"Wagners Hotel" in Steinwiesen scheint Ketten des "Aparthotels" abgestreift zu haben

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Tourist-Information und "Wagners Hotel" in Steinwiesen ziehen eine Zwischenbilanz. Foto: Marco Meißner
Tourist-Information und "Wagners Hotel" in Steinwiesen ziehen eine Zwischenbilanz. Foto: Marco Meißner

Der Niedergang des "Aparthotels" ist in Steinwiesen offenbar verdaut. Die neue Pächterfamilie sorgt für frischen Wind in den Räumen und weist auf spürbar steigende Übernachtungszahlen hin.

Mit dem "Aparthotel" stand das Flaggschiff des Tourismus' im Oberen Rodachtal im Jahr 2017 vor dem Aus. Die Übernachtungszahlen brachen ein, Investitionen fehlten und die Insolvenz zerstörte die letzten Hoffnungen auf den Fortbestand. Ein Jahr später ist das Traditionshaus Geschichte. Doch es geht weiter. An gleicher Stelle. "Wagners Hotel" übernahm nahtlos den Staffelstab. Allem Anschein nach ist die Wende geschafft.

Sie sind in der Region endgültig angekommen - die Wagners und ihr Hotel. "Wir sind inzwischen hergezogen, unser Sohn wurde jetzt eingeschult. Wir sind quasi Steinwiesener Staatsbürger", sagt Hotelpächter Christoph Wagner mit einem Schmunzeln. Seiner Frau Caroline, die sich sehr in die Ausgestaltung des Hotels einbringt, und ihm war es wichtig, das Projekt nicht dauerhaft aus der Ferne zu betreuen. Der Wandel vom abgelebten "Aparthotel" hin zum aufgepeppten "Wagners" ist schließlich ein Kraftakt.

"Es hat sich schon einiges getan", erklärt der Hotelbetreiber bei einem Rundgang, der zeigt, wo die Reise hingegen soll. Eine moderne aber zugleich dezente Einrichtung, ein großer Fernseher, Glastüren, ein Wellnessbereich - die kuschelige Suite lassen erkennen, dass das Ehepaar Wagner eine klare Vorstellung davon hat, was der Kunde in der heutigen Zeit erwartet. Um dahin zu gelangen, braucht es aber Zeit. Zuvor war das Aparthotel seiner Meinung nach in eine Negativspirale geraten. Es gab einen Wartungsstau, die niedrigen Preise ließen jedoch keine Investitionen zu, so blieben noch mehr Gäste aus, was zu weiteren Preissenkungen und noch weniger Einnahmen führte.

Jetzt soll der Betrieb endlich wieder so aufgestellt werden, dass er kein Draufzahl-Geschäft ist. "Wir sind hier an keinem touristischen Hotspot und in einem abgewohnten Haus. Das sind schon Herausforderungen", erklärt Wagner. "Aber ich glaube, die haben wir gut gelöst." Konkurrenzfähig und zukunftsträchtig soll das Hotel am Ende des Weges sein. Doch ein so großes Gebäude auf Vordermann zu bringen, kostet nicht nur Geld, sondern auch Zeit. "Die Hälfte der Zimmer war nicht bewohnbar. Da schnippst man ja nicht einfach so, und es passt", schildert Wagner seinen Start in Steinwiesen.

Deshalb hat der Hotelier auch eine absehbare Schlappe im ersten Winter in Kauf genommen. Inzwischen befinde sich das Hotel jedoch in einer Etablierungsphase mit deutlich steigenden Gästezahlen.

Die Besucher zeigten ein großes Verständnis dafür, dass sie im Gebäude an einigen Stellen auf Bauarbeiter oder Überbleibsel der Aparthotel-Ära treffen. Sie freuten sich, dass sich endlich was tut.

Neue Wege eingeschlagen

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Wagner knüpfte neue Netzwerke, nahm Veränderungen bei der Vermarktung vor und suchte das Miteinander mit der Gemeinde und den Menschen in Steinwiesen. Der Erfolg ist inzwischen da. "Wir haben bei den Übernachtungen eine Steigerung um 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr", erklärt der Pächter. Gegenüber der schlimmsten Zeit des Aparthotels geht er sogar von einer Verdopplung aus. Fürs dritte Jahr schwebt ihm bereits eine Auslastung von 70 Prozent im 188-Betten-Betrieb vor. "Für ein so großes Haus wäre das schon gut", betont er.

Schritt für Schritt das Hotel herauszuputzen, ist für ihn auf diesem Weg allerdings nur ein notwendiger Schritt. Ein weiterer wäre es, "das Potenzial dieser Region an den richtigen Stellen in die Welt zu posaunen, denn es ist garantiert da". Bisher werde der Frankenwald unterschätzt. In 200 oder 300 Kilometern Entfernung nähmen ihn viele Leute nicht als Urlaubsregion wahr. Das müsse sich ändern. "Wir haben mit so einem Haus auch ein Stückchen Macht, daran was zu drehen. Aber alleine geht das nicht", ruft er zu einem Schulterschluss aller Beteiligten auf.

