Die Grenzschikanen wurmen mich noch heute

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Wachturm an der ehemaligen DDR-Grenze.
Wachturm an der ehemaligen DDR-Grenze.

Ein Vierteljahrhundert ist der Mauerfall jetzt her. Vor 24 Jahren wurde die Wiedervereinigung besiegelt. Es gibt Ostalgiker, die heute von der heilen Welt in der ehemaligen DDR faseln, von optimaler Krippenversorgung und sozialer Wärme. Da kann einem richtig kalt werden.

Ich erinnere mich mit Grauen an meine Fahrten ins von Altsozialisten noch immer hoch gelobte Land hinter dem Eisernen Vorhang. An die Gängelungen an der Grenze bei Hirschberg, wo man einfach mal zwei Stunden nicht beachtet wurde, weil man "Ostberlin" als Reiseziel angegeben hatte statt "Berlin - Hauptstadt der DDR".
Meinen Strafzettel über zehn Mark - Westmark wohlgemerkt - halte ich bis heute in Ehren. Ich bekam ihn wegen eines Spurwechsels an der Grenze. Rechts stand ein Vo(lks)-Po(lizist) und winkte mich auf den linken Fahrstreifen. Dort stand zehn Meter weiter sein Kollege und kassierte ab. Ich hatte, wie hunderte anderer Autofahrer auch, eine "durchgezogene Linie überfahren".

Reine Schikane. Die Krönung erlebte ich aber bei einer Rückreise zu Fuß von Ost- nach Westberlin. Meine Tante hatte mir eine Tasche Zwetschgen mitgegeben. Der Grenzer fragte mich allen Ernstes, ob meine Ausfuhr wurmig sei.
Ich antwortete zögerlich: "Ich hoffe nicht!" Der Staatsdiener nickte: "Das hoffe ich auch, denn Fleischausfuhr ist verboten." Heute kann ich darüber lachen, damals jedoch kam ich mächtig ins Schwitzen, weil Humor in den unmenschlichen Grenzanlagen eher selten war.

Ochs und Esel haben den Sozialismus nicht aufgehalten, wohl aber die Bürger - mit ihrem Mut und ihrem Wunsch nach Freiheit und einem Ende der Unterdrückung. Darauf können alle, die damals dabei waren, stolz sein. Wenn friedliche Revolutionen doch auch anderswo auf der Welt möglich wären.