"Wir sind hier nicht an einer Universität, sondern im Gericht"

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In welche Richtung wird Justitia bei dem Angeklagten aus dem Landkreis Kronach die Waage bewegen - hier eine Statue in Bamberg.Symbolfoto: David Ebener/dpa
In welche Richtung wird Justitia bei dem Angeklagten aus dem Landkreis Kronach  die Waage bewegen - hier eine Statue in Bamberg.Symbolfoto: David Ebener/dpa

Ein 58-Jähriger hatte auf die Ex-Freundin eingestochen. Rechtsanwalt Oskar Steiger blitzt mit seinen Anträgen ab.

Weil er mit einem Schraubenzieher seiner Ex-Partnerin mehrere Stiche in den Bauch, in die Hände und in die Oberschenkel zugefügt hat, muss sich ein 58-jähriger Mann aus dem Landkreis Kronach vor der ersten großen Strafkammer des Landgerichtes Coburg verantworten. Die Anklage lautete ursprünglich auf versuchten Totschlag. Laut Oberstaatsanwalt Martin Dippold kommt eventuell ein auch Mordversuch in Frage. Der Beschuldigte bestreitet eine Tötungsabsicht.
Der zweite Prozesstag verlief schleppend und langatmig. Vor Beginn der Verhandlung bat der Rechtsanwalt Oskar Steiger die Vorsitzende Richterin Bianca Franke zunächst um ein Rechtsgespräch. Danach stellte der Anwalt eine Reihe von Anträgen. Steiger kritisierte unter anderem, dass die 42-jährige Geschädigte, die aus der Ukraine kommt, ohne einen Dolmetscher im Zeugenstand vernommen wurde. Laut des Rechtsanwaltes war die Zeugenaussage der Frau ein diffuses, unverständliches, unzusammenhängendes Kauderwelsch.
Der Rechtsanwalt stellte zudem die Glaubwürdigkeit der Frau in Frage und beantragte, dass durch den Heidelberger Psychologen Professor Dr. Klaus Fiedler Gutachten erstellt werde. Außerdem habe seiner Meinung nach, die Rechtsanwältin der Nebenklage, Kristina von Imhoff, ihrer Mandantin die Antworten "souffliert". "Das Opfer hat gesagt, was die Nebenklägervertreterin ihr eingetrichtert hat", begründete Steiger.
Mit dieser Auffassung stand der Anwalt des Beschuldigten allerdings alleine da. Oberstaatsanwalt Martin Dippold sah keinen Anlass an der Glaubwürdigkeit der Geschädigten zu zweifeln. Dippold: "Wir sind hier nicht an einer Universität, sondern im Gericht. Hier sind fünf Richter, die in der Lage sind, die Zeugenaussagen zu werten." Die Begründung des Antrages war laut Dippold ein vorgezogenes Plädoyer.
Da die 42-Jährige laut dem Staatsanwalt keinerlei Besonderheiten aufweise, die den Antrag begründen, wurde ein psychologisches Gutachten abgelehnt. Da durch die Anträge noch ein Termin geschoben werden müsse, sprach Kristina von Imhoff von einer möglichen Prozessverschleppung durch den Antragssteller.
Ein Beamter der Kriminalpolizei bestätigte, dass die Frau gut Deutsch spreche. Sie habe letztendlich die Vorgänge plausibel dargestellt, sagte er. " Dass man nachfragen muss, ist nichts Ungewöhnliches. Auch bei deutschsprachigen Zeugen kommt das vor", führte der Beamte aus. Der 58-jährige habe, vermutlich aus Eifersucht, seine Verflossene viermal angegriffen und dabei mit dem Schraubenzieher auf sie eingestochen. Er habe sie bis auf die Straße verfolgt und immer wieder attackiert. Er soll gerufen haben: "Ich bringe Dich um." Der Mann soll sich vorher unter einem Vorwand in der Toilette weiße Handschuhe angezogen haben und das Tatwerkzeug geholt haben.
Nach dem Angriff stellte er sich der Polizei. Bei der Vernehmung habe er zwar mehrere Stiche eingeräumt, aber aber eine Tötungsabsicht bestritten. Er habe seine Tat mit ständigen Provokationen seiner Ex-Frau begründet.
Die Verhandlung wird fortgesetzt.