Umfrage: "Oxi" kann jetzt jeder Kronacher übersetzen

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Bis das Essen beim Griechen serviert wird, kann mithilfe der Serviette griechisch gelernt werden. Foto: Lea Schreiber
Bis das Essen beim Griechen serviert wird, kann mithilfe der Serviette griechisch gelernt werden. Foto: Lea Schreiber

Wie wirkt sich das, was in der europäischen Finanzpolitik rund um Griechenland passiert, auf Kronach aus? Was sagen fränkische Griechen zum Referendum? Werden geplante Reisen kurzfristig storniert? Wir haben bei einem Reisebüro und in einem Restaurant nachgefragt.

Sprachunterricht mit Servietten, wer kennt es nicht, der schon einmal beim Griechen saß. Doch selbst wer noch nie griechisch essen war: Seit vergangenem Sonntag gibt es wohl kaum jemanden, der nicht weiß, dass "oxi" übersetzt "nein" heißt. Vor einer Woche haben die Griechen nämlich in einem Referendum ein "Nein" zu den Sparforderungen abgegeben.

Aber nicht nur die Hellenen haben eine Meinung zu der aktuellen europäischen Finanzpolitik: "Ich komme aus Kronach und kann dennoch verraten, was ich über das griechische Referendum am vergangenen Sonntag denke." Dies schreibt zum Beispiel ein Leser auf Facebook. Er findet, "es ist ein klarer Erfolg für die Regierung um Alexis Tsipras, dass Griechenland den Sparkurs der Geldgeber ablehnt. Jetzt möchte ich als deutscher Bürger auch ein Referendum über die weiteren Hilfen für Griechenland. Gleiches Recht für alle EU-Bürger."


Sorge um die Daheimgebliebenen

In Griechenland geboren ist Mideia Kalaitzidi. Seit Jahren lebt sie in Kronach, ihre Kinder sind hier geboren und haben einen deutschen Pass. Die Inhaberin eines griechischen Lokals in der Oberen Stadt ist hier, in Franken, zu Hause. Doch, was in diesen Wochen in ihrem Heimatland passiert, nimmt sie mit.

"Die älteren Leute leiden", klagt Mideia Kalaitzidi. Sie haben Angst. Ein Gefühl, das auch sie plagt, wenn sie an ihre Eltern mit den kleinen Renten und an ihre anderen Familienangehörigen denkt. Fast täglich telefoniert sie mit ihrer Verwandtschaft. Dass die Griechen beim Referendum mit "Nein" stimmen, damit hat sie eigentlich schon fast gerechnet.

Bei einer kleinen Umfrage im Internet zeigen auch Kronacher Bürger Verständnis mit der Abstimmung: "Ich denke, Respekt vor diesem Volk. Die sagen klar, sie wollen keinen Sparkurs. Nicht wie die Deutschen, die schlucken doch alles." In einem nächsten Kommentar steht: "Das Geld muss zu den Menschen, um die Wirtschaft wieder hoch zu kriegen."

So denkt auch die gebürtige Griechin: "Die Leute haben keine Schuld." Wie es in den nächsten Tagen weitergehen soll, weiß Mideia Kalaitzidi nicht genau: "Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll ..."


Reisen nach Griechenland

Sorgen geplagt sind auch einige Kronacher, die in ein paar Tagen oder Wochen ihren Sommerurlaub am Mittelmeer antreten wollen. Seit Mitte der Woche erlebt Reisebüro-Inhaberin Nicole Deinl, dass Kunden ihre Reise gerne umbuchen oder sogar stornieren wollen. Doch - auch wenn keiner weiß, was in den nächsten Tagen passiert - aktuell gilt Griechenland noch als sicheres Reiseland, "das Auswärtige Amt warnt noch nicht", weiß auch Deinl. Auf der Internetseite des Amtes steht: "Für von ausländischen Geldinstituten ausgegebene Bankkarten gelten nach Angaben der griechischen Behörden vorerst keine besonderen Beschränkungen im Hinblick auf die Höhe von Geldabhebungen."

Doch, auch wenn deutsche Reisende eine beliebig hohe Summe laut Amt abheben können, eine Garantie dafür, dass es nicht doch vor Ort zu Engpässen und Wartezeiten an den Automaten kommen könnte, kann keiner geben.


Die Preise werden fallen

"Wenn ich morgen oder übermorgen fliegen würde, könnte ich das guten Gewissens tun", sagt Nicole Deinl. Sie versteht aber natürlich auch, dass einige Kunden, die "Griechenland gebucht haben, beunruhigt sind". Wer erst in vier bis sechs Wochen seine Koffer packt, könne wohl nichts anderes tun, als abzuwarten, wie sich die europäische Finanzpolitik entwickelt. Noch seien die Veranstalter nicht dazu bereit, Reisekosten bei Stornierung zu erstatten.

Denn: "Noch sind sie in der EU", erklärt Nicole Deinl. Wenn das so bleibt, rechnet die Expertin auch nicht damit, dass die Preise für Griechenland-Reisen fallen werden.


Die beliebten Inseln

Warum auch, schließlich sind ihr im Kronacher Reisebüro noch keine Klagen zu Ohren gekommen: Alle, die bis jetzt in Griechenland waren - im Mai, Juni - haben "positive Erfahrungen" mitgebracht, ermutigt Deinl. Gerade auf den beliebten Inseln Kreta oder Rhodos sei "gar nix zu spüren" gewesen. Julia Schedel aus Neuses will "die Sache ganz tiefenentspannt" angehen. Weiter schreibt sie im Sozialen Netzwerk: "Die Griechen müssen schließlich auch überleben können. Und ein voller Ersatzkanister Benzin im Kofferraum kann nicht schaden ..." Vertraut man der aktuellsten Pressemeldung des Ministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Schifffahrt und Tourismus der Hellenischen Republik sei aber auch genügend Treibstoff im Lande - sowie Lebensmittel auch. "Alle anders lautenden Meldungen entsprechen nicht den Tatsachen."

Wie sich die Meldungen in den nächsten Tagen entwickeln, muss man wohl - ob in Griechenland oder von Kronach aus - abwarten. Mideia Kalaitzidi hofft, "dass alles gut wird". Was "gut" ist, wird sich zeigen ...