Der Bau der Ortsumgehung Untersteinach hat begonnen. Beim symbolischen Spatenstich marschierten allerdings auch die Kauerndorfer auf.
Ganz besonders aufgeregt war eine Abgeordnete: Emmi Zeulner. Denn sie hatte sich mit Vehemenz für den Bau der Ortsumfahrung Untersteinach eingesetzt - und für sie war der symbolische Spatenstich auch der erste für eine Bundesstraße. Deshalb versprach Emmi Zeulner, dass der Spaten, der die Aufschrift "Ortsumgehung Untersteinach" trug, unbedingt in ihrem Büro einen Ehrenplatz bekommen sollte.
"Manchmal hat diese Beharrlichkeit von Emmi Zeulner schon den Tatbestand des Stalkings erfüllt", scherzte Dorothee Bär. Doch die B 289 soll Industriestandorte am Oberen Main mit strukturschwächeren Gebieten in Oberfranken verbinden. Die Ortsumfahrung Untersteinach soll endlich den Ortskern und die Untersteinacher entlasten - und sie soll für mehr Verkehrssicherheit im Ort sorgen.
48 Millionen Euro investiert der Bund allein in den drei Kilometer langen Abschnitt. Sechs Brücken müssen gebaut werden.
"Die Ortsdurchfahrt von Untersteinach ist mit bis zu 14 000 Fahrzeugen am Tag überdurchschnittlich hoch belastet - und 80 Prozent davon ist Durchgangsverkehr", so Bär. "Durch die Ortsumgehung wird die Ortsdurchfahrt entlastet, die Sicherheit erhöht und der Verkehrsfluss verbessert", sagte die parlamentarische Staatssekretärin.
Möglich wurde die Finanzierung der Untersteinacher Ortsumfahrung allerdings erst durch das Investitionspaket für Straßenbauprojekte, das Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) im Sommer letzten Jahres aufgelegt hatte. Das hat ein Volumen von 2,7 Milliarden Euro. "Die Ortsumfahrung Untersteinach ist eines von insgesamt 13 bayerischen Bauprojekten, die im Investitionspaket für eine verbesserte Verkehrsinfrastruktur in Deutschland enthalten sind", so Bär.
Allerdings gab es nicht nur glückliche Gesichter beim offiziellen Spatenstich: Die Kauerndorfer, deren Umgehung nicht gebaut
wird, obwohl sie seit Jahrzehnten dafür kämpfen, hatten den Termin genutzt, um eine kleine Demo durchzuführen. Denn die Umgehung Kauerndorf-Untersteinach gilt noch immer als ein Projekt, auch wenn es in zwei Bauabschnitten realisiert werden solle.
Mit Plakaten machten rund 30 Kauerndorfer darauf aufmerksam, dass auch die Ortsumfahrung Kauerndorf dringlich sei und forderten eine Wieder-Aufstufung im Bundesverkehrswegeplan. Denn in der Fortschreibung soll die Umfahrung Kauerdorf nicht mehr als "vordringlicher Bedarf" angesehen werden. Das hat die Kauerndorfer in den letzten Wochen auf die Palme gebracht.
Die Politiker aus der Region und auch die Bundespolitiker nutzten die Gelegenheit, um mit den Kauerndorfern zu diskutieren. Einhellig betonten alle, dass man nach Lösungen suchen wolle.
Doch die Tunnellösung, die bereits Baurecht hat, sei wohl nicht schnell realisierbar, nahm der Kulmbacher Oberbürgermeister und Bezirksrat Henry Schramm (CSU) kein Blatt vor den Mund.
In den letzten Wochen hatte es sogar Angebote gegeben, den Kauerndorfern ihre Häuser abzukaufen. "Das Dorf soll weg? Brilliante Idee" hatten die Kauerndorfer auf ihre Plakate geschrieben und machten keinen Hehl draus, dass ihnen dieses Ansinnen gar nicht gefällt. Einige fragten: "Ist unser Leben nichts wert?".
Auch die Untersteinacher Kämpfer für die Ortsumgehung solidarisierten sich mit den Kauerndorfern und baten Bundesverkehrsminister Dobrindt, die Ortsumfahrung Kauerndorf wieder in den vordringlichen Bedarf aufzunehmen, erklärte Alfred Vießmann aus Untersteinach und überreichte Dorothee Bär einen Brief für den Bundesminister.
"Mir ist es lieber, dass sie dafür sind als dagegen", merkte Dorothee Bär an.
Und der parlamentarischen Staatssekretärin ist auch bewusst, dass die Erfüllung eines Wunsches weitere Wünsche nach sich zieht. Doch ein klares Signal für die Kauerndorfer hatte sie nicht.
"Die Solidarität ist gut. Wir müssen nach Lösungen suchen, aber wie die aussieht, da will ich mich noch nicht in eine Richtung festlegen", erklärte auch Gerhard Eck, Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr. Doch dann widmete sich Eck ebenfalls den erfreulichen Dingen: Die Investitionssumme von 48 Millionen Euro für die Untersteinacher Ortsumfahrung sei kein Pappenstil. "Aber jedes in Franken investierte Geld ist gut und wichtig", so Eck.
