie mal kein Glück haben. "Heute verliere ich vielleicht fünf Euro - dafür gewinne ich beim nächsten Mal vielleicht sieben", sagt Josef Lubina - sie spielten ja nicht wegen des Geldes, sondern wegen der Gaudi, "und weil es Tradition hat. Es ist für uns ein Teil der Heimat, es gehört zu Franken dazu."