Personal blüht auf

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Die weitere Entwicklung von "Wagners Hotel" hängt laut Pächter Christoph Wagner ganz stark vom Engagement des Personals ab. Und das scheint neue Motivation getankt zu haben. "Ich hab das Alte mit zugemacht, und das Neue mit aufgemacht", erzählt Empfangschefin Katrin Gareis, die seit 2015 im Steinwiesener Hotel arbeitet. Die jetzige Situation ist für sie ein Ansporn. "Wie oft kann man so etwas schon erleben?", fragt sie. "Hier kann man als Mitarbeiter miterleben, mitwirken, mitentwickeln und etwas mit aufbauen. Sonst kommt man in ein Hotel ja quasi ins gemachte Nest."

Auch Küchenchef Jörg Sonnenschein (seit 2012 im Haus) freut sich über einen "großen Sprung". Alles werde jetzt attraktiver - für die Gäste ebenso wie für die Mitarbeiter. "Die Arbeit macht mehr Spaß, und die Gäste sind zufrieden."

Tourismusangebot im Oberen Rodachtal wird ausgebaut

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Der Tourismus im Oberen Rodachtal ist nicht erst seit dem Aus für das "Aparthotel" und der aktuell laufenden Diskussion um ein Feriendorf bei Nurn ein Thema. Soll und kann die Region auf touristischer Ebene zulegen? Wandern, Mountainbiking oder Flößen, die Freizeitmöglichkeiten werden ins Schaufenster gestellt und sollen Gäste locken. Wie verfolgen die Fachleute vom Tourismusverband Oberes Rodachtal die jüngsten Entwicklungen.

"Wir haben den Eindruck, dass die Situation gut ist", erklärt Sandra Heinz. Ihre Kollegin Katrin Franz erkennt gar eine Tendenz: "Sie ist besser als letztes Jahr." Handfeste Zahlen gibt es zwar noch nicht, aber viele Gespräche und Eindrücke, die ein recht konkretes Bild zeichnen.

"Wenn man spontan ein Zimmer will, ist meistens alles voll", sagt Heinz. Die Region bräuchte daher ihrer Meinung nach mehr und vor allem qualitativ hochwertige Unterkünfte.

Wäre da das umstrittene Feriendorf-Vorhaben eine Lösung? Franz stellt fest: "Es gibt zu dieser Idee Pro und Kontra. Wenn man's rein aus touristischer Sicht betrachtet, wär's aber toll." Es wäre ein neues Angebot, dass auch eine neue Zielgruppe ansprechen würde. Und klar sei auch, ergänzt Heinz, "wenn wir Tourismus haben wollen, brauchen wir mehr Unterkünfte. Wo der Tourismus eine Rolle spielt, hat man mehr als nur ein Haus".

Herber Rückschlag

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Die Abhängigkeit vom "Aparthotel" bekam der Obere Frankenwald bereits zu spüren. Bis vergangenes Jahr sei die Gesamtzahl der Übernachtungen rückläufig gewesen, bilanziert Franz. Dabei hätten die kleineren Unterkünfte sogar leicht positiv abgeschnitten. Allerdings habe der Niedergang des großen Hotels mächtig ins Kontor geschlagen.

Deshalb sehen die beiden Tourismus-Expertinnen den Neustart als "Wagners Hotel" sehr positiv. Sie haben den Eindruck, dass die Gäste dort gerne eine Umbauphase in Kauf nehmen, wenn das Hotel dadurch wieder attraktiver wird.

Positiv stellt sich ihrem Eindruck nach auch die Vermarktung der Wanderregion dar. Lediglich der Mangel an (geöffneten) Einkehrmöglichkeiten auf manchen Strecken beziehungsweise zu manchen Zeiten werde hin und wieder moniert. Die Mitarbeiterinnen des Tourismusverbands weisen weiter darauf hin, dass sie gerne als Ansprechpartner für die örtlichen Tourismusbetriebe zur Verfügung stehen, zum Beispiel, wenn es ums Online-Marketing geht. Hier sehen die beiden Frauen stellenweise noch Nachholbedarf. Franz betont: "Man sieht, wer investiert und Werbung gemacht hat, bei dem ist das Feedback heute positiv."

Neue Angebote

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Und wohin soll der Weg des Tourismus' im Oberen Rodachtal in naher Zukunft führen? "Das Walderlebnis ist gut angekommen", unterstreicht Sandra Heinz. Dieses Angebot soll weiter ausgebaut werden. Zu den Kräuterführungen soll beispielsweise ein Open-Cooking-Angebot kommen, bei dem in der Natur Zutaten gesammelt werden. Weiter sollen in Zusammenarbeit mit den Bayerischen Staatsforsten waldpädagogische Angebote etabliert werden.