In diesem Jahr hat Marktrodach einen Bürger mehr als letztes Jahr. Das stimmt den Bürgermeister optimistisch. Es gibt dennoch noch viele Baustellen auf dem Weg in die Zukunft. Aber man wappnet sich. Und "revitalisiert".
Mit einem Stift fährt Norbert Gräbner über den Papierplan, der Marktrodach zeigt. Er spricht über die Ortsumgehung, die bei Zeyern entstehen soll. Über ein Gesundheitszentrum, fast volle Industriegebiete und potenzielles Bauland. Gräbner sieht Marktrodach langfristig auf Expansionskurs. Die "Talsohle", glaubt er, ist durchschritten.
Auf den ersten Blick sieht die Bevölkerungsentwicklung in der Marktgemeinde nicht rosig aus: Im laufenden Jahr stehen 16 Geburten 44 Sterbefälle gegenüber. "Das hängt damit zusammen, dass wir ein großes Altenheim haben", relativiert Gräbner. Trotzdem: In den vergangenen zehn Jahren schrumpfte die Einwohnerzahl von 4212 auf 3747. Das ist ein Einbruch von rund elf Prozent. Die Gruppe der bis 18-Jährigen wuchs leicht auf 558 (2004: 499), die Zahl der ab 65-Jährigen verringerte sich stark auf 851 (2004: 1190, alle Zahlen Stand 8.
Dezember).
Jammern auf hohem Niveau Doch eine Zahl stimmt den Bürgermeister hoffnungsvoll: Seit 2013 ist ein Bürger dazugekommen. Daran knüpft Gräbner seine These, dass die Talsohle durchschritten sei.
"Wir haben Jahrzehnte gelitten unter dem Niedergang der Firma Dreefs in den 90er Jahren", sagt Gräbner. Von 800 Arbeitsplätzen in Unterrodach - viele davon für hoch qualifiziertes Personal - sind heute noch 40 oder 50 vorhanden, schätzt er. Statt einer großen Firma sind heute mehrere mittelständische Betriebe sowie eine große Rewe-Filiale und das einzige Mc-Donalds-Restaurant im Landkreis Kronach die wichtigsten Arbeitgeber.
Zwischen 600 000 und 700 000 Euro beträgt die durchschnittliche jährliche Gewerbesteuer für Marktrodach. In den 80er Jahren waren es mal Millionenbeträge.
"Aber wenn wir jammern, dann auf hohem Niveau", meint Norbert Gräbner.
"Revitalisierung" schreitet voran Die Geschicke der Marktgemeinde sind immer verwoben mit denen der Kreisstadt Kronach ("wir profitieren davon, sind aber gleichzeitig autark"). Doch die Marktgemeinde nimmt auch selbst das Heft in die Hand, etwa wenn es darum geht, Neubürger zu akquirieren - und damit einer schrumpfenden Bevölkerung entgegenzuwirken. "Aktive Baulandpolitik" nennt sich das. Gräbner erläutert es am Beispiel des Neubaugebiets "Bühl 4" in Oberrodach.
"Wir kaufen ein geeignetes Großgrundstück, erschließen und parzellieren es und verkaufen die Klein-Grundstücke weiter." Auf seinen Papierplan sind 15 Quadrate gedruckt. In die meisten sind schon Namen von Käufern geschrieben.
Zusätzlich hat die Marktverwaltung eine Börse eingerichtet, um zwischen Immobilieneignern und Kauf- oder Mietinteressenten zu vermitteln. Die Folge: "Wir haben praktisch keinen Leerstand", meint Gräbner. Auch wenn die Objekte längst nicht mehr alle den modernen Wohnansprüchen genügen würden.
Kurz vor dem Abschluss steht das Modellprojekt der Staatsregierung - "Revitalisierung von Einfamilienhausgebieten" - , an dem Marktrodach als eine von drei Kommunen in Bayern teilnimmt. Im Rahmen des Projekts werden für die Gebiete "Am Steig" und "Schlot" Konzepte erarbeitet, um das Wohngebiet für Familien und ältere Bewohner attraktiv und zukunftsfähig zu halten (der
FT berichtete).
Bauamtsleiter Gerhard Wich-Heiter sieht das Projekt als "riesen Chance" für Marktrodach.
Es könne den Anstoß geben, "neu über die Struktur des Gebiets nachzudenken". Einzelheiten der mittlerweile abgeschlossenen Untersuchung möchte er noch nicht preisgeben. Die werden Ende Januar vorgestellt. In näherer Zukunft sollen zudem Angebote für das geforderte Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) eingeholt werden, so Gräbner. Das Konzept ist oft die Basis für Förderungen zur baulichen und infrastrukturellen Entwicklung von Kommunen.
Für die Hauptstraße in Unterrodach sei das dringend nötig, meint Petra Wich-Knoten vom Arbeitskreis "Familienfreudiges Marktrodach". Sie sieht die Gefahr, dass die Marktgemeinde ohne eine attraktive Ortsmitte "ihren Charakter verliert" und in Zukunft zu einer "Schlafstadt" verkommen könnte. Schon jetzt gebe es viele Marktrodacher, die fast nur zum Übernachten im Ort seien. Berufsleben und Freizeit verbrächten sie außerhalb.
Insbesondere um jüngere Familien in die Marktgemeinde zu locken, müsse Marktrodach attraktiv bleiben und noch attraktiver werden.
Petra Wich-Knoten ist eine der Initiatorinnen des laufenden Projekts "Zukunft Mitte" zur Belebung der Hauptstraße in Unterrodach (der
FT berichtete). Das Projekt soll die Ortsmitte in die Diskussion bringen, Förderer motivieren und neue Nutzungsideen anregen.
Schulden massiv reduziert Auch wenn noch nicht alles rund läuft: Stolz ist Gräbner auf die Haushaltskonsoldidierung der Marktgemeinde in den vergangenen fünf Jahren: Von fast zehn auf unter sechs Millionen Euro Miese. "Einmalige Investitionen der Vergangenheit machen sich da bemerkbar", sagt er und meint vor allem den Neubau der Grundschule Rodachtal sowie die Zusammenlegung der Feuerwehren im zentralen Gerätehaus.
Zur Schülerbeförderung wurde zuvor ein Bus bereitgehalten - das kostete eine fünfstellige Summe im Jahr. Und wenn die Wehren heute neue Fahrzeuge brauchen, dann wird ein gutes statt mehrerer günstiger angeschafft. Laufende Kosten konnten an vielen Stellen reduziert werden.
Als Projekte für die nahe Zukunft sieht der Bürgermeister das - umstrittene - Gesundheitszentrum ("wir sind mit Investoren im Gespräch") und die flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet in Marktrodach. Sehnsüchtig erwartet er die Ortsumgehung Zeyern (der
FT berichtete). Das immer noch umkämpfte Projekt könne die Transportwege für Firmen im Gewerbegebiet "Im Gries" verbessern und die Möglichkeit eröffnen, neues Bauland zu erschließen.