Äußerst positiv bewertete Eck zudem den Wettbewerb für die Talbrücke. "Wir wollen hier nicht einfach was hinklotzen, sondern wir möchten auch die Herzen der Menschen erreichen.
Die Region soll lebens- und liebenswert bleiben", so Eck.
"Für Untersteinach ist das heute ein herausragender Tag. Am Weg ist Leben", sagte Landrat Klaus Peter Söllner (FW). Söllner freute sich, dass die Demonstranten aus Kauerndorf ihr Versprechen, den Festakt nicht zu stören, eingehalten haben. Sie kämpften für ihre Meinung, störten aber den offiziellen Spatenstich nicht.
"Und den Tunnel, der die Maßnahme so teuer macht, den haben nicht die Kauerdorfer zu verantworten. Ich bitte darum, die Kauerndorfer nicht im Regen stehen zu lassen", so der Kulmbacher Landrat. Für den Untersteinacher Bürgermeister Volker Schmiechen (SPD) war der offizielle Spatenstich ein Freudentag. Schmiechen ging auf den langen Weg ein und blickte auch viele Rückschläge und Vertröstungen zurück.
Die Pfarrer Wolfgang Oertel und Wolfgang Eßel beteten für die Straße.
Und auch, wenn beim offiziellen Spatenstich Einhelligkeit und Eintracht herrschte, erinnerte der Untersteinacher Pfarrer Wolfgang Oertel daran, dass dies nicht immer so war. Denn natürlich bringt eine solche Umgehung auch Beeinträchtigungen und Veränderungen im Landschaftsbild mit sich. "Es ist wichtig, dass man Ausgleichsflächen schafft. Aber der Spatenstich ist vielleicht auch ein Brückenschlag", hoffte Oertel und sprach für die, die an der Straße arbeiten und für die, die später die Straße nutzen werden, ein Gebet.
Nach dem offiziellen Spatenstich, bei dem mehr als ein Dutzend Vertreter aus Politik und öffentlichem Leben, mitwirken wollten, trugen sich Dorothee Bär und Gerhard Eck ins Goldene Buch der Gemeinde Untersteinach ein.
Anschließend feierten viele im Sportheim der Fortuna Untersteinach.
Hintergrund zur Ortsumfahrung Untersteinach:Länge: 3 Kilometer
Kosten: 48,1 Millionen Euro
Durchschnittliches Verkehrsaufkommen: 14 700 Fahrzeuge pro Tag (erhoben im Jahr 2010)
Planfeststellungsbeschluss wurde am 24. Juli 2009 rechtskräftig
Zustimmung zum Baubeginn: 20. Juli 2015
Details:Es gibt auf der Strecke drei Regenrückhaltebecken und sechs Brücken. Drei Brücken werden im Jahr 2016 begonnen oder fertiggestellt. Außerdem werden in diesem Jahr der Grunderwerb abgeschlossen, Leitungen verlegt und das Baufeld gerodet.
Die Strecke wird mit zwei Einmündungen und einen höhenfreien Knotenpunkt ausgestattet.
Erst 2017 wird mit dem eigentlichen Streckenbau begonnen.
Fertigstellung: Ende 2020.
Wie immer bei Freudenfesten der CSU taucht auch Emmi auf und feiert mit den örtlichen Poltikmachern die Feste, also Schaufelfeste, Spatenstiche usw. Wie immer ist sie die Verfechterin der Enterbten, ist für die schnelle Umgehung von Kauerndorf usw. Natürlich wird ihr Elan und ihre Aktivität von anderen aus Berlin /bär) gelobt...Ganz heimlich ist sie aber auch die Vollstreckerin der CSU-Meinung in Berlin z.B. beim Fracking. So stimmt sie - von unserer Region ganz unbemerkt - gegen das Verbot von Fracking - und öffnet damit auch in unserem Landkreis dieser umweltschädigenden Rohstoffgewinnung die Türe. So sind sie halt, unsere Volksvertreter in Berlin - vor Ort die Wohltäter der Wähler und bei den Entscheidungen in Berlin nur noch Wohltäter für die Industrie. Ein Freund hat mal gesagt: Politiker sind Mietmäuler und da hat er nicht Unrecht.
Das Kauerndoofer Dilemma hatte seinen Anfang im Oktober 2014 mit der Schnapsidee des damaligen Bundesministers Hans-Peter Friedrich (CSU), das Gesamtprojekt B 289 (neu) zu „splitten“: Das wurde erwartungsgemäß von der willfährigen lokalen und überregionalen Polit-Prominenz begierig als ’Ei des Kolumbus’ begierig aufgegriffen.
