Die Gefahr im Kleingedruckten

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Drei Mittelzentren sind im Landkreis Kulmbach für das Landesentwicklungsprogramm beantragt. Grafik: Michael Beetz
Drei Mittelzentren sind im Landkreis Kulmbach für das Landesentwicklungsprogramm beantragt. Grafik: Michael Beetz

Stadtsteinach, Marktleugast und Untersteinach wollen eine Einstufung als Mittelzentrum im Landesentwicklungsprogramm. Andernfalls drohten die Schließung von Einrichtungen mit überörtlicher Bedeutung und der Verlust von Entwicklungsmöglichkeiten.

Für den Laien sind es sperrige Begriffe, deren Bedeutungen nicht auf den ersten Blick zu erkennen sind. LEP, Zentrale-Orte-System oder Grundzentrum sind nur einige davon. Dass Stadtsteinach gemeinsam mit Marktleugast und Untersteinach den Antrag auf Einstufung als Mittelzentrum im Landesentwicklungsprogramm (LEP) gestellt hat, ist aber alles andere als bürokratische Makulatur. Es geht um die künftige Lebensqualität in der Region.

Der Antrag ist der Tatsache geschuldet, dass die Bayerische Staatsregierung die bislang gültigen sieben Hierarchiestufen auf drei Stufen zusammengefasst hat: Grundzentrum, Mittelzentrum und Oberzentrum. Und bei dieser Neuordnung hat es sowohl Auf- als auch Abstufungen gegeben.

Grund- statt Unterzentrum

Für das ehemalige Unterzentrum Stadtsteinach bedeutete die Neuordnung die Abstufung zum Grundzentrum.
Und damit die nicht unerhebliche Gefahr für das Stadtsteinacher Land, dass wichtige Einrichtungen verloren gehen, wie Bürgermeister Roland Wolfrum (SPD) und sein Verwaltungsleiter Florian Puff erläutern. "Stadtsteinach hat Alleinstellunsgmerkmale wie die Polizei, das Forstamt, das Notariat oder auch Einrichtungen wie die Fachklinik, eine BRK-Rettungswache und ein Altenheim", sagt Wolfrum und verweist auf einen Passus in der Definition des Begriffes Grundzentrum, wonach dort die Schließung von Einrichtungen wie Polizei, Forstamt oder Notariat leichter möglich sein soll. "Und das wollen wir auf keinen Fall. Das war unser erster Beweggrund, gemeinsam mit Marktleugast und Untersteinach die Aufstufung zum Mittelzentrum zu beantragen", so das Stadtoberhaupt.

Dass Stadtsteinach zusammen mit Untersteinach und Marktleugast den Antrag gestellt hat, ist auf die gewachsenen Strukturen des Altlandkreises Stadtsteinach mit der ehemaligen Kreisstadt und die enge Zusammenarbeit zum Beispiel im schulischen Bereich zurückzuführen, so die Argumentation.

Versorgung für 15 000 Menschen

Das aus den drei Kommunen entstehende Mittelzentrum hätte rund 8400 Einwohner, was in etwa dem Durchschnitt vergleichbarer Mittelzentren in Oberfranken entspreche, so Wolfrum. Insgesamt werden in diesem Bereich rund 15 000 Menschen mit einem "Angebot an zentralörtlichen Einrichtungen der Grundversorgung als auch mit zentralörtlichen Einrichtungen des gehobenen Bedarfs, das heißt überörtlich bedeutsamen Einrichtungen der Daseinsvorsorge" bedient, so die offizielle Begründung der Stadt in der Antragstellung.

Im Detail werden auch "die Angebote der Grundversorgung und des gehobenen Bedarfs" vorgestellt, wozu Polizei, Forstamt und Notariat ebenso zählen wie der qualifizierte ÖPNV-Knotenpunkt Untersteinach. Den Hinweis auf leistungsstarke Gewerbebetriebe in den Kommunen mit zum Teil weltweiten Geschäftsbeziehungen ergänzen die Antragsteller um den Zusatz, dass deren Entwicklungsmöglichkeiten so wenig wie möglich beschränkt werden dürfen.

Welche Vorteile ein Mittelzentrum für den Otto-Normal-Verbraucher in der Praxis hat, beschreibt Wolfrum an einem - fiktiven, aber durchaus treffenden - Beispiel: Otto Normalverbraucher kann seinen Waldverkauf weiterhin in Stadtsteinach notariell beurkunden lassen und sich dazu beim Forstamt die Aufforstungsbestätigung ausfüllen lassen. Denn dabei festgestellten Holzdiebstahl kann er gleich bei der Polizeiinspektion anzeigen. Und der Holzdieb, der betrunken einen Unfall gebaut hat, wird vom Stadtsteinacher Rettungsdienst versorgt...

Für alle drei Antragsteller wichtig ist neben der Bestandssicherung die Eröffnung von Entwicklungsmöglichkeiten, die in einem Mittelzentrum großzügiger gefasst sind. "Einzelhandelsgeschäfte jenseits der 1200 Quadratmeter Fläche sind nur in Mittel- und Oberzentren möglich", erklärt Roland Wolfrum. In diesem Zusammenhang zu sehen ist beispielsweise auch der gemeinsame Antrag der Gemeinden Himmelkron, Neuenmarkt, Wirsberg, Marktschorgast und Bad Berneck auf Einstufung als Mittelzentrum. Oder der des Marktes Thurnau.

"Ein wichtiges Signal"

Der Marktleugaster Bürgermeister Franz Uome (CSU) unterstreicht, dass seine Gemeinde ("Wir waren Kleinzentrum, sind jetzt nur Grundzentrum") als Teil eines Mittelzentrums nicht nur bei Betriebsansiedlungen profitieren könnte, sondern das gesamte Oberland eine Aufwertung erfahren würde. "Das wäre ein wichtiges Signal nach außen, aber auch ein wichtiges Signal der Staatsregierung für unsere Region", sagt er.

Sein Gemeinderat hatte den Antrag auch deswegen einstimmig befürwortet, weil Mittelzentren höhere Zuwendungen erhalten und die Chancen steigen, bei der Ansiedlung von infrastrukturellen Einrichtungen berücksichtigt zu werden.

Volker Schmiechen (SPD), Untersteinacher Bürgermeister, sieht die Einstufung als Mittelzentrum als wichtiges Instrument, um die Region zu stärken. "All das, was für ein Mittelzentrum notwendig ist, bieten unsere drei Gemeinden", sagt er und verweist besonders auf den Bahnanschluss und die enorme Bedeutung des Gewerbegebiets für Untersteinach, das nicht beeinträchtigt werden dürfe.

Alle Kommunen haben ihre Anträge eingereicht und zudem die örtlichen Abgeordneten gebeten, sich im Sinne eines Mittelzentrums Stadtsteinach-Marktleugast-Untersteinach einzusetzen.

Bayernweit sind es dem Vernehmen nach mehr als 60 Änderungsanträge zur laufenden Teilfortschreibung des LEP für die Festlegung der Mittelzentren und Oberzentren. Genaue Zahlen waren aus dem zuständigen Ministerium nicht zu bekommen.

Bürgermeister Roland Wolfrum zeigt sich zuversichtlich, was die Beurteilung der Eingabe angeht. "Wir haben gemeinsam eine gute Argumentation. Die Einrichtungen, die ein Mittelzentrum braucht, sind bei uns vorhanden", sagt er.

Und was passiert, wenn die der Antrag keine Berücksichtigung findet? "Dann haben wir ein erneutes Mitspracherecht. Und wir bleiben auf den Barrikaden."

Das LEP