Sie leiden unter Depressionen und Angststörungen, sie verletzen sich selbst. Das geht im Einzelfall bis zum Suizid. Derzeit treten psychosomatische Störungen wie Einschlafstörungen und Kopfschmerzen gehäufter auf. Um die Zeit ohne Freunde zu überbrücken, rutschen manche in die Spiel-, PC- und Handysucht. Bei kleineren Kindern spielen Angstzustände eine Rolle - zum Beispiel, dass den Eltern etwas passiert.
Sie haben es angesprochen: Viele starren nur noch ins Handy oder sitzen am PC.
Diese Medien sind leicht für Kinder zu erreichen. Es ist für sie interessant, im Internet nach Sachen zu suchen. Dazu ist es ein Bereich, der wenig reguliert und geschützt ist. Es gibt Kinder, die spielen nächtelang. Das ist eine Gefährdung und ein Stück regulierungsbedürftig. Das muss aber zuallererst zu Hause passieren. Die Eltern müssen Grenzen setzen. Wenn das nicht geschieht, kommt es zu Problemen.
Wie können Eltern helfen?
Sie müssen sich der Situation bewusst sein. Zum Teil sind sie wie in der Corona-Pandemie ja auch selbst betroffen. Wenn es stabile Eltern sind, dann erfolgt die Erziehung weiterhin auf einer guten Basis. Wenn die Eltern aber selbst leiden, dann ist es schon schwieriger. Wichtig ist in solchen Fällen der Leitsatz: Beziehung vor Erziehung. Die Eltern sollten Gesprächsangebote machen, gemeinsam mit den Kindern kochen, miteinander spazieren gehen, einfach Beziehungsangebote unterbreiten. Wenn Störungen auftreten, dann empfiehlt es sich, professionelle Hilfe bei einem Kinderpsychologen oder -psychiater zu holen.
Was wäre Ihr Lösungsansatz, um die Folgen der Coronakrise möglichst gering zu halten?
Das ist eine Gratwanderung. Als Kinderpsychiater bin ich der Ansicht, so wenig wie möglich den sozialen Umgang einzuschränken. Das geht in einer Pandemie natürlich nur bis zu einem gewissen Grad. Das werden letztlich die Politiker entscheiden. Es ist ja bekannt, dass Kinder und Jugendliche weniger erkranken, aber Träger des Virus sind. Die Schulen sollten aber so lange wie möglich offen gehalten werden - unter Berücksichtigung der Hygieneregeln und der Maskenpflicht. Damit haben zwar viele Probleme, aber das ist besser als die Schulen wieder zu schließen.
Kommen wir zu Ihrer Klinik. Wie ist die Betreuungssituation in Oberfranken?
Wir haben hier eine besondere Situation: Wir waren ziemlich zurück, was das qualitative und quantitative Angebot betraf. Es wurden große Anstrengungen unternommen, um das zu ändern. In den vergangenen drei Jahren hat sich viel getan. Die Therapieplätze wurden auf 134 erhöht, um auf das bayerische Niveau zu kommen. Auch wenn wir vollstationär verdoppelt haben, so haben sich die Plätze mehr oder weniger automatisch gefüllt. Besonders durch Corona hat sich die Hilfsbedürftigkeit verstärkt. Aber die Versorgung ist weiterhin hoch und gut. Wir sind in Oberfranken nicht in der Situation, dass wir sagen müssen: Land unter.