Teille: Dass Jesus am Kreuz für unsere Sünden gestorben ist. Das kommt bei mir immer vor. Ich werde keine Weihnachtspredigt damit beenden, dass das Kind geboren ist. Es ist das Kind, das für uns ans Kreuz ging, um uns mit Gott zu versöhnen. Das ist mir wichtig!
Haagen: Das sehe ich genauso. Viele bleiben bei der Menschwerdung, beim Kleinkind, stehen. Das sollte man wirklich nicht machen. Ausreichend viele Zuhörer dürften Sie haben. Voller als an Heiligabend sind die Sitzreihen wahrscheinlich nicht.
Haagen: Ja, da sind die Kirchen voll. Aber schon an den Weihnachtsfeiertagen lichten sich die Reihen gravierend. Fragt man sich da als Geistlicher: "Und wo seid ihr den Rest des Jahres?"
Teille: Man sieht von vorne schon, dass da einige mit dem Gesangsbuch zu kämpfen haben, weil sie den Umgang damit nicht mehr gewohnt sind. Klar: Das fällt auf. Eigentlich macht der, der nur Weihnachten und Ostern in die Kirche kommt, etwas verkehrt. Warum?
Teille: Weil es ihm wahrscheinlich nicht um den theologischen Hintergrund geht. Nicht um das, was wir Weihnachten feiern. Aber grundsätzlich verkünde ich natürlich das Evangelium und je mehr Menschen es hören, desto besser. Es gibt in meinen Weihnachtspredigten auch immer die Einladung, häufiger in die Kirche zu kommen. Denn die Gemeinschaft des Glaubens ist ein Fest!
Haagen: Ich habe es schon erlebt, dass in Predigten die Moralkeule ausgepackt und von U-Boot-Christen gesprochen wurde. Für mich ist der Heiligabend da recht dankenswert. Es ist ja eine Chance, die Leute mit einer guten Predigt zu treffen. Aber man muss natürlich dann auch eine Punktlandung hinlegen.
Wie kirchlich ist Weihnachten überhaupt noch?
Teille: Wenn Weihnachtsmärkte schon am Freitag vor dem ersten Advent starten und nicht erst am Ewigkeitssonntag, ist das sicher eine Entwicklung, die zeigt, dass Weihnachten doch etwas entkirchlicht ist.
Haagen: Das kann man vielleicht mit einer Nuss vergleichen. Das Drumherum, wie die Adventsmärkte und andere Traditionen, sind wichtig, um den Kern, die Botschaft der Menschwerdung Jesu, zu schützen. Aber manchmal ist die Hülle so mächtig, dass man an den Kern nicht mehr herankommt. Und manchmal ist der Kern gar nicht mehr da, sondern nur noch die hohle Nuss. Bleibt zwischen Adventsfeier und Christmette noch ausreichend Zeit für die Seelsorge?
Teille: Es ist schwer, aber diese Zeit muss man sich einfach nehmen. Ich hatte jetzt erst ein Trauergespräch, das funktioniert also schon. Wie werden Sie Weihachten feiern, wenn der Heiligabend berufsbedingt ausfällt?
Haagen: Ich feier ganz bewusst mit meinen Mitbrüdern abends am ersten Weihnachtsfeiertag. Da sitzen wir zusammen, es gibt keine großen Geschenke, nur eine kleine Aufmerksamkeit. Ich nehme aber auch bewusst Feste wahr, bei denen ich nicht Akteur sein muss. Etwa am zweiten Weihnachtsfeiertag in Teuschnitz beim abendlichen Konzert mit Lichterfeier. Da bin ich beim Gottesdienst einfach nur dabei und komme dadurch auch zur Ruhe. Teille: Geht mir ganz genauso. Durch Gottesdienste, zu denen ich nichts beitragen muss, kann man mich wunderbar beschenken. Man muss als Pfarrer für sein privates Weihnachten eine Nische finden. Meine Familie veranstaltet ein großes Weihnachtsfest für die Familie. Und weil ich Heiligabend nun einmal ran muss, haben wir das bereits am 22. Dezember gemacht.