Vorndran aktiv war natürlich der Untersteinacher Gemeinderat, der in nicht-öffentlicher Sitzung am 18. November 2014 einen raffinierten Plan ausheckte, wie man dem Nachbarort Kauerndorf (Gemeinde Ködnitz) diese „Finanzierungs-Splittung“ schmackhaft machen könnte; und die Kauerdoofer ließen sich natürlich mal wieder über den Tisch ziehen. Im Rückblick liest sich das heute quasi wie ein Abenteuer-Roman; seinerzeit wurde geschrieben:
»Die Ortsumgehung Untersteinach-Kauerndorf soll in zwei getrennte Finanzierungen gesplittet werden. In nichtöffentlicher [!] Sitzung wurde vorplanend bereits beraten, dass gemeinsam mit der Gemeinde Ködnitz dieser Beschluss getroffen werden soll, erklärte Bürgermeister Volker Schmiechen (SPD) in der Gemeinderatssitzung am Dienstag. …
Im Vorfeld habe es Besprechungen mit dem Ködnitzer Bürgermeister Stephan Heckel (CSU) und dem Ködnitzer Gemeinderat und Bürgerinitiativen-Sprecher Reinhold Dippold (FW) sowie mit Landrat Klaus Peter Söllner (FW) und der Bundestagsabgeordneten Emmi Zeulner (CSU) gegeben, so Schmiechen. Alle Beteiligten hätten signalisiert, dass die finanzielle Splittung der Mega-Maßnahme ein gangbarer Weg sein könnte. „Ich wünsche mir, dass Ködnitz zustimmt. Es hat diesen Vorschlag schon einmal gegeben, aber damals hatte Ködnitz abgelehnt", erklärte Heinz Burges (SPD). «
[Quelle: http://www.infranken.de/regional/kulmbach/Umgehung-In-Etappen-schneller-zum-Ziel;art312,870220, 19.11.2014]
(Ach ja:
„Spatenstich für die Umgehung ist am 4. Mai:
Dabei wird neben CSU-Staatssekretärin Dorothee Bär auch der CSU-Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt anwesend sein.“
… - … Wo war er denn?)
ein Blick dorthin, wo Umgehungen bereits realisiert sind, zeigt deutlich, wohin sich Einkaufs- und Verbrauchermärkte verlagern - nämlich an die Verkehrsachsen (z.B. Aldi, Müller etc. in Brücklein / Neudrossenfeld). Die innerörtlichen Einkaufsmöglichkeiten nehmen ab (z. B. Wallenfels) und die ältere und nicht mobile Bevölkerung ist der Verlierer. Dabei gibt es viele Möglichkeiten, die Belastung durch den innerörtlichen Verkehr zu verringern (Tempo 30, Flüsterasphalt, Umleitungen, Tonnagebeschränkungen, Nachtfahrverbote etc.) Aber jeder schreit ja nach einer Umgehung.
Nun ist es also soweit - am Mittwoch fand der große symbolische Spatenstich zur Ortsumgehung Untersteinach im Beisein der zahlreich erschienenen Lokalprominenz statt.
Die Ruhe in Untersteinach wird wohl demnächst himmlische Ausmaße annehmen - so sehr, daß sich Fuchs und Hase auf der Peuntwiese eine gute Nacht wünschen können.
Grundsätzlich halte ich dieses Projekt für kontraproduktiv, was die zukünftige Entwicklung Untersteinachs betrifft.
Die Hauptstraße ist mit ihren vormals zahlreichen kleinen Läden immer noch die Lebensader der Gemeinde. Nun wird diese Lebensader gekappt und Untersteinach damit zu Tode beruhigt. Der Durchgangsverkehr als Umsatzbringer geht definitiv verloren.
Der Leerstand und der damit verbundene Verfall der Attraktivität Untersteinachs wird jetzt immer offensichtlicher - zuletzt zeigte die Postagentur der Hauptstraße die kalte Schulter und weilt ab Juni im Getränkeladen neben dem Lebensmittel-Discounter. Noch... denn ob der am Ortsrand gelegene Anker "netto"-Supermarkt im zukünftigen Umfeld weiterhin existieren kann, bleibt offen.
Es liegt nun in den Händen der Lokalpolitik, passende Rahmenbedingungen für den Erhalt der gemeindlichen Infrastruktur zu schaffen - ein Wohnort ist nämlich nur so attraktiv wie die Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten, die er bietet. Hier prophezeie ich Untersteinach leider eine düstere Zukunft. Wenn Untersteinach mehr als eine Trabantensiedlung bleiben soll, werden enorme Anstrengungen von allen Seiten erforderlich sein.
Und spontan stellt sich mir die Frage, ob Kauerndorf nicht der heimliche Gewinner der Tragödie "Ortsumgehung B289" ist. Zwar gucken sie derzeit in die vermutlich nie Realität werdende Tunnelröhre - aber vielleicht sollte man umdenken und einmal die positiven Seiten des Durchgangsverkehrs für die örtliche Wirtschaft nutzen.
Tobias Eichner
Bürgerinitiative untersteinach-transparent.de