Casino-Prozess: Nur Kaffeetrinker, keine Räuber?

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Volles Haus im Bayreuther Schwurgerichtssaal: Beim Casino-Prozess vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts sind vier Angeklagte und insgesamt sechs Rechtsanwälte beteiligt. Hier ein Blick auf die Anklagebank mit einem Teil der Verteidiger; von links: Rechtsanwältin Silvia Wunderle, Augsburg, Rechtsanwalt Jochen Kaller, Bamberg, Rechtsanwalt Werner Brandl, Kulmbach, und Rechtsanwalt Michael Fiedler, Bayreuth. Foto: Stephan Tiroch
Volles Haus im Bayreuther Schwurgerichtssaal: Beim Casino-Prozess vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts sind vier Angeklagte und insgesamt sechs Rechtsanwälte beteiligt. Hier ein Blick auf die Anklagebank mit einem Teil der Verteidiger; von links: Rechtsanwältin Silvia Wunderle, Augsburg, Rechtsanwalt Jochen Kaller, Bamberg, Rechtsanwalt Werner Brandl, Kulmbach, und Rechtsanwalt Michael Fiedler, Bayreuth. Foto: Stephan Tiroch

Im Verfahren um den vereitelten Raubüberfall in Himmelkron kamen am Mittwoch Ammenmärchen und Lügen zur Sprache.

So voll ist es im historischen Bayreuther Schwurgerichtssaal selten. Im Prozess wegen des vereitelten Raubüberfalls auf das Himmelkroner Joker Casino durch eine Bande von Kosovo-Albanern sind es - Zeugen, Zuhörer und Medienvertreter nicht mitgezählt - 25 Verfahrensbeteiligte: die mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen besetzte 1. Große Strafkammer, vier Angeklagte, sechs Verteidiger, ein Staatsanwalt, ein Dolmetscher, eine Protokollführerin, ein Justizwachtmeister sowie sechs Polizisten, die die drei Männer aus der Untersuchungshaft vorführen.

Weil die Tatverdächtigen im Casino-Prozess größtenteils schweigen, muss Vorsitzender Richter Michael Eckstein ein zeitraubendes Verfahren durchziehen. Ein Kriminalhauptkommissar trägt die Ermittlungsergebnisse der Polizei, der ein Schlag gegen die organisierte Kriminalität gelungen ist, haarklein vor. Eine ermüdende Angelegenheit. Jedes abgehörte Telefongespräch, jedes Detail der Observationen - alles ist wichtig, um die auf Einbruchdiebstahl spezialisierte Kosovo-Bande zu überführen.


Drei Jahre Mindeststrafe

Der Anklagevorwurf lautet: Verabredung zum schweren Raub und unerlaubter Waffenbesitz. Darauf steht eine Mindeststrafe von drei Jahren - obwohl es nicht zur Tatausführung kam. Denn am Vorabend des am 29. Juni 2016 geplanten Überfalls wurde die Gruppe in einer Bayreuther Eisdiele in der Bahnhofstraße durch eine SEK-Einheit der Polizei festgenommen.

Am nächsten Tag bekam der Ermittlungsrichter, der am Mittwoch als Zeuge aussagte, eine Menge zu tun. Acht Verdächtige mussten bei ihm antreten und wurden befragt. Vier zentrale Figuren der Bande überstellte die Justiz anschließend nach Hannover, wo ihnen auch wegen weiterer Vergehen der Prozess gemacht wird.


"Sehr unglaubwürdig"

Nach Angaben des Ermittlungsrichters wurden ihm damals vorwiegend Ammenmärchen aufgetischt. Die Albaner wollten "ganz normale Gäste" in der Eisdiele gewesen sein, "um Kaffee zu trinken". Von geplanten Straftaten hätten sie nichts mitbekommen. In Bayreuth sei man auf Arbeitssuche gewesen. Die Verdächtigen hätten "gemauert", so die Einschätzung des Richters: "Sehr unglaubwürdig!"

Etwas gesprächiger waren offensichtlich die beiden Bayreuther Informanten. Sie werden von der Staatsanwaltschaft als Mittäter beim geplanten Raub angesehen, während ihre Verteidiger lediglich von Beihilfe ausgehen. Strafbar wäre dann nur der unerlaubte Waffenbesitz.


"Blöd gewesen"

Die deutsche Frau (31), die bis Mai in der Himmelkroner Spielothek gearbeitet hat, räumte ein, das Prozedere der Geldabholung ausgeplaudert zu haben. Außerdem sei sie "so blöd" gewesen, die Waffe und den Elektroschocker in ihrer Wohnung aufzubewahren. Von der Unterhaltung der Männer habe sie ansonsten nichts verstanden, denn es sei albanisch gesprochen worden.

Ihr jetziger Mann (37), der seinerzeit schon zur Ausreise in den Kosovo aufgefordert worden war und den sie im Gefängnis geheiratet hat, gab beim Ermittlungsrichter an, dass er mit der Sache nichts zu tun haben wollte. Er sei aber vom Anführer der Bande - Spitzname "Shemi" - massiv bedroht worden. "Er ist kriminell", soll der 37-Jährige gesagt haben.


Angeklagter gibt Lüge zu

Weiter habe der Angeklagte erklärt, dass "Shemi", den er von seiner Dolmetschertätigkeit in einer hiesigen Asylbewerberunterkunft kannte, gewalttätig geworden sei. Er habe ihm "eine Pistole in den Mund gehalten". Am Mittwoch korrigierte sich der Mann: "Das war gelogen."

Das Verfahren wird nächste Woche fortgesetzt. Dann entscheidet die Kammer auch über den Antrag von Rechtsanwalt Jochen Kaller, Bamberg, den Haftbefehl gegen den Bayreuther außer Vollzug zu setzen.